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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Mister?
    Sätze, die man immer in Büchern liest:
    Ich fragte mich, was er wohl meinte.
    Tief in seinem Herzen wußte er, daß etwas nicht stimmte.
    Am meisten liebte sie es, wie sich seine Haare aufrichteten,
wenn er aufgewühlt oder erregt war.
    Nichts ergab mehr einen Sinn.
    Ich saß also da, in einer Krise, in einem Roman, in einerKüche, raufte mir die Haare und starrte mit leblosen Augen auf den lieblosen Zettel. Keine Action möglich, nur innere Einkehr.
    Diesmal mein ich’s ernst.
    Die Ironie war, daß ich vorgehabt hatte, Jane genau an diesem Morgen in alles einzuweihen. Na ja, nicht in
alles
. Ihre kleine Pille wollte ich wieder unter den Tisch fallen lassen. Ich wollte die Sache als Experiment ausgeben, das Leo und ich gewissermaßen
in vitro
durchführen würden. Eine Erforschung der Zeit und der historischen Alternativen. Ein Projekt, das spaßeshalber stattfand und doch der Wissenschaft diente. Das hätte meinen ungewöhnlichen Tagesrhythmus erklärt, meine Zerstreutheit, meine Anflüge kaum zu unterdrückender Erregung und meine Absencen, ohne daß es gefährlich oder leichtsinnig geklungen hätte.
    Komischerweise hatte mich Jane in der vergangenen Woche kein einziges Mal gefragt, wo ich mich eigentlich die ganze Zeit herumtrieb. Nie hatte sie mit verschränkten Armen an der Küchentür gelehnt und in ihrer »Was glaubst du eigentlich, wie spät es ist?«-Manier mit dem Fuß im Pantoffel auf den Boden getippt. Weder hatte sie mich mit einem furchterregenden »Nun?« in Grund und Boden gestarrt noch die Nasenlöcher gebläht oder so getan, als wäre ich Luft für sie, und unbeschwert vor sich hin gesummt, wie man das manchmal macht, um seinen Partner auf die Palme zu bringen.
    Nichts. Nur leise seufzende Gleichgültigkeit und traurige Entfremdung.
    Und jetzt war sie fort. Für immer. Oder schlimmer.
    Vielleicht macht das Schicksal mein Schiff gefechtsklar, dachte ich. Kappt in meinem jetzigen Leben die Ankertaue, damit ich in dem neuen Leben, das Leo und ich bald erschaffen werden, in See stechen kann.
    Es war natürlich heller Wahnsinn. Das war mir klar. Es konnte eigentlich nur schiefgehen. Man kann die Vergangenheit nicht verändern. Man kann die Gegenwart nicht generalüberholen.Mensch, und die Zukunft erst recht nicht. Hitler war geboren worden, das ließ sich nicht rückgängig machen. Völlig verrückt. Aber mein Wissen wurde auf eine herrliche Probe gestellt. Ich wußte mehr als jeder andere über Passau, Braunau, Linz und Spital sowie die ganzen öden Einzelheiten aus Klein Adolfs erbärmlicher Kindheit, und jetzt wurde dieses Wissen mehr als je ein anderes auf die Probe gestellt. Nicht nur ist jede Epoche unmittelbar zu Gott, wie Ranke sagte, sondern der Historiker
wird
Gott. Ich weiß soviel über Sie, Mr. Hitler in spe, daß ich Ihre Geburt verhindern kann. Da hilft Ihnen keine Propaganda, da helfen keine Protzuniformen, Fackelzüge, todspeienden Panzer und Mordöfen, und wenn Sie noch so große Töne spucken. Trotz alledem sind Sie auf Biegen oder Brechen einem Doktoranden ausgeliefert, der Ihre Kindheit und Jugend gepaukt hat, bis sie ihm zu den Ohren rauskamen. Dumm gelaufen, Bürschchen.
    Im Gegensatz zu mir hatte Leo bei der Angelegenheit eine Mission zu erfüllen. Aber erst zwei Tage nachdem mich Jane verlassen hatte, kam die ganze Wahrheit schockartig ans Licht.
    Ich hatte Jane natürlich gesucht. War zum zweitenmal in ihr Labor marschiert, um sie wieder zu versöhnen. Ich würde Jane mit meinen Kaspereien bezirzen, sie würde mich tätscheln und verhätscheln, und alles wäre gebongt. Fast alles.
    Der Rotschopf Donald war da. Sein aberwitziger Adamsapfel hüpfte im bleichen Hals auf und ab, als er seine Betretenheit zu verbergen suchte.
    »Jane ist … ähm … wie soll ich sagen … abgefahren.«
    »Der Zug ist abgefahren, ich höre abgefahrene Musik, und manchmal nehme ich die Abfahrt nach London. Also was meinst du?«
    »Princeton. Ein Forschungsstipendium. Hat sie dir denn nichts davon erzählt?«
    »Princeton?«
    »New Jersey.«
    Toll. Na großartig.
    »Ohne Telefonnummer, nehm ich an.«
    Donald zuckte ein paarmal die hageren Schultern.
    Ich sah ihn abfällig an. »Was wird das, wenn’s fertig ist? Ihre Vorwahl in Zeichensprache?«
    Er rückte mit dem Daumen seine Brille zurecht. »Sie hat mich ausdrücklich darum gebeten …«
    Ich ging auf ihn los. Er bekam vor Schreck Stielaugen und hielt sich einen Arm vors Gesicht. Aber die Sorte kenn ich. Ich laß mich doch nicht für

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