Geschichten aus dem Ringwelt-Universum
weiter kam er mit einem Ruck zum Stehen. Der Marsbewohner stieg aus und ging zurück. Er kniete neben den drei O-Tanks nieder, die mit der entliehenen Nylonschnur unter dem Buggy befestigt gewesen waren und öffnete, einen nach dem anderen, ihre Hähne. Er sprang hastig und voller Entsetzen zurück, als das giftige Gas zischend entwich.
Einige Minuten später rollte der Buggy südwärts. Die O-Tanks zischten noch eine Weile, dann war alles still.
Der total verpflanzte Mensch
Im Jahre 1900 nach Christi Geburt klassifizierte Karl Landsteiner das menschliche Blut nach vier Grundtypen: A, B, AB und o. Er unterschied sie nach Merkmalen der Unverträglichkeit. Zum erstenmal in der Geschichte wurde es damals möglich, einem Patienten, der einen Schock erlitten hatte, eine Blutübertragung zu geben, ohne daß ihn das umbrachte.
Die Bewegung zur Abschaffung der Todesstrafe war eben erst ins Leben gerufen worden. Sie war zum Scheitern verurteilt, ehe sie richtig in Schwung kam.
Vh83uOAGn7 war seine Telefonnummer, die Nummer seines Führerscheins, seine Sozialversicherungsnummer, seine militärische Kennziffer und die Kennummer seiner Gesundheitsakte. Zwei von diesen Dokumenten waren bereits für ungültig erklärt. Der Rest spielte auch keine Rolle mehr, abgesehen von seiner Gesundheitsakte. Sein Name lautete Warren Lewis Knowles. Er war zum Sterben verurteilt.
Zwar sollte der Prozeß erst morgen stattfinden; doch das Urteil stand trotzdem fest. Lew war schuldig. Wenn jemand daran zweifelte, so besaß die Anklage doch hieb- und stichfeste Beweise. Morgen nachmittag um sechs Uhr würde Lew zum Tode verurteilt. Broxton würde das Urteil aus irgendeinem Grund anfechten. Doch man würde seinen Antrag verwerfen.
Die Zelle war klein, gepolstert und eigentlich recht gemütlich. Die Polsterung hatte nichts mit der geistigen Verfassung des Gefangenen zu tun. Unzurechnungsfähigkeit war keine Entschuldigung mehr für einen Gesetzesbrecher. Drei der Wände bestanden nur aus Gitterstäben. Die vierte Wand – die Außenwand – war mit Zement verkleidet und in einem wohltuenden Grün gestrichen. Die Stäbe, die ihn vom Korridor, von einem nörglerischen alten Mann links und einem finster vor sich hin starrenden Teenager rechts trennten, waren vier Zoll dick und standen acht Zoll auseinander. Die Stäbe waren mit Silikonplastik überzogen. Zum viertenmal schon versuchte Lew, die Plastikpolsterung von den Stäben zu reißen. Das Zeug fühlte sich an wie Schaumgummikissen, ließ sich aber nicht abreißen. Als er es wieder losließ, schnellte es in seine alte Lage zurück und bildete eine perfekte Rundung.
»Das ist nicht fair«, murmelte er.
Der Teenager reagierte nicht. Zehn Stunden befand sich Lew jetzt schon in dieser Zelle, doch der Junge hatte sich nicht vom Fleck gerührt. Er saß auf dem Rand seiner Koje. Sein langes schwarzes Haar hing ihm in die Augen, während der Schatten der späten Nachmittagssonne seine Gestalt immer mehr verdunkelte. Er bewegte seine langen, behaarten Arme nur, wenn es etwas zu essen gab. Doch sein Rumpf verharrte immer an der gleichen Stelle.
Der alte Mann blickte hoch, als Lew sich beklagte. Er fragte mit bitterem Sarkasmus: »Hat man dich hereingelegt?«
»Nein, ich…«
»Du bist wenigstens ehrlich. Was liegt denn gegen dich vor?«
Lew berichtete. Er konnte den Ton verletzter Unschuld nicht ganz unterdrücken. Der alte Mann lächelte spöttisch und nickte, als habe er nichts anderes erwartet. »Dummheit. Dummheit war schon immer ein Kapitalverbrechen. Wenn du dir schon eine Todesstrafe einhandeln wolltest, warum dann nicht für ein deftiges Ding? Siehst du den Jungen auf der anderen Seite?«
»Ja«, murmelte Lew geistesabwesend.
»Er ist ein Organ-Schwarzhändler.«
Lew spürte, wie der Schock sein Gesicht einfror. Er nahm seinen ganzen Mut zusammen und blickte in die Nachbarzelle hinüber. Jeder Nerv in seinem Körper zuckte. Der Junge blickte ihn an. Mit seinen stumpfen dunklen Augen unter den Haarsträhnen betrachtete er Lew wie ein Metzger ein Stück Rindfleisch.
Lew wich zu den Stäben zurück, die ihn von der Zelle des alten Mannes trennten. »Wie viele hat er getötet?« fragte er, heiser flüsternd.
»Niemand.«
»Wieso?«
»Er war als Fänger tätig. Er ging durch die Straßen, bis er auf einen Passanten traf, der allein unterwegs war. Dann mußte er den Passanten betäuben und zu dem Doktor bringen, der den Schwarzhandels-Ring leitete. Der Arzt besorgte das
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