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Geschichten aus dem Ringwelt-Universum

Geschichten aus dem Ringwelt-Universum

Titel: Geschichten aus dem Ringwelt-Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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Töten. Wenn Bernie einen toten Organspender angeschleppt hätte, hätte der Arzt ihm die Haut abgezogen.«
    Der alte Mann saß nun mit dem Rücken zu Lew in seiner Zelle. Er hatte sich ein wenig zur Seite gedreht, um mit Lew reden zu können. Doch jetzt verlor er offenbar jedes Interesse an der Unterhaltung. Seine Hände bewegten sich ruhelos.
    »Wie viele hat er eingefangen?«
    »Vier. Dann wurde er gefaßt. Bernie ist nicht besonders intelligent.«
    »Und was haben Sie verbrochen?« fragte Lew.
    Der Alte antwortete nicht. Er wendete Lew wieder den Rücken zu, und seine Schultern zuckten, während seine Hände rastlos arbeiteten. Lew hob die Schultern und warf sich dann auf seine Koje. Es war sieben Uhr an einem Dienstagabend.
    Der Ring hatte aus drei Fängern bestanden. Bernie wartete noch auf seinen Prozeß. Der zweite Fänger war tot – er hatte sich von einem Pedwalk gestürzt, als er die Gnadenkugel in seinen Arm einschlagen spürte. Der dritte Fänger wurde gerade auf einer fahrbaren Trage in das Krankenhaus gebracht, das an das Gerichtsgebäude angrenzte. Offiziell lebte er noch. Er war verurteilt worden, und seine Berufung war verworfen. Doch er lebte noch, während sie ihn betäubt in den Operationssaal schoben.
    Die Ärzte hoben ihn von der Trage und schoben ihm einen Schlauch in den Mund, damit er atmen konnte, wenn man ihn in das Gefrierbad legte.
    Sie hoben ihn so sachte hinein, daß es keinen Spritzer gab, und während seine Körpertemperatur stetig sank, träufelten sie ihm etwas in die Venen. Ungefähr einen halben Liter Flüssigkeit. Seine Temperatur erreichte fast den Nullpunkt, und die Herzschläge wurden immer langsamer. Schließlich blieb das Herz ganz stehen. Aber man konnte es immer noch zum Schlagen bringen, und man hatte schon Verurteilte nach diesem Zeitpunkt begnadigt. Offiziell war der Organ-Schwarzhändler immer noch am Leben.
    Der eigentliche Arzt war eine Reihe von Maschinen, die mit einem Fließband verbunden waren. Sobald die Körpertemperatur des Organ-Schwarzhändlers unter einen Punkt absank, setzte sich das Fließband in Bewegung. Die erste Maschine führte eine Reihe von Schnitten auf seiner Brust durch. Mechanisch geschickt, um nicht zu sagen perfekt, führte der »Doktor« eine Cardiectomie durch. Das heißt, er entfernte das Herz.
    Das Herz kam sofort in einen Lagertank. Dann kam die Haut des Verurteilten, der jetzt offiziell tot war, an die Reihe. Die Haut wurde möglichst in einem Stück entfernt und lebte natürlich noch. Der Arzt nahm den Verurteilten so vorsichtig und umsichtig auseinander, als zerlegte er ein unendlich zerbrechliches, unendlich kompliziertes Puzzle. Das Gehirn wurde elektrisch verbrannt, und die Asche für die Urnenbestattung aufgehoben. Doch der Rest des Körpers, in größeren und kleineren Portionen und pergamentdünnen Schichten und verästelten Röhren kam in die Lagerhalle der Organbank. Jeder dieser gelagerten Organteile konnte bei Anforderung in kürzester Zeit reisesicher verpackt und innerhalb einer Stunde in die entlegensten Teile der Welt gebracht werden. Wenn die Leute zur richtigen Zeit mit der richtigen Krankheit ans Bett gefesselt wurden, konnte der Organ-Fänger mehr Menschenleben retten, als er vernichtet hatte.
    Und das war der springende Punkt der Gerechtigkeit.
     
     
    Lew lag auf dem Rücken und starrte hinauf zum Fernsehgerät an der Decke. Plötzlich schrak er zusammen. Er hatte sich nicht die Tonübertragung ins Ohr gesteckt, und die Bewegungen der Cartoon-Figuren waren schrecklich anzusehen, wenn sie sich in absoluter Lautlosigkeit vollzogen. Er stellte das Gerät ab. Aber das half ihm auch nichts.
    Stück für Stück würden sie ihn ausweiden und in Tanks lagern. Er hatte zwar noch nie eine Organbank von innen gesehen. Aber sein Onkel war Fleischer…
    »He!« schrie er.
    Die Augen des Jungen bewegten sich. Der Alte drehte sich nur und blickte ihn über die Schulter an. Der Wächter am Ende des Korridors hob nur kurz den Kopf und las dann weiter.
    Die Angst flatterte in Lews Magen, pochte in seinem Hals. »Wie könnt ihr das nur aushalten?« fragte er.
    Der Blick des Jungen senkte sich wieder auf den Boden. »Was aushalten?« fragte der alte Mann.
    »Wißt ihr denn nicht, was sie mit uns anstellen werden?«
    »Nicht mit mir«, sagte der Alte. »Ich lasse mich nicht auseinandernehmen wie ein Mastschwein.«
    Sofort stand Lew an der Trennwand. »Wieso nicht?«
    Die Stimme des Alten sank zu einem Flüstern herab. »Weil ich

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