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Geschichten aus dem Ringwelt-Universum

Geschichten aus dem Ringwelt-Universum

Titel: Geschichten aus dem Ringwelt-Universum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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eine Bombe dort trage, wo ich früher meinen rechten Oberschenkelknochen hatte. Ich werde mich selbst in die Luft sprengen. Was übrigbleibt, werden die kaum noch verwenden können.«
    Die Hoffnung, die der alte Mann in Lew wachgerufen hatte, sank wieder in sich zusammen. »Quatsch. Wie können Sie denn eine Bombe in Ihrem Bein unterbringen?«
    »Ganz einfach. Du nimmst den Knochen heraus, bohrst ihn der Länge nach auf, baust die Bombe in der Höhlung ein, entfernst alles organische Material, damit er nicht verrottet, und setzt den Knochen an der alten Stelle wieder ein. Selbstverständlich wird der Bestand an roten Blutkörperchen in deinem Körper danach etwas absinken. Doch das spielt jetzt keine Rolle. Ich wollte dich nur fragen, ob du dich beteiligen willst?«
    »Beteiligen?«
    »Presse dich ganz fest gegen die Stäbe. Die Bombe nimmt uns beide mit.«
    Lew wich sofort bis zur entgegengesetzten Gitterwand zurück.
    »Nun, du hast natürlich freie Wahl«, sagte der Alte. »Ich habe dir noch gar nicht verraten, weshalb ich hier in dieser Zelle sitze, nicht wahr? Ich war der Arzt. Bernie war von mir als Fänger eingestellt.«
    Lew wirbelte herum und blickte in die stumpfen Augen des Teenagers. Organ-Schwarzhändler! Er war von Berufsmördern umgeben!
    »Ich weiß, wie das Ganze vonstatten geht«, fuhr der Alte fort. »Mit mir machen sie so was nicht. Wenn du aber keinen sauberen, schnellen Tod haben willst, lege dich hinter deiner Pritsche auf die Erde. Sie ist dick genug, um dich zu schützen.«
    Die Koje war eine Matratze mit Federkern, der in einen Betonblock eingelassen war. Der Betonblock war ein fester Bestandteil des Bodens. Lew rollte sich hinter seiner Koje zusammen, die Hände hatte er schützend vor die Augen geschlagen.
    Eins wußte er sicher. Er wollte nicht sofort sterben.
    Nichts geschah.
    Nach einer Weile öffnete er die Augen, nahm die Hände vom Gesicht und spähte um die Ecke seiner Koje.
    Der Junge schaute ihn an. Zum erstenmal zeigte er eine Gemütsbewegung – ein saures Lächeln. Draußen im Korridor stand jetzt der Wächter bei den Stäben und blickte stirnrunzelnd auf ihn herunter.
    Lew spürte, wie ihm das Blut bis in die Ohren stieg. Der alte Mann hatte ihn zum Narren gehalten. Er machte Anstalten, sich zu erheben…
    Und ein gewaltiger Hammer fiel herunter auf die Welt.
    Der Wächter lag jetzt in einer grotesk angewinkelten Haltung vor den Stäben der gegenüberliegenden Zelle. Der Teenager mit den langen schwarzen Haaren rappelte sich hinter seiner Koje auf und schüttelte wie betäubt den Kopf. Irgendwie stöhnte jemand. Die Luft war erfüllt von Zementstaub.
    Lew stand auf. Blut lag wie eine rote Ölschicht auf allen Flächen, die der Explosionsstätte zugekehrt war. Von dem alten Mann war nichts mehr übriggeblieben.
    In der Wand gähnte ein Loch.
    Er mußte – genau dort – gestanden haben.
    Das Loch in der Wand war groß genug, daß Lew hindurchkriechen konnte. Falls er es erreichen konnte, dachte er. Doch die Bresche in der Mauer war in der Zelle nebenan. Die Silikonpolsterung der Stäbe war von dem Luftdruck weggerissen worden. Das Skelett der bleistiftdünnen Metallstreben war übriggeblieben.
    Lew versuchte sich hindurchzuzwängen.
    Die Drähte summten, vibrierten ohne Geräusche. Die Vibration machte Lew schläfrig. Er zwängte sich durch die Drähte und kämpfte gleichzeitig gegen die Betäubungs-Schallwellen, die seinen Willen ducken wollten. Die Stäbe gaben nicht nach; aber sein Körper. Und die Stäbe waren schlüpfrig von Blut… Er war durch. Dann steckte er den Kopf durch das Loch in der Mauer und blickte nach unten.
    Ein endloses Gefälle. Es machte ihn schwindlig, dort hinunterzusehen.
    Das Topeka-Bezirksgericht war ein kleiner Wolkenkratzer, und Lews Zelle mußte fast unter dem Dach liegen. Glatte Betonplatten verkleideten die Fassade, und die Fenster saßen ohne Sims und Sockel im Beton. Wie ausgestanzt. Er sah keinen Weg, wie er sie erreichen, geschweige öffnen konnte.
    Die Betäubungs-Strahlen saugten ihm die Willenskraft aus dem Körper. Er wäre bereits bewußtlos, überlegte er, wenn sein Kopf nicht außerhalb der Mauer im Freien schwebte. Er zwang sich dazu, ihn nach oben zu drehen.
    Er befand sich unmittelbar unter dem Dach. Der Rand des Daches befand sich nur ein paar Fuß über seinen Augen. Leider außerhalb seiner Reichweite. Doch wenn er aus dem Loch in der Wand kroch…
    Gewinnen oder verlieren – sie würden ihn nicht für die Organbank bekommen.

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