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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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irgendwie selber weiß, was sein Traum bedeutet?«
    »Das kann sein«, sagte Eliëser, »obwohl mir bisher noch kein solcher Fall bekannt geworden ist. Das würde ja die Traumdeuter überflüssig machen.«
    »Aber sein könnte es?«
    »Sein könnte es.«
    »Gut, halten wir das fest«, sagte Abram. »Diese Tiere, von denen ich geträumt habe, die ich im Traum in zwei Teile geschnitten habe, könnte es sein, daß jedes dieser Tiere eine Frau symbolisiert?«
    »Das sehe ich nun nicht unbedingt als zwingend an«, sagte Eliëser.
    »Aber kann es sein?«
    »Sein kann es.«
    »Also«, knüpfte Abram weiter, »wenn jetzt, angenommen, eine Frau, eine Herrin, eine Dienerin hat …«
    »… so wie Sarai die Hagar …«, ergänzte Eliëser.
    »Genau so, genau so!« rief Abram begeistert. »Also wenn das so ist, dann ist diese Dienerin doch das Eigentum ihrer Herrin, oder nicht?«
    »Genau so ist es«, sagte Eliëser.
    »Gut«, sagte Abram. »Aber das Eigentum … , ist das Eigentum nicht ein Stück des Besitzers? Sind, wenn man es genau nimmt, Eigentum und Besitzer nicht ein und dasselbe?«
    »Ich weiß nicht …«
    »In gewisser Weise wenigstens?«
    »Also, in gewisser Weise … in gewisser Weise schon, ja.«
    »Wunderbar! Wunderbar!« rief Abram aus. »Also, wenn ich jetzt, jetzt nur einmal angenommen, wenn ich jetzt … mit Hagar schlafe … Ist das dann nicht so, als ob ich mit Sarai schlafen würde?«
    »Was?«
    »Irgendwie?«
    »Ich wüßte nicht wie …«
    »In gewisser Weise?«
    »In welcher Weise?«
    »Grob gesehen?«
    »Also, grob gesehen«, sagte Eliëser, »sehr grob gesehen … vielleicht …«
    »Danke, Eliëser!« rief Abram. »Danke, daß du mir meinen Traum gedeutet hast! Der Traum meint, ich soll diese Frau-Einheit Sarai-Hagar, diese Einheit soll ich teilen und soll mit Hagar schlafen. Das ist eindeutig, diese Botschaft hat mir Gott im Traum gegeben.«
    Und Abram trat vor Sarai hin und teilte ihr seinen Entschluß mit. »Der ja immerhin der Wille Gottes ist!« fügte er mit bedeutungsvoller Geste hinzu.
    Abram hat mit Hagar, der Dienerin der Sarai, geschlafen, und Hagar wurde schwanger. Und Hagar erhob sich über Sarai. »Ich«, sagte sie, »ich bin schwanger, ich! Ich bekomme ein Kind von Abram, nicht du!«
    Sarai war gedemütigt. Sie weinte. Und Hagar zahlte heim, was sie in den letzten Jahren unter Sarai gelitten hatte. Stolz präsentierte sie ihren Bauch. Flüsterte Abram in Gegenwart Sarais zärtliche Worte ins Ohr, anzügliche Worte. Lachte ein Lachen, das sich wie ein gemeinsames Lachen anhörte, auch wenn Abram nicht mitlachte. Und Sarai weinte.
    Bei Tisch nahm Hagar als erste von den Speisen. Und wenn draußen vor dem Zelt nur für einen Kopf Schatten war, dann behauptete sich Hagar. Und es war noch nicht genug. Hagar begann, Sarai wie ihre Dienerin zu behandeln.
    »Hol Wasser beim Brunnen für mein Bad!«
    »Wenn du mir einen einzigen Grund nennen kannst, warum ich das tun soll«, schrie Sarai, »dann werde ich es tun. Vielleicht, aber auch nur vielleicht!«
    »Einen Grund willst du?« sagte Hagar.
    »Ja«, schrie Sarai.
    »Gut«, sagte Hagar. »Was bedeutet dein Name?«
    »Mein Name? Mein Name heißt Prinzessin«, sagte Sarai stolz.
    »Du heißt Prinzessin«, sagte Hagar kühl, »und ich bin eine Prinzessin. Mein Vater ist der Pharao von Ägypten! Ist das Grund genug, für mich Wasser zu holen?«
    »Ich kenne deinen Vater!« fauchte Sarai, und dann eilte sie zu Abram.
    »Sie nimmt mir die Ehre!« weinte sie. »Vor dem Gesinde spottet sie über mich. Macht mich klein. Macht meine Herkunft nieder. Aber meine Herkunft ist auch deine Herkunft. Also spottet sie auch über dich!«
    Abram wollte sich nicht einmischen.
    Er sagte: »Sie ist deine Magd. Tu du mit ihr, wie du es für richtig hältst!«
    Sarai, das Glückskind, das gedemütigte Glückskind, tyrannisierte von nun an Hagar. Und sie kannte kein Erbarmen. Und sie kannte auch keine Gnade, als Hagar um Gnade flehte. Hagar floh. Hochschwanger floh Hagar in die Wüste.
    Abram fragte Sarai: »Wo ist Hagar?«
    Sarai sagte: »Weiß ich es? Abgehauen ist sie!«
    »Wo ist sie!« brüllte sie Abram an.
    »In der Wüste ist sie«, sagte Sarai. »In der Wüste soll sie ihren Balg zur Welt bringen!«
    Da fiel Abram auf die Knie und betete zu Gott, betete, er möge Hagar und ihre Leibesfrucht beschützen, wie er vor vielen Jahren Amitlai, seine Mutter, in der Wüste beschützt hatte, als er, Abram, geboren worden war. Und Gott erhörte Abrams Gebet und schickte

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