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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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Jahre alt geworden, vielleicht sogar schon siebzig. Aber Sarai war so schön wie eine junge Frau, sie war die schönste Frau weit und breit. Auch wenn man nur ihre Augen unter dem Schleier sah, diese Augen waren so feurig und so wunderschön, daß jeder Mann, der sie sah, diese Frau sofort begehrte.
    Als sie nach Ägypten kamen, sprach Abram zu Sarai: »Hör zu«, sagte er, »wenn die Beamten des Pharaos dich sehen, dann werden sie dich mir wegnehmen und werden dich dem Pharao bringen, weil du so schön bist. Wenn wir dann sagen, du bist meine Frau, dann werden die Beamten mich töten. Deshalb, wenn du gefragt wirst, wer du bist, dann sag: Du bist Sarai, die Schwester des Abram. Das ist nicht gelogen, du bist ja meine Halbschwester.«
    So machten sie es aus. Und es geschah, was Abram befürchtet hatte.
    Als die Beamten des Pharaos die Augen der Sarai über dem Schleier sahen, da nahmen sie sie mit und fragten sie: »Wer bist du?«
    Sarai sagte: »Ich bin die Schwester des Mannes, der unserem kleinen Volk vorsteht, ich bin die Schwester Abrams.«
    Die Beamten führten Sarai zum Pharao.
    »Benimm dich«, flüsterte ihr einer der Soldaten zu, »dann wirst du ein schönes Leben haben.«
    Und der Soldat wußte, wovon er sprach. Der Pharao war ein feinsinniger, ein gebildeter, ein kultivierter Mensch. Die Soldaten hatten ihm gesagt, diese Frau sei freiwillig mit ihnen gekommen, es sei Brauch dieses neuen Volkes, als Gastgeschenk dem Herrscher Ägyptens seine schönste Frau zu überlassen.
    Der Pharao nahm Sarai den Schleier ab und sah ihr Gesicht. Er war entzückt von ihrer Schönheit.
    Er sagte zu ihr: »Werde du meine Frau! Ich will dich nicht als ein Geschenk haben. Ich, ich werde dich mit Geschenken überhäufen, ich werde deinen Bruder mit Geschenken überhäufen. Bleib bei mir!«
    Der Pharao nahm Sarai zu sich, er nahm sie zu sich in sein Bett. Er war nicht nur ein liebevoller Liebhaber, er war auch ein guter Mann, der Sarai respektierte. Wir können den Verdacht durchaus aussprechen, daß Sarai ebenfalls Gefallen an dem Pharao fand. Wir sehen sie in den Armen des Pharaos, während wir gleichzeitig Abram sehen, wie er in seinem Zelt hockt und sich die Haare rauft, wie er vor Eifersucht und Angst zittert und zu seinem Gott ruft, er möge ihm Sarai wieder zurückgeben.
    Gott sieht Sarai beim Pharao, sieht seinen Knecht Abram, und er schickt einen Engel. Ja, Gott muß die Sorge Abrams sehr ernst genommen haben, denn er schickte den Erzengel Michael persönlich.
    Michael stellte sich neben das Bett des Pharaos, niemand konnte ihn sehen. Und als der Pharao Sarai umarmte, versetzte er ihm einen Stromschlag. Der Pharao konnte sich nicht mehr rühren, es war, als hätte er sich den Ischiasnerv eingeklemmt.
    Er rief seine Ärzte: »Was war das?« fragte er.
    »Vielleicht haben Ihre Majestät zu heftig geliebt«, sagten die Ärzte und gaben ihm Arzneien.
    Es dauerte Tage, bis der Pharao wieder einigermaßen hergestellt war. Aber die Sehnsucht und die Begierde nach Sarai waren so stark, daß er wieder nach ihr rief.
    Und Sarai legte sich neben ihn, und Michael stand wieder unsichtbar neben dem Bett, und als der Pharao – ganz sanft, ganz zärtlich diesmal – seinen Arm um Sarai legte, versetzte ihm der Erzengel abermals einen Schlag, noch schmerzhafter als beim ersten Mal.
    »Was ist das nur? Es tut so weh!« schreit der Pharao.
    Aber auch Sarai weiß keine Antwort. Und dann befällt von einem Tag zum anderen der Aussatz den ganzen Hofstaat des Pharaos.
    »Was ist das?« fragt der Pharao Sarai. »Ich darf dich nicht berühren, und meine Leute erkranken am Aussatz. Was ist das? Sag es mir, wenn du es weißt!«
    Aber Sarai weiß es wirklich nicht. Der Pharao befragt seine Weisen, und die wissen Bescheid.
    »Der Gott dieses Mannes, der draußen vor der Stadt lagert, dessen Schwester du in dein Bett geholt hast, der Gott dieses Mannes hat diese Strafen geschickt. Denn Sarai ist nicht nur die Schwester dieses Mannes, sie ist auch seine Frau. Dieser Gott sieht es nicht gerne, wenn du mit Abrams Frau schläfst.«
    Da erschrak der Pharao und sagte: »Ich habe das nicht gewußt!« Und er sagte zu Sarai: »Warum hast du mir das angetan?«
    Er ließ Abram holen und sagte: »Warum habt ihr mir das angetan? Ihr schlagt mich mit Engelsfäusten, hängt meinem ganzen Hofstaat den Aussatz an. Hättet ihr mir doch gesagt, ihr seid Mann und Frau, ich hätte euch ziehen lassen.«
    Der Pharao gab Abram Sarai zurück, und er beschenkte Abram, um

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