Geschichten von der Bibel
er wieder Luft bekam.
»Morgen«, sagte Sarai.
»Nein, auch morgen nicht.«
Da mußte Sarai all ihre Verführungskünste einsetzen, das heißt alle Verführungskünste, die ohne Berührung durchzuführen sind. Wenn mich Abram nach zwei Tagen wieder bei sich hat, dachte sie, dann wird seine Eifersucht nicht ausreichen, um mir meinen Platz in seinem Zelt zurückzugeben.
Am nächsten Tag betrat Abimelech vorsichtig das Schlafgemach, in dem Sarai die Nacht verbracht hatte. Er setzte sich vorsichtig auf die Bettkante.
»Meinst du«, fragte er vorsichtig, »meinst du, heute geht’s?«
»Ich bin mir ganz sicher«, sagte Sarai.
»Wie wollen wir es rauskriegen?« fragte er.
»Schick mir einen deiner Diener«, sagte Sarai. »Ich werde es zuerst mit ihm ausprobieren.«
»Aber er soll nicht mit dir schlafen«, sagte Abimelech, »er soll dich nur an der Schulter berühren.«
Als Sarai mit dem Diener allein war, sagte sie zu ihm: »Gefalle ich dir?«
»Ja«, sagte der Diener.
»Gefalle ich dir so gut, daß du mir zuliebe deinen Herrn anlügst?«
»Ja«, sagte der Diener.
»Dann sag deinem Herrn, du hast mich an der Schulter berührt, und es ist nichts geschehen.«
Als Abimelech zurückkam, sagte der Diener: »Ich habe die fremde Frau an der Schulter berührt, und es ist absolut nichts geschehen.«
Da freute sich Abimelech und legte sich zu Sarai. Aber der Erzengel Michael stand immer noch neben dem Bett, und als Abimelech seine Hand auf Sarais Schulter legte, schlug er so heftig zu, daß der König das Bewußtsein verlor.
Die Ärzte mußten gerufen werden, und es sah nicht gut aus, aber dann konnte Abimelech wieder sprechen, und er fragte die Weisen seines Hofes, und die wußten Bescheid.
»Abram«, sagten sie, »der Mann, der draußen vor der Stadt mit seinem Gesinde und seinem Vieh lagert, ist der Gatte von Sarai, und er hat zu seinem Gott gebetet, daß er seine Frau vor dir beschützen soll.«
Da beschenkte Abimelech Sarai und schickte sie zurück zu Abram und sagte: »Was habt ihr mir nur angetan!«
Abram war sehr eifersüchtig.
»Er hat geweint«, flüsterte Eliëser Sarai zu, als sie das Lager betrat. »Geweint und nach dir gerufen.«
»Das genügt mir nicht«, sagte Sarai.
Und zu Abram sagte sie: »Jag die andere aus deinem Zelt! Jag sie fort! Wenn sie hierbleibt, werde ich gehen. König Abimelech wird mich aufnehmen.«
Da machte Abram Sarai wieder zu seiner Hauptfrau.
Aber Hagar und ihren Sohn Ismael schickte er nicht fort. Das brachte er nicht übers Herz. Denn Abram liebte Hagar, und er liebte Ismael. Er bestimmte, daß die beiden im Lager bleiben dürfen, daß sie aber zusehen sollen, daß Sarai sie nicht zu Gesicht bekommt.
Eines Abends saßen Sarai und Abram vor dem Zelt, Arm in Arm, da kam Gott vom Himmel herab, begleitet von zwei Engeln. Er hatte die Gestalt eines Menschen angenommen, aber sein Haupt war in einer Wolke.
»Ich bin gekommen, um euch eine frohe Botschaft zu bringen«, sagte Gott. »Ihr werdet einen Sohn bekommen.«
»Wir beide?« fragte Sarai. »Abram und ich?«
»Ihr beide«, sagte Gott.
»Sarai und ich?« fragte Abram.
»Ja, Sarai und du.«
Da hörte Gott, wie Sarai kicherte. Sarai hatte den Kopf zur Seite geneigt, und sie kicherte.
Gott sagte: »Warum lachst du?«
Sarai erschrak und sagte: »Ich lache ja nicht wirklich.«
»Was denn?«
»Ich habe ja nur gedacht, ich bin über neunzig, meine Monatsblutung ist seit vierzig Jahren nicht mehr. Aber ich wollte nicht lachen.«
Gott sagte: »Glaubst du, daß ich das nicht kann, ohne diese dumme Monatsblutung, ohne diese dummen Naturgesetze, daß ich keinen Sohn machen kann, wann ich will?«
»Er kann es«, flüsterte Abram zu Sarai. »Bitte, glaub es ihm!«
Aber Sarai verdrückte wieder ein Lachen. »Doch, doch, das wirst du schon können«, sagte sie zu Gott.
»Warum lachst du dann?« fragte Gott.
»Ich lache nicht« sagte sie.
»Du hast gelacht!« sagte Gott. »Hat sie gelacht?« fragte er die beiden Engel zu seiner Rechten und zu seiner Linken.
Die nickten.
»Aus diesem Sohn werde ich mein Volk aufbauen«, fuhr Gott aus seiner Wolke fort. »Als Zeichen unseres Bundes sollst du nun nicht mehr Abram heißen, sondern von nun an Abraham. Und du sollst nicht mehr Sarai heißen, sondern Sara.«
Und noch ein Zeichen ihres Bundes forderte Gott. Alle Männer sollen von nun an acht Tage nach der Geburt beschnitten werden.
Tatsächlich, Sara bekam ein Kind, einen Knaben, und sie nannte ihn Isaak. Man kann sich
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