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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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Jakob, hole zwei Böcklein aus der Herde, ich mache eine Speise daraus, und ich mache sie so, wie sie dein Vater mag. Er wird denken, es sei ein Wildbret. Und dann wird er dich segnen.«
    Jakob sagte: »Das ist Betrug, das will ich nicht.«
    Ismael hatte recht gehabt, Jakob hatte nicht die Kraft zum Betrug.
    Rebekka aber sagte: »Wenn es Betrug ist, gut, dann soll der Fluch auf mich kommen, das ist mir egal. Aber ich will, daß du gesegnet wirst.«
    »Aber er wird es merken«, sagte Jakob. »Er wird mich berühren, wenn er mich segnet. Was ist, wenn er zum Beispiel meinen Arm berührt? Ich habe eine glatte Haut, Esau hat ein Fell. Der Vater wird es merken.«
    »Nein«, sagte Rebekka, »Isaak wird gar nichts merken. Ich werde dir die Felle der Böcklein geben. Eines werde ich dir auf den Arm legen, das andere um den Hals. Isaak wird dich streicheln, und er wird nichts merken.«
    »Aber«, sagte Jakob, »er wird riechen, daß ich anders rieche.«
    »Ich habe hier das Kleid deines Bruders«, sagte Rebekka. »Ich habe an alles gedacht. Du wirst den Rock überziehen, Isaak wird es nicht merken.«
    »Aber Gott …«, sagte Jakob.
    »Gott soll mir in die Augen schauen!« sagte Rebekka.
    Rebekka bereitete ein Mahl, wie es Isaak mochte, sie gab dem Jakob die Schüssel, der hatte sich die Felle der Böcklein über den Arm und den Nacken gelegt. So betrat er das Zelt des Isaak.
    Der blinde Isaak fragte: »Wer bist du?«
    »Ich bin Esau, dein Sohn«, log Jakob. O doch, er hatte die Kraft zum Betrug! »Ich bringe das Mahl, das du von mir gefordert hast.«
    »So schnell schon?« fragte Isaak. »Warum so schnell? Du mußtest es doch erst schießen.«
    Jakob log weiter. »Gott hat mir dabei geholfen.«
    Isaak aber war mißtrauisch und sagte: »Du sprichst mit der Stimme meines Sohnes Jakob, nicht mit der Stimme meines Sohnes Esau. Komm her, laß dich betasten!«
    Jakob ging vorsichtig zu seinem Vater, hielt ihm den Arm hin, auf dem das Fell des Böckleins lag. Isaak strich mit seiner Hand über das dichte Fell.
    »Ja, das ist der Arm meines Sohnes Esau«, sagte er.
    Dann berührte er Jakob am Hals. Seine Finger strichen über das andere Fell.
    »Ja«, sagte er, »das ist der Hals meines lieben Sohnes Esau.«
    Und dann roch er an den Kleidern und sagte: »Ja, das ist der Duft des Feldes. Ich liebe diesen Duft. Du bist es wirklich, du bist mein Esau. Du sprichst zwar mit der Stimme deines Bruders, aber du bist Esau.«
    Er küßte ihn, und er segnete ihn.
    Er sagte: »Gott gebe dir vom Tau des Himmels, vom Fett der Erde, viel Korn, viel Most, dienen sollen dir die Völker, Stämme sich vor dir niederwerfen, Herr sollst du über deine Brüder sein, die Söhne deiner Mutter sollen dir huldigen, verflucht sei, wer dir flucht, gesegnet, wer dich segnet.«
    Und damit war Jakob, der Zweitgeborene, der Besitzer aller Güter des Isaak. Die Herden gehörten ihm, das Gesinde, alles.
    Und dann kam Esau von der Jagd zurück. Er bereitete das Wildbret zu, wie es sein Vater liebte, und betrat das Zelt seines Vaters.
    »Hier, Vater«, sagte er, »ich habe dir ein Wildbret gemacht, wie du es magst.«
    »Wer bist du?« fragte Isaak.
    »Du erkennst mich doch«, sagte Esau, »ich bin dein Sohn, ich bin Esau.«
    Isaak streckte die Arme nach ihm aus, betastete ihn und sagte: »Ja, du bist Esau, aber wer war dann vor dir da?«
    Und es war klar, daß sie betrogen worden waren. Von Jakob, dem Betrüger! Esau weinte. Zum ersten Mal in seinem Leben weinte dieser Mann.
    »Hast du denn gar keinen Segen für mich, Vater?« flehte er. »Gehe ich leer aus, Vater?«
    Isaak starrte ihn mit seinen leeren Augen an und sagte: »Nein, Esau, mein Esau. Ich habe keinen Segen mehr für dich. Ich habe Jakob gesegnet. Ich kann ihm den Segen nicht nehmen. Fern vom Fett der Erde mußt du wohnen, fern vom Tau des Himmels, und deinem Bruder mußt du dienen.«
    Und er schickte Esau hinaus. Esau soll geflucht haben.
    Er soll sich geschworen haben: »Wenn Isaak tot ist, dann werde ich Jakob töten!«
    Das sei seine Rede gewesen. Das hat jedenfalls Rebekka behauptet.
    Sie hat den Jakob gewarnt: »Jakob, du mußt unser Land verlassen«, sagte sie. »Er wird dich töten! Er ist böse. Ich habe es vom ersten Augenblick an gewußt. Er hat dich in meinem Bauch zurückgedrängt. Ich habe es doch gespürt! Denkst du, ich weiß nicht, wovon ich rede? Du mußt fliehen!«
    »Wohin soll ich denn fliehen?« jammerte Jakob.
    »Geh zu meinem Bruder Laban«, sagte Rebekka. »Er wird dich aufnehmen.

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