Geschlossene Gesellschaft
Fuß des Denkmals und schaute daran hoch. Es musste alles in allem ungefähr 70 Meter hoch sein, ein spitz zulaufender Stein mit einer pyramidenförmigen Spitze, der auf einem riesigen viereckigen Sockel ruhte. Von diesem führte etwa ein Dutzend abfallender Stufen zu der Stelle hinab, an der ich stand. Eine asphaltierte, baumgesäumte Allee verband den Sockel mit einem anderen Weg, der zu der Hauptstraße führte, von der ich gekommen war. In der langsam aufsteigenden Helligkeit herrschte absolute Stille. Und als ich auf meine Uhr schaute, sah ich, dass es in ein paar Minuten acht Uhr sein würde.
Ich ging um das Monument herum und betrachtete die Bronzereliefs mit Wellingtons Siegen, die den Sockel zierten. Als ich mich der nordwestlichen Ecke näherte, flog am abgelegenen Ende des Pfades ein Schwärm Krähen auf, und eine Gestalt erschien. Sie ging langsam den Weg entlang. Es war eine schlanke, aufgerichtete Gestalt mit Hut und Mantel, die eine Gladstone-Reisetasche in der rechten Hand trug und sich mit der matten Steifheit eines alten, aber agilen Mannes bewegte. Es war ohne Zweifel Fabian Charnwood. Irgendwo in der Entfernung schlug eine Uhr acht.
Wir trafen uns da, wo der Weg auf den Bürgersteig stieß, der das Monument umrundete. Dort blieben wir stehen und musterten uns aus einer geringen Entfernung, misstrauisch und ungläubig. Charnwood hatte sich einen Vandyke-Bart zugelegt, der im Gegensatz zu seinem Haar grau war. Ansonsten war er unverändert. Man hätte ihn wiedererkennen können, aber er wirkte unter dem Schutz seiner eigenen Todesanzeige unverdächtig.
»Ich habe das, was Sie verlangt haben«, sagte er gelassen und hielt mir die Tasche hin. »Es ist alles hier drin.«
Ich nahm sie, stellte sie auf die Erde und öffnete sie. Drinnen war ein ganzes Bündel von Dokumenten mit einer Schnur zusammengebunden und zwischen zwei dicke, in Leder gebundene Bücher gepresst.
»Das sind die Konto- und die Protokollunterlagen«, erläuterte er. »Zusammen mit delikaterer Korrespondenz, die ich über die Jahre zusammengetragen habe.«
Ich schloss die Tasche wieder und richtete mich auf. »Woher weiß ich, ob alles darin ist?«
»Das wissen Sie nicht, aber das ist auch nicht nötig. Es ist genug darin, um eine große Zahl berühmter und respektierter Männer zu vernichten. Das wollen Sie doch, nicht wahr?«
»Reicht es auch, um die Concentric Alliance zu zerstören?«
»Die habe ich bereits vernichtet, Horton, und zwar auf die einzig wirkungsvolle Weise. Ich habe ihnen das Geld genommen, wissen Sie. Alles, was sie mir anvertraut hatten. Eine ganze Menge. Und auch ihren... nun, Führer ist vielleicht ein zu großes Wort. Aber ohne mich haben sie kein gemeinsames Zentrum, keinen gemeinsamen Zweck. Sie einigt nur noch das Verlangen wiederzubekommen, was ich ihnen ihrer Ansicht nach genommen habe.«
»Haben Sie das denn nicht?«
»Doch. Wenn man jemandem etwas stehlen kann, was er selbst bereits gestohlen hat.«
»Doch bestimmt mit Ihrer Hilfe. Sie waren - und sind - der größte Dieb von allen.«
»Vermutlich war ich das. Oder zumindest bin ich es, im Augenblick.« Er sah sich nach links und rechts um. »Mehr als Augenblicke haben wir nicht zur Verfügung. Wir sollten sie nicht vergeuden.«
»Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Niemand weiß, dass wir hier sind.«
»Nein? Was das betrifft...« Er stieß ein freudloses Lachen aus. »Was werden Sie mit den Aufzeichnungen anfangen, Horton? Verraten Sie es mir. Sie können es ruhig tun. Ich kann Sie nicht aufhalten.«
»Ich werde sie der Presse übergeben.«
»Oder sie an die Medien verkaufen?«
»Ich tue das nicht für Geld, Charnwood.«
»Nein, das glaube ich Ihnen. Das muss eine neue Erfahrung für Sie sein. Eine unvermutete Wandlung zugunsten der Sache der Wahrheit.«
»So ist es. Und das ist Ihr Verdienst. Ich habe nie gedacht, dass es sich lohnt, für die Wahrheit zu kämpfen... Bis ich das Ausmaß der Lügen entdeckte, die Sie der Menschheit aufgebürdet haben.«
»Ja, der Krieg«, sagte er und wiederholte absichtlich einen Satz, den er schon einmal benutzt hatte. »Immer ist es der Krieg.«
»Ja, Ihretwegen.«
»Es hätte sowieso Krieg gegeben, wissen Sie. Man hätte einen anderen Vorwand gefunden, auch wenn ich keinen geliefert hätte.«
»Warum haben Sie es dann getan?«
»Weil der Schlüssel zum Profit der richtige Zeitpunkt ist. Es kostete mich einige Jahre, um die Soldaten, Politiker und Finanziers zu rekrutieren, die die
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