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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Sessel fallen ließ und mit zitternden Fingern den Umschlag öffnete.
    Dublin, 10. November 1931 Mein lieber Horton,
    Glückwunsch zu Ihrer Hartnäckigkeit. Sie hat mich ziemlich verblüfft. Ich habe natürlich den Brief meiner Tochter erhalten. Aber Sie sollten wissen, dass ich auch einen Brief meiner Schwester bekommen habe, die mich über Ihre Absichten vorgewarnt hat. Selbstverständlich habe ich keine andere Wahl, als Ihren Forderungen nachzukommen. Doch Vitas Eingreifen ermöglicht es mir, eine kleine Bedingung einzuflechten. Ich werde mich mit Ihnen treffen und die Dokumente übergeben. Aber nur mit Ihnen, Horton. Nicht mit Diana. Wenn sie Sie begleitet -oder ich sie in der Nähe sehe -, werde ich mich nicht zeigen. Ich hoffe, dass ich Ihnen diesen Brief unter Umständen zustellen lassen kann, die es Ihnen ermöglichen, seinen Inhalt vor ihr geheim zu halten. Ich bin davon überzeugt, dass es klug wäre, das zu tun. Und es wäre auch klug, sie nicht von unserem Treffen in Kenntnis zu setzen. Ich schlage die Wellington-Gedenkstätte im Phoenix Park vor, um acht Uhr morgen früh. Das dürfte früh genug sein, um das Shelbourne Hotel zu verlassen, ohne dass Diana etwas davon merkt und ohne dass zu viele Zeugen unsere Begegnung beobachten. Bitte entschuldigen Sie das Fehlen einer Unterschrift. Ich denke, Sie werden dieser vernünftigen Vorsichtsmaßnahme zustimmen. Bis morgen.
    Ich hatte schon fast die O'Connell Bridge erreicht, als mir klar wurde, was ich tun wollte. Dort knüllte ich Charnwoods Brief zusammen und warf ihn über das Geländer in den Liffey. Dann ging ich rasch zurück zum Shelbourne. Unterwegs blieb ich nur kurz an einem Taxistand stehen und gab einem Taxifahrer 10 Shilling Trinkgeld für sein Versprechen, mich morgen früh um halb acht dort abzuholen und zum Phoenix Park zu bringen.
    Ich hatte gehofft, mein Zimmer unentdeckt zu erreichen und so das Treffen mit Diana möglichst lange hinauszuschieben. Doch das Glück war mir nicht hold. Als ich das Hotel betrat und zur Treppe ging, öffnete sich die Aufzugstür, und Diana trat heraus. Sie runzelte überrascht die Stirn, als sie mich sah.
    »Guy! Ich dachte, du wolltest ruhen.«
    »Ehm... Das habe ich auch. Doch dann dachte ich, dass meinem Kopf ein bisschen frische Luft gut tun würde.«
    »Und was hat sie bewirkt?«
    »Sie hat ihn geklärt. Sehr wirkungsvoll.« »Gut. Ich wollte im Park Spazierengehen. Hast du vielleicht Lust, mich zu begleiten?«
    »Aber gern.«
    Wir gingen hinaus, überquerten die Straße und betraten den Park durch das nächstgelegene Tor. Keiner von uns sagte etwas, und das Schweigen lud sich mit Spannung und Erwartung auf. Wir folgten langsam einem gewundenen Pfad am Ufer eines Teiches und warteten darauf, dass der andere etwas, irgendetwas sagen würde. Dann wurde mir klar, was ich schon die ganze Zeit hätte fragen sollen, und ich platzte förmlich mit der Frage heraus. »Hast du etwas von deinem Vater gehört?«
    »Nein. Ich muss zugeben... dass ich anfange, mir Sorgen zu machen. Am liebsten hätte ich bereits alles erledigt.«
    »Vermutlich hat er deinen Brief erst gestern bekommen. Vielleicht war er ein paar Tage unterwegs. Wir müssen geduldig sein.«
    Sie schaute mich finster an. »Das klingt ja ganz anders als vorher.«
    »Ich versuche nur, realistisch zu sein.«
    »Realistisch?« Sie blieb stehen und starrte mich an. Mit dem Versuch, meine Spuren zu verwischen, hatte ich erst recht ihren Verdacht erweckt. »Warst du das letzte Nacht, Guy - realistisch?«
    »Letzte Nacht hat damit nichts zu tun.«
    »Nein?«
    »Selbstverständlich nicht.«
    »Du warst im Hauptpostamt, nicht wahr?«
    »Was?«
    »Du hast versucht, Papas Adresse aus ihnen herauszuleiern - oder sie zu kaufen.«
    »Nein.«
    »Die Kopfschmerzen, das plötzliche Verlangen nach frischer Luft... hältst du mich für eine Närrin?« »Wie ich schon sagte, ich...«
    »Du bist fast eine Stunde weggewesen.«
    »Nein, nein. Nicht annähernd so lange.«
    »Ich habe dich im Zimmer angerufen, um zu sehen, wie es dir geht. Du hättest natürlich das Klingeln überhören können. Aber ich glaube nicht, dass es so war, nicht?«
    »Nein.« Ich suchte fieberhaft nach einer überzeugenden Lüge. In meiner Verzweiflung erinnerte ich mich an eine alte Maxime: Verändere die Wahrheit so wenig wie möglich. »Du hast recht. Ich dachte, ich könnte einen der Angestellten dazu bestechen, mir die Adresse deines Vaters zu geben.«
    »Was ist passiert?«
    »Ich bin mit leeren

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