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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Händen weggegangen. Wie du mir ohne Zweifel vorher hättest sagen können.«
    »Ja, das hätte ich.« Ihre Miene hellte sich auf. Ich schmeichelte ihrem Überlegenheitsgefühl - und betrog es damit.
    »Das war dumm. Ich...«
    »Es war schlimmer als das!« Sie war wütend, aber nicht mehr misstrauisch. Ich war davongekommen. »Es ist Papa durchaus zuzutrauen, dass er einen Informanten unter den Angestellten hat, der ihn über einen solchen Versuch unterrichtet.«
    »Mach dir keine Sorgen. Ich habe nicht einmal sagen können, für welche Schließfachnummer ich mich interessierte. Der Angestellte, der am Samstag Dienst hatte, war nicht da.«
    »Wir können schon dem kleinsten gnädigen Zufall dankbar sein. Was ich nicht verstehe... warum hast du es getan?«
    »Vielleicht wegen der letzten Nacht. Möglicherweise wollte ich das haben, weswegen wir hergekommen sind... bevor sich unser Waffenstillstand in etwas anderes verwandelt.«
    »Glaubst du, das könnte passieren?«
    »Ich will mal sagen, ich befürchte es. Ich kann Max nicht vergessen, weißt du... Ich...« »Schuld? Ist es das, Guy? Bist du damit heute Morgen aufgewacht? Keine Kopfschmerzen, sondern ein ausgewachsener Anfall von Schuldgefühlen?«
    »Vermutlich.«
    »Ich dachte, wir hätten einander als das akzeptiert, was wir wirklich sind. Offenbar habe ich mich geirrt.«
    Ich ertrug die Verachtung in ihrem Blick und nickte. »Ja. Sieht ganz so aus.«
    »Dann können wir nur hoffen, dass wir sehr bald von meinem Vater hören. Bevor unser Waffenstillstand dein wiederentdecktes Gewissen weiter stört.« Mit diesen Worten drehte sie sich auf dem Absatz um und ging in das Hotel zurück. Ich folgte ihr mit einigen Schritten Abstand, mit verletztem Stolz, aber intaktem Geheimnis.
    Als ich Diana nach einem sehr einsilbigen Dinner zu ihrem Zimmer begleitete, bestand mein Geheimnis immer noch. Genauso wie ihre Verachtung.
    »Vielleicht wird morgen ja etwas passieren«, bemerkte ich verlogen, als sie den Schlüssel ins Schloss steckte.
    »Das kann gut sein«, antwortete sie, öffnete die Tür und trat über die Schwelle. »Mein Vater hatte immer ein unfehlbares Gespür für das richtige Timing.« Sie schaute mich an, bemerkte meinen verständnislosen Blick und fügte hinzu: »Morgen ist der Tag des Waffenstillstandes.«
    »Ach ja«, sagte ich und wunderte mich darüber, dass ich etwas so Offenkundiges hatte übersehen können. Charnwood hatte es bestimmt nicht getan. »Selbstverständlich. Ich hatte...« Doch bevor ich den Satz beenden konnte, schlug Diana mir die Tür vor der Nase zu. Eine Sekunde später hörte ich, wie sie den Riegel vorschob. »Bis morgen«, sagte ich zu mir selbst, während ich mich abwendete. »Bis der Waffenstillstand zu Ende ist, meine Liebe.«

14
    Es wurde gerade hell, als ich das Shelbourne verließ. Das Taxi wartete wie versprochen, anscheinend von meinem großzügigen Trinkgeld vom Vortag angelockt.
    »Phoenix Park, nicht wahr, Sir?«
    »Ja. In die Nähe des Wellington-Denkmals.«
    »Ganz richtig, Sir. Die Nadel des Eisernen Duke. Sie wussten sicher, dass er in Dublin geboren wurde?«
    »Nein, das habe ich nicht gewusst.«
    »O doch. Aber wie jeder vernünftige Mann ist er nicht geblieben, um hier auch zu sterben.«
    So ging es weiter, während wir gen Westen fuhren. Ich sagte nur wenig, und auch das wäre nicht nötig gewesen. Das Geplauder des Burschen lief wie von selbst. Ich lehnte mich in meinen Sitz zurück, rauchte eine Zigarette und fragte mich, was wohl auf mich wartete.
    Charnwood hatte keine Wahl, als zu tun, was ich verlangte. Das hatte er selbst gesagt. Trotzdem...
    Ich musste mein Zeitgefühl verloren haben, denn plötzlich waren wir angekommen und bogen in den Park ein. Auf den Pfeilern der offenen Tore thronten Laternen, die trotz der Morgendämmerung noch leuchteten. Vor uns erstreckte sich eine pfeilgerade Allee, links wurde hinter den nackten Zweigen ein großer steinerner Obelisk sichtbar.
    »Ist das das Denkmal?«
    »Das ist es, Sir.«
    »Dann halten Sie hier. Den Rest gehe ich zu Fuß.«
    »Wie Sie wollen, Sir.«
    Ich zahlte und schaute auf die Uhr. Es war zehn vor acht. Ich war absichtlich zu früh gekommen, denn Charnwood würde sich sicher nicht verspäten. Ich ging den Weg entlang; Bäume, Büsche und ein schmiedeeiserner Zaun verwehrten mir den vollständigen Blick auf das Denkmal, bis sie plötzlich zurückwichen. Da stand es dann, starr und spitz, inmitten einer ausgedehnten Wiese.
    Ich ging über den Rasen zum

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