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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Sie ein Freund sind, dann bin ich überrascht, dass Sie noch nicht davon gehört haben. George ist letzte Nacht ermordet worden.«
    »Ermordet?«
    »Er hat den Black Swan verlassen, als er geschlossen wurde, ist aber nie bis zu seiner Unterkunft gekommen. Sie haben seine Leiche heute Morgen in der Bow Alley gefunden. Er wurde erstochen. Und anscheinend auch ausgeraubt. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, was sie dem armen alten George wegnehmen wollten...«
    Meine Hand zitterte, als ich die Gabel herunterdrückte, um den andern zum Schweigen zu bringen. Ich legte den Hörer wieder auf und setzte mich auf den Bettrand. Duggan war tot. Er hatte mich nicht hintergangen. In gewisser Weise hatte ich ihn betrogen. Aber warum hatten sie ihn überhaupt getötet? Warum, nachdem sie ihn so lange hatten leben lassen? Weil Diana ihn als meinen Informanten genannt und Faraday entschieden hatte, dass seine Lippen besser für immer versiegelt werden sollten. Deshalb. Es konnte keinen anderen Grund geben. In meinem Eifer, Diana von der Schuld ihres Vaters zu überzeugen, hatte ich George Duggans Todesurteil unterschrieben.
    Und meines beinah dazu. Dass Faraday mein Telegramm in Duggans Tasche gefunden hatte, muss ihm als außerordentlicher Glücksfall vorgekommen sein. Aber wenigstens in dieser Hinsicht irrte er sich. Mein Glück hatte mich nicht in Dublin verlassen. Desmond Raffertys Unaufrichtigkeit und der Winterfahrplan der Great Western Railways waren, ohne es zu wollen, meine Retter geworden; ohne sie wäre ich in eine Falle getappt. Stattdessen hatte ich noch eine Chance zu gewinnen. Zwar nur eine kleine, ohne Duggans Hilfe. Aber dennoch eine Chance. Und ich hatte noch etwas anderes: einen weiteren Namen auf der langen Liste derer, die ich vielleicht noch rächen würde.
    »Solange sie dich nicht erwischt haben«, sagte ich laut zu mir und stand vom Bett auf, »kannst du sie erwischen.« Dann beeilte ich mich, um Angst und Zweifeln zuvorzukommen, warf mir den Mantel über und setzte meinen Hut auf, packte die Tasche und stürzte aus dem Zimmer.
    »Wollen Sie hier zu Abend essen?« fragte der Kellner, als ich im Foyer an ihm vorbeiging.
    »Ja. Reservieren Sie mir einen Tisch für halb neun. Ich muss erst noch etwas erledigen.«
    »Sicher, Sir. Ich freue mich, Sie dann zu sehen.«
    Selbstverständlich würde er mich nicht mehr sehen. Genauso wenig wie Trust House Ltd. auch nur einen Penny meines Geldes zu sehen bekommen würde. Ich verließ das Lion Hotel für immer.
    Ich ging zum Bahnhof zurück und kaufte eine Fahrkarte nach London. Der nächste Zug fuhr erst um zehn. Die Zeit bis dahin verbrachte ich in der Bar des nahe gelegenen Raven Hotel und trank dort genug Scotch, um sicher zu sein, dass ich während der Fahrt schlafen würde. Am Morgen würde ich meine Geistesgegenwart brauchen, musste wachsamer sein als je zuvor. Und selbst das würde vielleicht nicht reichen. Es war nicht gut, sich auf sein Glück zu verlassen. Von nun an war es eine Frage der Nerven und des Urteilsvermögens: meine Nerven gegen Faradays Urteilsvermögen. Welches von beiden, so fragte ich mich, würde in einem besseren Zustand sein?

16
    Der Nachtzug von Shrewsbury sollte gegen halb sechs Uhr morgens in London sein. Es war Freitag, der 13. November. Der Tag versprach ein wahrhaft schwarzer Freitag für die Concentric Alliance zu werden. Oder für mich, selbstverständlich.
    Ich hatte mich nie für abergläubisch gehalten. Doch ich begann den Tag vorsichtig. An der letzten Haltestelle vor Paddington stieg ich aus. Nachdem ich 90 Minuten im Warteraum von Reading gefroren hatte, nahm ich einen Nahverkehrszug nach Ealing, von dort die U-Bahn, die ich in Oxford Circus verließ, um in das beruhigende Gedränge einer nebligen Rushhour einzutauchen.
    Bei einem Friseur ließ ich mich wieder einigermaßen respektabel herrichten und ging dann die Jermyn Street hinunter, um in Cox's Hotel zu frühstücken. Ihre telegraphische Adresse - Anonymus, London - war mir lange im Kopf herumgegangen. Und an diesem Morgen war Anonymität genau das, was ich brauchte. Nach meinem Dafürhalten konnte Faraday nicht wissen, wo ich mich eingetragen hatte. Dennoch ging ich mehrmals versuchsweise am Eingang der Bank vorbei, bis ich eintrat, eine erhebliche Summe von meinem Konto abhob und die Gladstone-Reisetasche in einem geräumigeren Schließfach verstaute. Ohne Charnwoods Dokumente und mit der Waffe unauffällig in der Innentasche meines Mantels war ich, so gut es ging, auf

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