Geschlossene Gesellschaft
das vorbereitet, was vor mir lag. Ich machte mich mit einer Zuversicht auf den Weg nach Holborn, die mich selbst überraschte. Eigentlich gab es für diese Überraschung keinen Grund. Mangel an Alternativen macht aus allen Helden.
»Ich bin hier, um dich um einen Gefallen zu bitten, Trojan.«
»Gefallen sind schwerlich mein Betriebskapital, Guy.«
»Max ist tot. Wusstest du das schon?«
»Ich habe es gehört. Irgend so ein Liebeshandel in Venedig, in dem du eine nicht gerade glorreiche Rolle gespielt hast.«
»Ich versuche gerade, das wiedergutzumachen. Willst du mir nicht helfen? Um Max' willen?«
»Ich reiße mich nicht gerade darum. Aber du kannst mir ja zumindest sagen, um welchen Gefallen es sich handelt.«
»Ich möchte den Journalisten treffen, der dir die Informationen über George Duggan gegeben hat.«
»Piers Caversham? Warum?«
»Das kann ich nicht erklären. Aber es ist sehr wichtig. Wichtiger als... nun, als alles andere.«
»Du klingst so, als wärest du plötzlich religiös geworden. Das bist du doch nicht etwa, oder?«
»Mir sind die Augen geöffnet worden. Und ich muss mit einem Journalisten über das reden, was ich gesehen habe.«
»Piers weicht aber nie von seiner Linie ab, was seine Themen betrifft. Er wird nur daran interessiert sein ...«
»Es geht um Geld, Trojan. Es wird ihn interessieren.«
»Nun... ich denke, ich kann versuchen herauszufinden, ob er Zeit hat zu lunchen. Du zahlst, nehme ich an?«
»Ich hatte gehofft, dass wir uns in deinem Club treffen könnten. Der Treffpunkt muss äußerst... diskret sein.«
»Also soll ich zahlen?«
»Wenn du Caversham dazu bringen kannst zu kommen, zahle ich dir jede Summe, die deiner Meinung nach die Rechnung betragen wird. Sofort.« »Du bist tatsächlich fromm geworden. Ist dir auf dem Weg nach Dover ein Licht erschienen?«
»Nicht ganz. Wirst du Caversham anrufen?«
»Ja. Ja, ich werde ihn anrufen. Aber wir müssen uns nicht beeilen. Ich habe noch nie gehört, dass Piers eine Einladung zum Essen ausgeschlagen hätte.«
»Vielleicht nicht. Aber glaub mir, Trojan, ich muss mich beeilen.«
Wie prophezeit, schluckte Piers Caversham den Köder eines kostenlosen Lunchs sofort. Drei Stunden später machte ich in Trojans Club in Pall Mall seine Bekanntschaft. Er war ein magerer, träger Bursche, dessen Mischung aus Zynismus und Empfindsamkeit sofort meine Hoffnungen steigen ließ. Wir gingen ins Esszimmer und redeten bei Roastbeef und Burgunder über Journalismus, Politik, Winchester und seine eigene Alma Mater, Charterhouse. Als ich schließlich zu der Überzeugung gekommen war, dass die Männer an den Nebentischen, wenn schon nicht taub, so doch vollkommen betrunken waren, brachte ich das Gespräch auf den Krieg. Caversham hatte einige Jahre in Flandern gedient und gab unter sanftem Druck von Trojan zu, dass er ein Verdienstkreuz verliehen bekommen hatte. Doch nicht einmal der Brandy konnte seine Erinnerung an die Schützengräben wiederbeleben. »Eine schreckliche Zeit«, murmelte er in sein Glas. »Furchtbar.«
Jetzt war der Moment gekommen, und ich deutete im Sinne einer verrückten Spekulation an, dass der ganze Konflikt von einem internationalen Kartell von Geschäftsleuten inszeniert worden sein könnte. Caversham fand diese Theorie unterhaltend und hörte zu, während ich erklärte, was und warum sie es hätten tun können. Ich spürte, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt dachte, es könnte wahr sein. Und dann, als Trojans notorische Blase ihn dazu zwang, uns ein paar Minuten allein zu lassen, erklärte ich Caversham, dass diese Theorie stimmte... und beweisbar war.
»Aber ich dachte... Sicherlich haben Sie nur... einen Versuchsballon hochsteigen lassen.«
»Ich habe Beweise für ihre Verantwortung am Attentat auf Franz Ferdinand. Ich will nun folgendes wissen: Würde Ihre Zeitung das veröffentlichen?«
»Sie machen Witze!«
»Nein. Ich kann jedes Wort beweisen. Und mehr noch: Ich kann sogar die Schuldigen identifizieren. Sie sitzen in den Vorständen der angesehensten Unternehmen, hier und im Ausland. Ihnen stehen alle Türen offen. Man verbeugt sich vor ihnen und wartet auf sie, wo immer sie auftauchen. Und sie beherrschen den Markt in einem halben Dutzend Länder. Diesem hier eingeschlossen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Das kann ich Ihnen nicht verdenken. Ich habe es auch nicht geglaubt, bis ich die Beweise gesehen habe.«
»Beweise, die Sie haben - und die veröffentlicht werden sollen?«
»Ja.«
»Auch die
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