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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Fischgräten oder Nadelstreifen trug, und auch nicht, wie viel Geld er bei sich hatte. Aber ich war trotzdem froh darüber, sogar erleichtert, dass ich wenigstens eine Lüge zu seinen Gunsten hatte erzählen können.
    Hornby suchte überall herum, stellte ein paar oberflächliche Fragen und wirkte enttäuscht, weil es so wenig Spuren gab.
    »Ist das Mr. Wingates ganzer Besitz, Sir?«
    »Er ist schon immer gern mit wenig Gepäck gereist, Chefinspektor. Ich ebenfalls.«
    »Und was glauben Sie, wohin er gereist sein könnte?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Wir werden die Häfen kontrollieren. Und auch diese Wohnung - und zwar eine ganze Weile.«
    »Das ist mir klar.«
    »Ich will damit sagen, Sir, dass wir ihn am Ende fangen werden. Wenn Sie die geringste Ahnung haben, wo er ist, oder wenn er sich bei Ihnen meldet, brieflich oder telefonisch...«
    »Dann werde ich es Sie umgehend wissen lassen. Wollten Sie das hören?«
    »Ja, Sir, genau das. Aber ich will auch, dass Sie es meinen.«
    Als Hornby kurz darauf ging, wurde es schon hell in London. Ich hatte mich verpflichtet, am Nachmittag bei der Polizeiwache in Dorking eine offizielle Aussage zu machen. Während Hornby und seine Leute die Wälder nach Beweisen absuchten, konnte ich nichts tun, als über Max' schwierige Lage nachzugrübeln. Ich zweifelte nicht daran, wie die ganze Sache enden würde, ob ich der Polizei nun half oder nicht: mit Max' Verhaftung. Und dann? Sein Verfahren. Seine Verurteilung. Seine Exekution. Es war schwer, sich einen anderen Verlauf der Dinge vorzustellen, und es war genauso schwer zu glauben, dass mein Freund wirklich einen solchen Kurs eingeschlagen hatte. Mrs. Dodd erschien um zehn, geschmeichelt, dass sie von einem Polizeibeamten in Zivil auf der Türschwelle verhört worden war. Aber das verwandelte sich rasch in Bestürzung, als ich ihr erzählte, was geschehen war. Sie bestand darauf, mir ein Frühstück zuzubereiten, und spekulierte darüber, wie Max' Eltern diese Nachricht wohl aufnehmen würden. Das allerdings konnte ich auch ohne ihre Hilfe erraten. Ich hatte Mr. und Mrs. Wingate bei verschiedenen Gelegenheiten getroffen und wusste, dass sie freundlich, aber korrekt waren. Diese Ereignisse würden sie mit Sicherheit quälen und entrüsten. Früher oder später musste ich ihnen über meine Rolle dabei Rechenschaft ablegen, und das war keine Aussicht, die ich genoss.
    Es war fast Mittag, als Mrs. Dodd ging. Ich hätte da vielleicht die Wingates anrufen sollen, aber der Mensch, mit dem ich -außer mit Max - in diesem Moment am dringendsten sprechen wollte, war Diana. Ich gab dem Impuls nach und wählte die Nummer des Amber Court. Ein Dienstmädchen teilte mir mit, dass Diana nicht zu sprechen sei. Mit bösen Vorahnungen willigte ich ein, stattdessen mit Vita zu sprechen.
    »Meine Nichte ruht, Mr. Horton, und darf auf keinen Fall gestört werden. Das arme Kind ist völlig außer sich. Die Polizei sucht immer noch das ganze Grundstück ab, und wir werden von Presseleuten belagert. Die Situation ist furchtbar - und höchst quälend.«
    »Ich kann mir vorstellen, wie Sie sich fühlen.«
    »Wirklich? Dianas Vater wurde von dem Mann ermordet, den sie zu lieben glaubte. Können Sie sich wirklich vorstellen, wie sie sich fühlt? Oder wie ich mich fühle?«
    »Nun... Mir ist natürlich klar, was für ein furchtbarer Schock das gewesen sein muss. Vielleicht hilft es ja, wenn ich mit Diana rede.«
    »Das bezweifle ich.«
    »Ich muss heute Nachmittag nach Dorking, um eine Aussage auf der Polizeiwache zu machen. Darf ich anschließend bei Ihnen anrufen?« Es gab eine Pause, in der Vita offenbar meinen Vorschlag erwog. »Miss Charnwood?«
    »Ich glaube nicht, Mr. Horton.« Mein Vorschlag war also als unzulänglich betrachtet worden. »Diana assoziiert Sie zu sehr mit Mr. Wingate. Jedes Gespräch mit Ihnen muss sie infolgedessen aufregen. Unter diesen Umständen wäre es meiner Meinung nach das Beste, wenn Sie sie in Ruhe ließen. Genaugenommen bestehe ich darauf. Jetzt - und für die nahe Zukunft.«
    »Aber...«
    »Guten Tag, Mr. Horton.«
    Vitas barsche Stimme verstärkte mein Selbstmitleid, so dass meine Sorge für Max dem Groll weichen musste. Schließlich brach ich nach Dorking auf. Warum um alles in der Welt hatte er so etwas getan? Der Mord war so sinnlos, so nutzlos. Und er verwickelte mich in einen Skandal, mit dem ich nichts zu tun haben wollte.
    Mein Empfang auf der Polizeiwache trug auch nicht dazu bei, meine Stimmung zu heben.

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