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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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das Vertrauen meines Vaters zu missbrauchen, verstehen Sie? Letzten Endes war es das, was mich aufgehalten hat.«
    »Und Ihr Vater hat sich dann an Ihrer statt mit Max getroffen?«
    »Ja.« Sie schaute an sich herab, hob dann den Saum ihres Kleides an und starrte auf einige dunkle Blutflecken, die sich zwischen den Punkten auf dem Stoff ihres Kleides verbargen. »Warum hat er es getan, Guy? Warum hat er etwas so Schreckliches getan?«
    »Das weiß ich nicht. Ich habe im Wagen gewartet und bin ihm gefolgt, als er nicht zurückkehrte. Zunächst habe ich den falschen Weg genommen. Bis ich auf Sie traf, hatte ich nicht die leiseste Ahnung...«
    »O Gott!« Plötzlich packte sie meine Hand, drehte sich um und ließ den Kopf auf meine Schulter sinken. Ich dachte, sie würde weinen, aber stattdessen richtete sie sich nach einigen Sekunden auf und holte tief Luft. Ihre Augen waren feucht, aber es liefen ihr keine Tränen über die Wangen. »Papa würde wollen, dass ich stark bin«, sagte sie. »Um seinetwillen muss ich es auch sein.«
    »Diana... wenn Max das getan haben sollte...«
    »Können Sie daran zweifeln?«
    »Ich weiß es nicht. Aber... wenn er es war, wird er nicht weit weglaufen. Wenn ihm klar wird, was er getan hat... die Ungeheuerlichkeit seiner Tat, ich meine...«
    »Sie meinen, er wird sich stellen?«
    »Mit Sicherheit. Er wird Sie nicht... nicht um alles in der Welt... so verletzen wollen.« »Aber das hat er.« »Er liebt Sie immer noch.«
    »Ja.« Sie schaute weg. »Das macht alles nur noch schlimmer.«
    Die Polizei rückte mit zwei Einheiten an: einem Feldwebel und einigen Constables aus Dorking und Detectives in Zivil aus Guildford. Diana bestand darauf, sie selbst dorthin zu führen, wo Vita bei der Leiche wartete. Sie wies mein Angebot, das zu übernehmen, mit dem vernünftigen Hinweis zurück, dass ich mit der Gegend nicht vertraut war. Jetzt war sie wortkarg und von kühler Logik. Verwirrung und Tränen waren durch ihre Entschlossenheit hinweggefegt worden, sich so zu benehmen, wie ihr Vater es gewünscht hätte.
    Der leitende Beamte, ein kräftiger, ernst wirkender Chefinspektor namens Hornby, ließ mich zurück, nachdem er mir eingeschärft hatte, mich nicht von der Stelle zu rühren. Eines der Dienstmädchen entzündete ein Feuer im Salon und brachte mir Kaffee. Sie beteuerte, von den Nachrichten wie betäubt zu sein. Es war eine verständliche Reaktion, ich jedoch konnte mich nicht so gehen lassen. Ich rauchte eine Zigarette nach der anderen und ging unruhig unter dem Porträt der verstorbenen Mrs. Charnwood hin und her. Was sollte ich der Polizei sagen, wenn es soweit war - und das würde bald der Fall sein. Die Wahrheit oder nur einen Teil davon? Wie viel war wesentlich, wie wenig würde ausreichen? Wenn es einen Weg gab, Max zu helfen, dann hätte ich ihn bereitwillig eingeschlagen. Aber es schien keine Möglichkeit zu geben. Zu deutlich hatte er sich schuldig bekannt, als dass meine Bemühungen noch den geringsten Nutzen hätten haben können.
    Schließlich kehrte der Sergeant mit Vita und Diana wieder zurück. Die Frauen kamen zu mir ins Wohnzimmer, beide bleich und grimmig. Es wurde nochmals Kaffee serviert und »das Feuer angefacht. Doch im Raum blieb es kalt. Wir redeten kaum, niedergedrückt von Schuld oder Trauer. Die Nacht
    schien nur schleppend dem Morgengrauen zu weichen.
    Dann erschien der Sergeant wieder und berichtete, dass man die Leiche sofort wegbringen müsse. Wir traten unaufgefordert auf die Veranda, um mit anzusehen, wie eine verhüllte Bahre in einen Krankenwagen geladen wurde. Es hatte wieder angefangen zu nieseln, und das gab der Abreise der Polizisten im Schein der Lampen einen eigenartig entrückten Anstrich. Dann schlugen die Türen zu, der Krankenwagen fuhr los, und die Polizisten führten uns wieder ins Haus. Man hatte sich des Toten angenommen. Jetzt waren die Lebenden aufgerufen, Rechenschaft abzulegen.
    Chefinspektor Hornby verbrachte fast eine Stunde mit Vita und Diana allein im Salon. Ich war in die Bibliothek verbannt worden, wo ein glubschäugiger Constable mir stumm Gesellschaft leistete. Stumm bis auf ein Räuspern alle paar Minuten. Es gab nur eine Unterbrechung, als ein Sergeant hereinkam, um von mir Fabrikat, Farbe und Kennzeichen des Wagens einzuholen. Danach überließ man mich Charnwoods Büchern. Ich betrachtete sie und fand heraus, dass viele von ihnen vom Krieg handelten: es waren politische und strategische Studien, Abhandlungen über Regimenter

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