Geschlossene Gesellschaft
Der Coroner würde mich vielleicht davonkommen lassen, ohne explizit dazu Stellung zu nehmen, aber ich fürchtete, dass Hornby dafür sorgen würde, dass er es nicht tat.
Ich wollte gerade die niedergedrückte Stimmung durch einen Spaziergang vertreiben, als mein zweiter Besucher kam. Es war Diana. Sie hatte nach einer schnellen Fahrt von Dorking in ihrem Imp ein gerötetes Gesicht und war gut gelaunt. Zur Feier des sonnigen Morgens trug sie ein Kleid mit Blumenmuster und war in einer mädchenhaften, fast fiebernden Stimmung, als würde sie gegen die schalen Beschränkungen des Trauerfalles rebellieren.
»Papa hätte sicher nicht gewollt, dass ich mich an einem Tag wie diesem hinter den Jalousien des Amber Court verberge. Ich musste einfach weg. Da dachte ich an Sie und dass Sie sich wegen der Untersuchung Sorgen machen würden. Ich nehme doch an, dass man Sie benachrichtigt hat?«
»O ja.«
»Dann kommen Sie mit mir, und lassen Sie uns unsere Sorgen vergessen, wenn auch nur für ein paar Stunden. Es wird vielleicht vergeblich sein, aber...«
»Der Versuch lohnt sich, Diana. Sie müssen mich nicht überzeugen.«
Sie lächelte. »Gut. Springen Sie rein, und wir fahren einfach dorthin, wohin unsere Laune uns führt.«
Die führte uns nach Hampton Court, wo wir im Great Fountain Garden spazieren gingen und darüber stritten, ob Heinrich der Achte eine seiner Frauen geliebt hatte. Dann fuhren wir weiter nach Weybridge, wo wir in einem Pub am Fluss lunchten. Und dann nach Sandown Park, wo wir einfach aus Spaß auf jedes Pferd setzten, das Diana gefiel. Sechs oder sieben Stunden unterhielten wir uns gegenseitig mit müßigem Geplauder und vermieden es dabei, ihren Vater, Max, den Zustand von Charnwood Investments oder die Untersuchung zu erwähnen, bei der wir beide in elf Tagen aussagen mussten. Sie wirkte glücklich, fast sorglos, und ich bemerkte zu meinem Missfallen, dass es mir genauso ging.
Als die Dämmerung anbrach, spazierten wir gerade den Bishop's Walk an der Themse bei Putney entlang. Wir mussten uns trennen, und ich stellte bei uns beiden Bedauern fest. Wären da nicht die metaphorischen Schatten um uns gewesen, die viel länger waren als die wirklichen, hätte ich meine Hand um ihre Taille geschlungen und mir einen Kuss geraubt. Aber unsere verschiedenen Verpflichtungen demselben Mann gegenüber trennten uns. Als wir zur Putney Bridge zurückgingen, kommentierte ich die Freuden des Tages, ohne zu wagen, eine Wiederholung vorzuschlagen.
»Es war sehr entzückend«, antwortete Diana. »Seit dem Begräbnis haben mich Anwälte und Buchhalter verfolgt. Papa hat seine Angelegenheiten ziemlich ungeordnet zurückgelassen, scheint es. Und ich kann Tante Vita diese Bürde nicht allein tragen lassen. Aber ich musste wirklich eine Weile entfliehen. Danke, dass Sie mich gerettet haben.«
»Eigentlich haben Sie mich gerettet.«
»Wirklich?« Sie lächelte. »Nun, vielleicht können Sie das Kompliment erwidern.«
»Wie?«
»Ich habe zwei Tickets für das Ballett am nächsten Dienstag. Alexandra Danilovas Tanz in der Alhambra. Ich wollte eigentlich Max dazu einladen...« Sie hielt inne, als ihr klar wurde, dass sie zum ersten Mal an diesem Tag seinen Namen laut ausgesprochen hatte. Als sie fortfuhr, war ihre Stimme ein kaum noch vernehmbares Flüstern. »Sie müssen natürlich nicht mitkommen, Guy. Sie brauchen meinetwegen keine Show aufzuführen. Wenn es Ihnen lieber ist, dass wir beide getrennte Wege gehen ... und versuchen zu vergessen...« Ich blieb stehen und nahm ihre Hände in meine, als sie sich zu mir umdrehte. In ihren Augen glitzerten Tränen. Ein unglaubliches Verlangen durchzuckte mich, das fast über das körperliche hinauszugehen schien. Und gleichzeitig packten mich auch Zweifel. Vielleicht war es besser, unsere Verbindung abzubrechen. Denn von nun an würde ich Max bewusst hintergehen. Und ich würde auch Diana betrügen, da ich, seitdem ich mich mit Maundry Gregory eingelassen hatte, nicht mehr so unberührt war, wie ich noch bei der Begräbnisfeier behauptete. Es war natürlich unwahrscheinlich, dass sie erfuhr, dass ich bei ihm auf der Gehaltsliste stand. Selbst wenn Faraday es ihr gern erzählen würde, müsste er seine eigene Rolle als Gregorys Rekruteur beichten, und das würde ihm überhaupt nicht passen. Trotzdem war es nicht klug, nicht umsichtig und überhaupt nicht vernünftig. Aber sie war so wunderschön. Die Aussicht, mehr als nur ihre Hand zu berühren, diese Schönheit zu
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