Geschlossene Gesellschaft
nicht.«
Es gab eine bleierne Pause, dann sagte der Coroner: »Danke, Mr. Horton.« Aber sein Ton enthielt nicht die geringste Spur von Dankbarkeit. »Das war alles.«
Als ich den Zeugenstand verließ, hatte ich zwar der Ehre Genüge getan, aber nichts zu Max' Gunsten erreicht. Es war nur ein symbolischer Protest. Und jeder Eindruck, den er hinterlassen haben mochte, wurde rasch von Hornby ausgelöscht. Dieser machte kristallklar, was seiner Meinung nach in dieser Nacht geschehen war.
»Mr. Wingate wollte Miss Charnwood treffen, um mit ihr durchzubrennen. Statt ihrer wartete Mr. Charnwood mit Neuigkeiten auf ihn, die er unmöglich begrüßt haben kann. Mr. Charnwood wurde totgeschlagen. Und Mr. Wingate wird seitdem vermisst.« Fehlte nur noch, dass er hinzufügte: Quod erat demonstrandum. Er erwähnte weder die Blutspuren am Lenkrad noch den Brief von Max an dessen Vater. Vielleicht wollte er sich das für den Prozess aufbewahren, den er unzweifelhaft im Auge hatte. Der Coroner rief den Pathologen auf, der die Obduktion durchgeführt hatte.
Seine Aussage war grauenhaft direkt. Eine Reihe offensichtlich heftiger Schläge mit einem schweren, scharfkantigen Gegenstand hatte die rechte Wange und einige Knochen des Dahingeschiedenen zertrümmert und das Gehirn tödlich verletzt. Seine Blutgruppe passte zu der, die man auf dem scharfkantigen Stein gefunden hatte, der für den Pathologen zweifelsfrei die Mordwaffe war. Der Tod war irgendwann zwischen Mitternacht und 2 Uhr 30 eingetreten. Es gab keine Spuren eines Kampfes, was nahelegte, dass der erste Schlag unerwartet und mit beträchtlicher Wucht geführt worden war. Der Pathologe meinte, es sei der grausamste Mord gewesen, der ihm in seiner beruflichen Laufbahn je untergekommen sei.
Der Coroner fasste dann die Aussagen noch einmal oberflächlich zusammen und sagte den Geschworenen damit mehr oder weniger direkt, welchen Urteilsspruch sie fällen sollten. Sie gehorchten, und zwar nach einer so kurzen Beratung, dass zwischendurch noch nicht einmal Zeit für eine Zigarette war. »Wir sind der Meinung, dass der Verstorbene von Max Algernon Wingate ermordet worden ist.« Keine Zweifel und folglich auch keinerlei Vorbehalt. Und keine Hoffnung für Max, soweit ich sehen konnte, falls die Polizei ihn jemals erwischte. Anschließend fuhr ich den Box Hill hinauf und rauchte die Zigarette, der ich vorher entsagt hatte, als ich auf Dorking und das sanft geschwungene Farmland des Mole Valley hinabgeschaut hatte. Auf den Feldern jagten einander die Schatten der rasch vorbeiziehenden Wolken, und der Wind, der sie vorantrieb, rauschte am offenen Fenster des Wagens vorbei. Einen Moment stellte ich mir vor, die eilenden Schatten stellten Ereignisse aus Max' und meinem Leben dar. Jedes schien zunächst eine Flucht vor dem vorangehenden gewesen zu sein, entpuppte sich aber später als verschwommener Wegweiser auf unserem immer schneller werdenden Kurs. Bis jetzt hatte ich niemals an so etwas wie einen Bestimmungsort gedacht. Doch vielleicht waren wir in Wirklichkeit einem solchen Ort nah, näher, als wir glauben wollten.
Eine Stunde war seit der Anhörung verstrichen, als ich zum Amber Court aufbrach. Ich schätzte, die Zeit habe Diana und Vita gereicht, um sich von ihren Bewunderern und Ratgebern zu trennen und wieder nach Hause zu fahren. So war es auch. Sie warteten im Wohnzimmer auf mich, immer noch gekleidet wie vor Gericht. Als das Dienstmädchen mich hereinführte und sie sich in ihren Sesseln umdrehten, um mich zu begrüßen, bemerkte ich zum ersten Mal die große Ähnlichkeit zwischen ihnen. Diana war jung, schlank und schön, wohingegen Vita nichts dergleichen war. Aber etwas in ihrem Blick erhellte eine tiefere Ähnlichkeit: gleiche Instinkte, die das unterschiedliche Alter und den verschiedenen Charakter wettmachten. Vielleicht hatte Diana das mit Aussöhnung gemeint.
»Danke, dass Sie gekommen sind, Guy«, begrüßte mich Diana. Ihr Tonfall war unmerklich zurückhaltender, als ich es in letzter Zeit von ihr gewohnt war. »Nach dem heutigen Morgen wären Sie sicher am liebsten von Dorking weggefahren und niemals wiedergekommen.« »Wenn Sie das getan hätten, wäre das sicherlich zum Teil meine Schuld gewesen«, fügte Vita hinzu. »Sie haben Ihre Verpflichtungen Ihrem Freund gegenüber und Ihre Sympathie für Diana in einer Art und Weise abgewogen, die ich hätte loben sollen, statt sie zu...« Sie lächelte. »Vergeben Sie einer närrischen alten Frau, Guy.« Es war das
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