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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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brach Panik aus.
    Irgendwo in seinem Versteck musste Max diesen Urteilsspruch gelesen haben. Ich stellte mir vor, wie er darum kämpfte, mit dem Verbrechen fertig zu werden, das man ihm da angehängt hatte. Aber ich konnte nichts für ihn tun. Er hatte seinen Weg gewählt und musste jetzt allein klarkommen.
    Ich konnte mir denken, dass Diana in Venedig dieselben Überlegungen anstellte. Es wäre besser gewesen, wenn sie sich niemals getroffen hätten. Ihr Vater wäre noch am Leben und vermutlich auch zahlungsfähig, Max würde nicht wegen Mordes gesucht, und sie würde weiterleben können wie bisher. Stattdessen saß sie jetzt im Exil und leckte ihre Wunden, während Max sich versteckte. Vielleicht hatte er im Bruchteil einer Sekunde nach dem ersten Schlag erkannt, dass es, anders als in Charnwoods Worten, durchaus etwas zu bereuen gab.
    Wenigstens erregte der Kollaps von Charnwoods Firma im Gemetzel beim Verfall nationaler Kredite relativ wenig Aufmerksamkeit. Diejenigen, die ihr Geld verloren hatten, beschwerten sich weit weniger lautstark, als Diana befürchtet hatte. Zwar war der geschäftliche Ruf ihres Vaters angeschlagen, aber sein Charakter hatte keinerlei Schaden genommen. Man berief ein Gläubigertreffen ein, an dem ich mit meinem geplatzten Scheck in der Hand nicht teilnehmen wollte. Ich ertrug meinen Verlust schweigend. Abgesehen davon hatte ich größere Summen im Kopf. Der Northamptonshire-Ritter-Aspirant war kurz davor, sich von 10000 Pfund zu trennen, um einen neuen Adelstitel zu erwerben, den Gregory ihm zu besorgen versprach. Der soziale Aufstieg musste weitergehen, ganz gleich wie es um den ökonomischen Kreislauf stand. Und der Sherpa ist seinen Lohn wert.
    »Mr. Horton?«
    Die Stimme des Mannes, der am Sonntag bei meiner Rückkehr sich draußen ans Geländer vor dem Eccleston lehnte, klang barsch, aber gebildet. Er war klein und schlaff und hatte die blasse, verschwitzte Haut eines Alkoholikers. Sein Anzug war so alt und staubig, dass man seine ursprüngliche Farbe nicht mehr erkennen konnte. Er trug einen Regenmantel etwa seines Jahrgangs über dem Arm und einen mitgenommenen Filzhut schief auf dem Kopf. Die buschig graumelierten Reste eines ehemals prächtig roten Haarschopfs - dem rostroten Schnurrbart nach zu urteilen - umrahmten ein von Sorgen zerfurchtes Gesicht, in dem graue Augen nervös zwinkerten.
    »Sie sind doch Mr. Horton?«
    »Ja. Na und?«
    »Könnten wir... uns unterhalten?« Er hielt inne und nahm einen Zug an seiner selbstgedrehten Zigarette. »Es geht um den Charnwood-Mord. Ich bin Journalist und...«
    »Ich will nicht darüber reden, danke. Wenn Sie mich entschuldigen ...«
    Als ich an ihm vorbeiging, packte er mit überraschender Kraft meinen Arm und zischte mir ins Ohr: »Wollen Sie Ihrem Freund nicht helfen?«
    Ich blieb stehen, schüttelte seine Hand ab und starrte ihn an. »Natürlich will ich ihm helfen. Haben Sie irgendwelche Vorschläge?« »Nicht direkt. Es ist nur... Charnwood ist nicht der Typ, der einem Verbrechen aus Leidenschaft zum Opfer fällt. Irgendetwas an der Geschichte stimmt nicht. Es passt nicht zusammen.«
    »Was passt nicht zusammen?«
    »Meine Kenntnis von dem Mann. Meine Erfahrung mit Fabian Charnwood.«
    »Was Sie sagen, ergibt keinen Sinn.«
    »Lassen Sie uns irgendwo etwas trinken. Dann kann ich es Ihnen vernünftig erklären.«
    »Das glaube ich kaum.« Ein Vorhang im ersten Stock des Hotels bewegte sich. Das Zimmer gehörte Miss Frew, der schlimmsten Klatschbase unter den Gästen des Eccleston.
    »Was haben Sie zu verlieren?«
    »Nichts. Ich...« War das Miss Frews Lorgnette, die ich in der Sonne blinken sah? »Also gut, einverstanden. Wenn Sie darauf bestehen.«
    Ich nutzte gewöhnlich die Bar des Grosvenor als meine örtliche Tränke, aber George Duggan, so stellte der Bursche sich vor, war nicht die Art Person, mit der ich in einer zivilisierten Umgebung gesehen werden wollte. Also führte ich ihn stattdessen in einen Pub in der Warwick Street, wo ich einen Ecktisch zwischen einem Pfeiler und einem Garderobenständer auswählte. Duggan stürzte einen Rum in einem Zug hinunter und machte sich dann schnell über ein großes Bier her. Er bezeichnete sich als freischaffenden Journalisten mit Fleet-Street-Referenzen. Das klang genauso nebulös, wie wenn ich mich als Pressemann ausgegeben hätte. Er lehnte meine Zigarette ab und drehte sich lieber eine eigene. Vom ersten Zug an hustete er, was seinen Bericht häufig unterbrach.
    »Ich habe den

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