Geschmiedet im Feuer
dem Parkticket in der Hand fuhr er zu der Ausfahrt, an der die kürzeste Schlange stand. Während er wartete, bis er an der Reihe war, rief er erneut bei Jilly an. Es klingelte und wieder ging nur der Anrufbeantworter ran. Als er es auf ihrer Handynummer versuchte, hatte er sofort die Mailbox am Apparat.
Vermutlich war sie mit den Kindern unterwegs. Einkaufen. Oder im Kino. Er musste sich keine Sorgen machen. Aber er hatte ein ungutes Gefühl im Bauch und schwitzte so stark, dass ihm das Hemd am Rücken klebte.
Als Nächstes wählte er Tyler Careys Nummer. Was zum Henker war da draußen in Enumclaw los? Aber auch Careys Handy klingelte nur endlos, bis schließlich die Mailbox dranging.
Ging denn heute niemand an sein Telefon?
Er bezahlte und fuhr vom Flughafengelände zum Highway nach Burien. Es würde eine Weile dauern, bis sein Team mit der neuen Geisel am Treffpunkt war, daher fuhr er wieder vom Highway ab, hielt an einem Diner und bestellte sich was zu essen. Dann rief er noch einmal bei Jilly an. Wieder ging niemand dran. Eine Stunde später versuchte er es beim Aufbruch erneut, doch mit demselben Resultat.
Ein kalter, fester Knoten schnürte ihm die Brust zusammen.
Verdammt, wo zum Teufel steckte sie?
Mehrere Meilen von Burien entfernt wurde er langsamer und lenkte den SUV nach rechts in ein Industriegebiet voller Transportunternehmen, Lagerhäuser und Autohändler, bis er zu einer heruntergekommenen Lagerhalle kam.
Er parkte den Wagen vor einem Gittertor und sah auf sein Handy. Wie schön. Es war kein Anruf eingegangen. Fluchend zoger die Smith & Wesson unter dem Sitz hervor, überprüfte das Magazin und schob sich die Waffe im Rücken in den Hosenbund. Dann beugte er sich aus dem Fenster und gab den Zugangscode auf dem Tastenfeld ein. Das Tor wurde rasselnd hochgezogen und gab den Weg frei.
Die Lagerhalle war der perfekte Treffpunkt. Rings herum standen Stahlcontainer, sodass man von außen nicht hineinsehen konnte. Der Besitzer behauptete zwar, das Gelände wäre durch hochmoderne Sicherheitsmaßnahmen geschützt, aber in Wahrheit war der Zaun die einzige Schutzmaßnahme. Die Videokameras, die überall hingen, waren nur Attrappen, um den Mietern weiszumachen, ihre wertvollen gelagerten Güter würden beschützt. Doch keine der Kameras funktionierte, was Russ ebenso recht war wie die abgelegene Position der Anlage.
Der von ihm gemietete Lagerraum befand sich ganz hinten, sodass er an allen zehn Reihen von Lagereinheiten vorbeimusste. Als sein SUV um die letzte Ecke fuhr und knirschend über den Kiesweg rollte, hatte er sich vergewissert, dass sich hier sonst niemand aufhielt.
Wie erwartet.
Vor ihm stand, ebenfalls wie erwartet, eine grüne viertürige Limousine. Zwei seiner Leute lehnten daran und Willie, der Linke, warf gerade einen glühenden Zigarettenstummel zu Boden. Der Rücksitz des Wagens war leer.
Russ wurde vor Frustration ganz heiß. War es denn zu viel verlangt, dass an diesem Tag irgendetwas klappte? Nur eine einzige Sache?
Er trat auf die Bremse und schob die Gangschaltung auf Parken. Ohne Marion Simcosky konnte er das SEAL-Team nicht zwingen, ihm Chastains Familie wieder auszuliefern.
Und ohne Chastains Frau und seine Kinder hatte er keine Handhabe gegen den Agenten, um ihn zu zwingen, ihm die Passagiere auszuliefern, die seine Bosse unbedingt haben wollten.
Was wiederum bedeutete, dass er so gut wie geliefert war.
Der Lauf der Smith & Wesson drückte sich in seinen Rücken, als seine Füße den Kies berührten.
Vielleicht war es langsam Zeit, sich aus diesem Schlamassel zurückzuziehen. Er hatte genug Geld beiseitegelegt, sodass er, Jilly und die Kinder ihr Auskommen hatten. Sie konnten sich irgendwo verstecken und abwarten, bis sich die Lage beruhigt hatte.
Dann fiel ihm wieder ein, dass Jilly nicht ans Telefon ging, und sein Herz setzte einen Schlag aus.
»Ich hoffe für euch, dass sich Marion Simcosky im Kofferraum befindet«, sagte er.
Die beiden inkompetenten Arschlöcher starrten einander an und wirkten selbstbewusst und eingebildet. Genau diese Einstellung brachte einen in Schwierigkeiten.
Willie richtete sich auf. »Wir hatten ein paar Probleme …«
Genug der Ausreden. Russ bewegte die Hand in den Rücken, umfasste die Smith & Wesson, zog sie in einer nahtlosen Bewegung heraus und jagte dem Wichser eine Kugel zwischen die Augen.
Als dessen Körper schwankte und nach hinten auf den Kofferraum fiel, sprang der andere Mann auf. »Bist du völlig bescheuert?«,
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