Geschmiedet im Feuer
hatten.
»Hey.« Beths Stimme klang belegt und unsicher. Zum ersten Mal, seit sie sich kannten, entstand ein betretenes Schweigen zwischen ihnen.
»Hey.« Ginnys Stimme klang so ermattet und leer, wie ihr Blick wirkte.
Beth holte tief Luft und machte einen Schritt nach vorn, um die Unsicherheit zu überwinden. »Oh Gott, Ginny. Es tut mir so leid.«
Das waren offenbar die falschen Worte, da Ginny zusammenzuckte und den Blick abwandte.
Dann erstarrte sie und starrte jemanden an, der rechts neben Beth stand, wobei etwas in ihrem Gesicht aufblitzte. Ihr Blick veränderte sich und wurde lodernd und zornig.
Erschrocken drehte sich Beth um. Zane stand neben ihr. Vielleicht hatte Ginny ihn nicht erkannt und reagierte nur darauf, dass sie ihr Kind in den Armen eines fremden Mannes sah.
»Ginny, das ist Zane Winters.« Sie machte eine unsichere Handbewegung. »Er war einer der …«
»Ich erinnere mich an ihn«, fiel ihr Ginny ins Wort, die noch immer auf die starken Arme starrte, in denen ihr Sohn lag, während es in ihr zu brodeln schien.
Zane sah Beth fragend an. Da blickte ihm Ginny ins Gesicht, und ihr seltsamer wilder Gesichtsausdruck verschwand. »Wie geht es Ihrem Freund?«
»Er wird noch operiert.« Zane ging ans Bett, und als Ginny ein Stück nach rechts rutschte und auf die Matratze neben sich klopfte, beugte er sich vor und legte den schlafenden Kyle sanft neben sie. »Ohne Ihre Hilfe hätte er den Krankenwagen nicht lebendig erreicht«, fügte er hinzu.
»Das war das Mindeste, was ich tun konnte.« Die Worte klangen jedoch nicht so, als kämen sie von Herzen.
Nach einem Augenblick drehte sich Zane zu Beth um und zog die Augenbrauen hoch, und sie wusste, dass er sie auf diese Weise fragte, ob er Ginny die Nachricht von Todds Tod überbringen sollte.
Ihr wurde schwindlig. Das Angebot war verlockend, überaus verlockend sogar, aber Beth schüttelte den Kopf. Diese schreckliche Nachricht musste jemand überbringen, dem sie am Herzen lag, und nicht ein Mann, den sie kaum kannte.
Zane nickte kaum merklich, als hätte er sie verstanden und wäre derselben Meinung. »Ich warte draußen.«
Er verharrte kurz, um ihr mit der Hand über den Rücken zu streichen, verließ dann das Zimmer und schloss leise die Tür.
Beth sah die Frau an, die schweigend im Bett lag und immer wieder mit der Hand über das rote Haar ihres Sohnes strich, wobei die Bewegung eher roboterhaft als liebevoll wirkte. Schweigen senkte sich auf sie herab, das fast schon bleiern wirkte.
»Warum ist Todd nicht hier?« Ginnys Hand strich weiter über den Schopf ihres Sohnes. »Nein, lass mich raten. Er konnte nicht von der Arbeit weg, kommt aber, sobald er kann.« Ihre Worte klangen verbittert.
»Ginny …« Beth bekam weiche Knie, als sie näher ans Bett herantrat. »Todd ist …«
Sie konnte den Rest des Satzes einfach nicht aussprechen.
»Er ist was? Beschäftigt? In einem Meeting?« Ginnys Stimme wurde immer schriller und schneidender.
»Nein, er ist …« Beth wollte nach Ginnys Hand greifen, aber ein Schimmern in deren blauen Augen sagte ihr, dass sie keinen Körperkontakt wollte. Stattdessen nahm sie all ihren Mut zusammen und sprach es aus. »Er ist tot, Ginny.«
Erneute Stille.
»Wann?«
Die ruhige, simple Frage bewirkte, dass es Beth eiskalt den Rücken herunterlief.
Wo war der Schmerz? Die Trauer?
Sie sah auf die angespannten Finger und ihre gedankenlose, sich ständig wiederholende Bewegung herab.
»Gestern. Es tut mir so leid.« Da sie es nicht länger mit ansehen konnte, griff sie nach Ginnys weißer Hand und barg sie zwischen ihren Handflächen. Die Finger erstarrten, als sie sie berührte.
»Wie ist er gestorben?« Noch immer keine Emotion. Nur Neugier.
»Er wurde erschossen. In eurem Wagen. Auf dem Parkplatz des Flughafens. Von den Leuten, die euch entführt hatten.«
Die Hand zwischen ihren Fingern verkrampfte sich. Dieser unheimliche brodelnde Ausdruck war erneut in ihren Augen aufgeflammt.
»Er ist trotzdem arbeiten gegangen? War noch immer besessen von diesen verdammten Flugzeugen? Ist ihm überhaupt aufgefallen, dass wir verschwunden waren?«
Beths Herz zog sich zusammen. Zum ersten Mal wurde ihr bewusst, was sie da in Ginnys Augen sah. Wut. Pure, unbändige Wut.
Ginny hatte sich mal darüber beschwert, dass Todd zu viel Zeit bei der Arbeit mit seinen Flugzeugen oder in seinem Schuppen mit seinen Erfindungen verbrachte und zu wenig mit seiner Familie. Doch das hatte sie halb im Scherz gesagt. Lachend.
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