Geschmiedet im Feuer
und fuhr den Weg zurück, den sie gekommen waren.
Mackenzie schnaubte. »Die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass wir die Zahnfee finden, als dass wir einen Hinweis darauf entdecken, wo sich die Entführer aufhalten.«
Rawls, der links neben Zane saß, musterte erst Beth und dann Zane. »Was ist mit dir, Kumpel? Siehst du irgendwas?«
Er meinte, ob er eine Vorahnung hatte. Beth sah Zane ins Gesicht. Sie war noch immer nicht bereit, sich mit diesem Seelengefährtenunsinn zu befassen, aber die Hellseherei … »Stimmt das? Bist du ein Hellseher?«
Stille senkte sich über das Wageninnere. Einer der Männer räusperte sich.
»Manchmal«, antwortete Zane mit ruhiger Stimme, während seine grünen Augen sie betrachteten. »Ich habe Visionen von Dingen, die passieren werden. Sie dauern nie lange, meist nur wenige Sekunden.«
Das musste Beth erst einmal verdauen. Sie dachte daran, wie sie den Männern in der Abstellkammer am Flughafen von ihrem Traum erzählt hatte und diese sich vielsagend angesehen hatten. »Du hast es gewusst. Du wusstest längst, dass in diesem Flugzeug etwas passieren würde. Darum habt ihr mir so schnell geglaubt.«
»Ich hatte eine Vision, kurz bevor du zum Gate gekommen bist. Ich habe Cos und Rawls Leichen gesehen.« Sein intensiver Blick hielt ihren fest. »Aber ich wusste nicht, wer oder was dafür verantwortlich war.«
Auf einmal verspürte sie das Bedürfnis, laut zu lachen. Sie unterdrückte es, da sie vermutete, es würde hysterisch klingen, aber ein kurzes Schnauben konnte sie nicht verhindern. »Ich fasse es nicht. Ich habe diesen verrückten Traum, dabei bist du derHellseher. Wie häufig hast du diese …« Wie hatte er sie genannt? »… Visionen?«
Etwas an dieser Frage beschwor erneut das Gefühl eines Déjàvus herauf. Sie brauchte eine Sekunde, bis ihr der Grund dafür klar war. Man hatte ihr genau dieselbe Frage gestellt, in dem gleichen Tonfall, und zwar mindestens zwei Mal in den letzten vierundzwanzig Stunden. Einmal war es Cosky und einmal Mac gewesen.
Dieses Mal konnte sie das Lachen nicht mehr zurückhalten und es klang eindeutig ein wenig hysterisch, wenn sie Zanes besorgten Gesichtsausdruck richtig deutete. Sie ließ zu, dass er sie an sich drückte, und als er ihr über das Haar strich, entspannte sie sich. Ihr Lachen erstarb.
Mit jeder Berührung seiner Hand schien sich der Nebel um sie herum zu lichten. Als sie an den Puyallup Fairgrounds ankamen, hatte sich Beth wieder unter Kontrolle.
Sie stellten den Wagen auf dem Parkplatz ab und stiegen aus.
»Zeigt die rum.« Mac reichte Zane und Cosky einige kleine Fotos von zwei dunkelhaarigen Jungen. »Cosky und Rawls fangen im hinteren Teil an, ihr hier vorne. Ich gehe die Schießbude suchen.«
Beth wühlte in ihrer Handtasche und holte ihr Portemonnaie heraus. »Nehmt auch Bilder von Kyle und Ginny mit.« Schnell holte sie einige Fotos hervor.
»Sie ist wunderschön«, murmelte Rawls und sah das Foto an, das Beth ihm gegeben hatte.
Ja, das war sie. Ginny war eine der schönsten Frauen, die Beth kannte, sowohl innerlich als auch äußerlich. Als sie das Foto in Rawls Hand anstarrte, schnürte es ihr die Kehle zu und ihr stiegen Tränen in die Augen. Sie holte tief Luft, verdrängte den Schmerz und konzentrierte sich auf das, was getan werden musste.
Mit den Fotos in den Händen gingen sie zum Eingang, doch die Männer mit ihren längeren Beinen waren deutlich schneller als Beth. Zane blieb an ihrer Seite.
»Sie sind mehr als nur Freunde, nicht wahr?«, fragte Zane. »Du hast nur Bilder von Ginny, Kyle und Todd bei dir.«
Das war nicht ganz richtig. Sie hatte auch Bilder von ihrer Mutter in der Tasche, allerdings nicht so viele. Und noch weniger Fotos, auf denen sie zusammen abgebildet waren.
»Sie sind meine Familie«, gab Beth zu. »Mein Dad hat uns verlassen, als ich noch ein Baby war. Meine Mutter hat sehr viel gearbeitet, um uns durchzubringen. Sie war selten zu Hause, und wenn, dann war sie immer müde … Ginny wohnte mit ihrer Familie nebenan. Ihre Mom hat immer auf mich aufgepasst und sie haben mich gewissermaßen adoptiert. Ich habe deutlich mehr Zeit mit ihnen verbracht als mit meiner eigenen Mutter. Und dann ist Mom gestorben, als ich fünfzehn war.« Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie die unangenehmen Erinnerungen verscheuchen. »Ginnys Familie hat mich aufgenommen.«
Zane hörte sich das alles schweigend an. »Sie ist eher wie eine Schwester.«
Ginny
war
ihre Schwester, in jeder Hinsicht.
Weitere Kostenlose Bücher