Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains
nicht, was er als Nächstes tun sollte. Sein Leichentrupp musste schon auf dem Weg zum Scheiterhaufen sein – und verärgert über ihn. Er konnte zu Suo Lung gehen, mit leeren Händen, ausgelaugt, nutzlos; oder …
Oder er konnte hier stehen bleiben, und so tat er das.
Das Zelt des Arztes war kein behelfsmäßiges, das aus allen möglichen Holz- und Stoffstücken zusammengeflickt
war. Im Gegenteil: Es war seine Praxis und sein Zuhause, reiste mit ihm, wohin er auch ging.
Es hätte das Brett draußen kaum nötig gehabt, um anzuzeigen, was es war: Das zeigte es schon selbst, eine hohe, breite Konstruktion aus heller, schwerer Seide, ein Aufblitzen von Ordnung im Chaos seiner Nachbarn. Hier gab es Stille, Ruhe, Erholung.
Sogar die Einrichtung war alt, dunkel und schwer, sprach von Frieden. Es gab einen langen Tisch, an dem Patienten sitzen konnten, um mit dem Arzt zu sprechen, und auf den sie sich legen konnten, um sich untersuchen zu lassen; es lag in der Tat ein Mann darauf. Es gab eine Bank, auf der andere warten konnten. Und warteten. Es gab eine Regalwand, in der eine Reihe von Krügen mit Papieretiketten stand; eine Anrichte mit vielen Schubladen, von denen jede mit einem beschrifteten Seidenstreifen markiert war.
Es gab ein Kohlebecken auf einem Stein, einen Eimer mit frischer Holzkohle, dampfendes Wasser in einem Kessel.
Es gab Matten auf dem Boden; Lampen, die von den Stützpfählen des Zelts hingen, daneben Texte über Gesundheit und Weisheit, Bilder gütiger Götter.
Es gab ein Mädchen, das die Menschen begrüßte, ihre Verletzungen in Augenschein nahm und sich ihre Beschwerden anhörte. Vielleicht die Tochter des Arztes, vielleicht seine Dienerin, vielleicht jemand, den er unterwegs aufgegabelt und zu behalten beschlossen hatte. Wer sie auch war, Han nahm an, dass sie wahrscheinlich genauso viel Gutes tat wie der Arzt.
Das wusste auch der Arzt. Er rief sie zu sich, um ihr Anweisungen für die Zubereitung eines Medikaments zu geben; mittendrin fiel sein Blick auf die Neuankömmlinge, die sich zögernd im Zelteingang herumdrückten. Ein Sklave in Ketten, ein Bündel von einem Kind, eine Geisterfrau. Mit einer Handbewegung schickte er seine Helferin dorthin, wo sie dringender gebraucht wurde. Er konnte das, was er verschrieben hatte, selbst zusammenstellen.
So deutete Han zumindest alles: Das Mädchen kam zu ihm; der Arzt holte eine Schale und ging zu seinen Krügen hinüber.
»Hallo, ich bin Tien. Wie kann mein Onkel euch behilflich sein?«
»Das hier« – Han hielt ihr das Kind hin -, »das ist ihre Tochter.« Er machte eine ruckartige Kopfbewegung, um auf die Geisterfrau hinter ihm zu weisen. »Ich … habe sie beide in der Stadt gefunden. Das Kind ist … ist … ist nicht tot …«
Das war alles, was er sagen konnte; nur noch eines, als Tien begann, die Hülle vom Gesicht des Kindes zurückzuschlagen: »Wenn du sie nicht nimmst, dann lasse ich sie fallen. Wirklich. Jetzt.«
Tien war schnell. Er spürte, wie das Gewicht des Kindes von seinen Armen gehoben wurde, binnen dieser letzten, kostbaren Sekunde, die ihm blieb. Seine Hände sackten unter dem Gewicht seiner Handschellen und Ketten herab; einen Moment später sackte er selbst zusammen, hockte sich hin.
So war es besser. Die Ketten konnten um seine nackten
Füße herum auf dem Boden liegen; sollte die Erde doch ihr Gewicht tragen. Einen Teil davon. Der Rest lastete noch immer auf seinen Handgelenken, die auf seinen Knien lagen; auf seinem Nacken, seinem gesenkten Kopf.
Seine Schultern brannten, und seine Arme zitterten fürchterlich. Ihm war schwindelig, und er wollte sich hinlegen, aber das würde er nicht tun. Dies war ein Ort für die wirklich Kranken, nicht für wackelige Jungen, die nur müde und hungrig und verängstigt waren, und tief drinnen ein bisschen panisch.
Er hörte Stimmen über seinem Kopf. Eine war volltönend männlich; sie fragte: »Was ist mit dem Jungen los?«
Die andere war heller, schneller, er hatte sie schon gehört. Tien sagte: »Ich weiß nicht. Er ist schmutzig, er ist erschöpft, aber da ist noch mehr. Sein rechter Daumen fehlt; das scheint erst vor kurzem passiert zu sein und ich glaube, es tut ihm weh. Aber die Ketten … Ich weiß nicht, was mit den Ketten ist.«
»Nein. Das weiß ich auch nicht. Gib mir das Kind. Du bringst den Jungen an den Fluss. Sieh zu, dass er sich wäscht; finde heraus, was er sonst noch braucht.«
»Nein, Onkel! Du brauchst mich hier. Schau, das ist die Mutter des
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