Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains
wurden, deutlich, wie stark auch dieser mangelhafte Schutz noch war.
»Es ist wahr«, beharrte Doshun erneut. »In der Schlucht jenseits des nördlichen Hügelkamms sind Soldaten. Wir haben ihr Lager gesehen …«
»Wie viele?« Wieder die junge Frau, die sich eine Autorität anmaßte, die ihr vielleicht nicht zustand. Möglicherweise rechnete sie sich Aufstiegschancen aus.
»Im Dunkeln waren wir uns nicht sicher. Mindestens zwei Dutzend. Wir waren schon auf dem Rückweg, um euch zu warnen, doch dann haben wir die hier gesehen …«
Und hatten versucht, Yu Shan zu töten – ohne Vorwarnung. Auf jeden, der nicht in den Bergen aufgewachsen war, hätte das schockierend wirken können. Hier war
es üblich – Clangewohnheit. Doch wenn diese jungen Leute versuchten, den Rebellen im Kampf Mann gegen Mann gegenüberzutreten, dann würden wohl die meisten von ihnen sterben. Dies war kein Clankrieg – es war nichts, was ihnen bisher begegnet war. Clankriege drehten sich nur um Gebietsansprüche, darum, Land zu erobern oder zu verteidigen. Hier ging es dagegen ums nackte Leben, und jene Soldaten waren das Töten seit Jahren gewohnt. Der Tod war beim Leben, Essen und Schlafen ihr ständiger Gefährte.
Jiao sagte: »Es ist jetzt zu spät, einen Angriff auf ihr Lager zu organisieren …«
»Das würden wir ohnehin nicht tun«, unterbrach die Frau sie. »In der Schlucht gibt es nichts, was wir wollen.«
Genau damit hatte Yu Shan gerechnet – und deshalb würden diese jungen Leute sterben. Jiao war mit ihrer Geduld am Ende: »Versteht ihr immer noch nicht? Sie werden herkommen und euch töten. Das ist alles. Es geht nicht um Land oder Jade. Ihr habt wahrscheinlich noch Zeit zu fliehen; wenn sie eure Fährte nicht mit unserer verwechseln, werden sie uns einfach weiter verfolgen, aber …«
»Sie werden uns nicht aus unserem Tal vertreiben.«
Auch das war unvermeidlich, eine Sturheit, die aus den Zwängen der Berge geboren war, in denen nur der Besitz, das Festhalten von Wert war. Der Reichtum eines Fischers besteht in seinem Boot; der eines Bergmanns in dem Boden, den er besitzt.
»Nun gut«, sagte Jiao. »Wir müssen darauf vorbereitet sein, sie zu empfangen, wenn sie kommen.«
Die junge Frau hieß Tantan. Sie war vielleicht nicht bereit, den Kaiser für echt zu halten, aber das konnte man ihr nicht zum Vorwurf machen; es war absurd, dass der Herr der Welt mit einer Handvoll ungleicher Gefährten durch die Hügel stromerte. Wahr, aber dennoch absurd.
Tantan war nur zu gern bereit, Jiao als das zu akzeptieren, was sie so offensichtlich war: eine fähige, kluge Kämpferin. Die beiden steckten die Köpfe zusammen und begannen, Befehle zu erteilen. Yu Shan war darüber so erleichtert, dass er kaum mitbekam, dass dies Befehle an den Kaiser mit einschloss – der lauschte, nickte und gehorchte. Jiao hatte ihr Leben auf Messers Schneide verbracht, und das zeigte sich nun. Was sie sagte, war sinnvoll, was sie verlangte, schien machbar. Yu Shan glaubte trotzdem, sie würden Glück haben müssen, aber es war ein Glück, das man erreichen konnte.
Während sie auf die Morgendämmerung warteten, fand er sich an Doshuns Seite wieder.
»Sag mir, wer ihr seid«, murmelte Yu Shan in die Dunkelheit hinein. »Ihr gehört zum Chao-Clan, das weiß ich« – das konnte man an ihren Kleidern und der Art, wie sie sie trugen, erkennen, auch an ihrem Körperschmuck und daran, wie sie ihr Haar flochten -, »aber das hier ist kein Chao-Gebiet.« Es war überhaupt kein gutes Gebiet für irgendeinen Clan, zu sehr am Rand gelegen und ohne Zugang zu irgendetwas. Das musste er nicht erst sagen. Er konnte spüren, wie dünn die Jade im Fels lag, nur ein schwaches, ersterbendes Flüstern.
»Nein.« Die richtige Antwort wäre Jetzt ist es das gewesen,
aber Doshun wand sich unbehaglich. »Wir … gehören nicht mehr zum Chao-Clan.«
»Wurdet ihr verbannt?« Der Gedanke war überaus schockierend. Natürlich war Yu Shan die Vorstellung an sich vertraut, man erzählte sich entsprechende Geschichten: große, mythische Tragödien, aus denen man Lehren ziehen konnte. Er hatte nie gehört, dass es wirklich geschehen war.
»Nein. Wir sind gegangen. Freiwillig.«
Das war noch etwas, wovon er noch nie gehört hatte. Natürlich war er selbst gegangen, aber nur, weil seine Familie ihn ausgeschickt hatte. Er fand, dass eine gewisse Ironie darin lag. Nur, dass er jetzt unerwartet zurück war und etwas Besseres mitbrachte als die Gunst des Kaisers, nämlich
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