Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains
Vielleicht hätte es sie nicht erschrecken sollen, auf etwas Weiches zu treten, das sich als heruntergefallenes Obst entpuppte, und dann gegen etwas Hartes zu stoßen, das im Weg stand – den Karren, von dem die Früchte gefallen waren -, und dann über etwas Nachgebendes, aber Festes zu stolpern, bei dem es sich um den Leichnam des Kärrners handelte.
Sie hatte ihren gehorsamen Rattenschwanz von Familie
verloren, konnte aber hören, wie zumindest ihre jugendliche Tochter und ihr Mann in den Schatten nach Obst tasteten, während die beiden kleinen Mädchen jammerten.
Ma Lin war auf allen vieren gelandet, als sie über den Kärrner gefallen war, und fand heraus, wie viel Blut ein Körper vergießen kann, das sich dann in stinkenden Pfützen zwischen den Pflastersteinen sammelt. Ihr Mund und ihre Nase waren voll davon – voll Blut und voll der übleren Gerüche seines Sterbens. Er war von der Kehle bis zum Unterleib aufgeschlitzt worden.
Sie hatte nichts als ihre Kleider, um sich die Hände abzuwischen. Ihre Hosen waren schon schmutzig, also benutzte sie sie, bevor ihr einfiel, dass die Hand ihrer kleinsten Tochter nicht in so etwas hineinfassen sollte. Sie brauchte diesen Klammergriff wieder, musste sie alle aufgereiht hinter sich spüren.
Sie flüsterte über ihre Schulter: »Lasst das liegen! Wie wollt ihr die Kleinen festhalten, wenn ihr die Hände voller Obst habt?«
»Wir brauchen Essen, Ma Lin.« Das war ihr Mann, der es besser hätte wissen sollen.
»Wir müssen beisammenbleiben«, sagte sie. »Und wie viel Obst kannst du essen, bevor deine Eingeweide sauer werden?«
»Besser sauer als leer«, sagte ihre Tochter. Wann war dieses Mädchen so groß geworden, dass es seiner Mutter Widerworte gab?
Die kleinen Mädchen mussten in Zaum gehalten werden; sie waren zu nahe an der Leiche, begannen sie sogar
durch den süßen Duft der zerquetschten Früchte zu riechen und stellten erste piepsige kleine Fragen. Und sie mussten beide Enden der Straße im Augen behalten, wo jegliche Bewegung alles bedeuten konnte, fliehende Nachbarn, kaiserliche Soldaten, Rebellensoldaten.
Wenn Ma Lin nicht schon den Kärrner dafür gehasst hätte, ausgerechnet hier und auf diese Weise gestorben zu sein, hätte sie vielleicht gleich noch die kaiserlichen Soldaten dafür hassen können, nicht einmal den Versuch zu unternehmen zu kämpfen, sich nicht die Mühe zu machen, die Stadt zu schützen. Dafür, dass sie sich an den Stränden und auf den Kaimauern drängten, jedes Boot beschlagnahmten, das es gab, und allen anderen die Gelegenheit zur Flucht nahmen. War es wirklich die Pflicht eines Soldaten, sein eigenes Leben zu retten und Schwächere sterben zu lassen?
Vielleicht war es das. Vielleicht war das die Lektion dieses Tages.
Aber endlich waren Tojo und Jin mit ihrer Beute zufrieden, und Ma Lin konnte wenigstens das Zerren der kleinen Mädchen an ihren Hosen spüren, als sie ihren Weg langsam fortsetzten.
Sie kamen zu einer Einmündung, an der die Straße auf eine andere traf, die den Hügel hinauf- und hinunterführte. Sie nannten sie Rotbachstraße, aufgrund der Farbe des Staubs, der das Regenwasser in der Taifunzeit färbte. Von heute an würden sie dafür vielleicht einen weiteren Grund haben. Die Pflastersteine fühlten sich unter ihren Füßen wirklich klebrig an, und die Luft war
geschwängert von dem, was hier geschehen war. Es war, wie in eine Wand aus Blut zu laufen. Und außerdem waren da die Leichen, die wie ein Wall quer über die Straße aufgehäuft waren, wie ein Damm, der die Rotbachstraße gänzlich sperren sollte.
Es waren, so hoffte sie, die Leichen von Rebellen, vielleicht die aller Rebellen, die so weit vorgedrungen waren. Vielleicht die Männer, die den Kärrner getötet hatten. Sie waren alle quer über den bergauf führenden Arm der Kreuzung gelegt worden, sodass alle, die herunterkamen, über ihre eigenen toten Kameraden würden klettern müssen. Gegenüber davon, am östlichen Arm, befand sich eine richtige Barrikade: umgestürzte Wagen, auf denen Möbel aufgeschichtet waren, alles, was schwer und im Wege sein konnte.
Hinter der Barrikade befanden sich Männer mit Speeren. Nein, sie hasste die Armee des Kaisers doch nicht, nicht zur Gänze, nicht diese Männer.
Es waren keine Männer aus der Stadt, nicht die Wachen des Gouverneurs oder die Söldner, die im Hafen die Lagerhäuser bewachten. Dies hier waren schlanke, harte Männer mit dem Staub Tausender von Straßen in den Augen, dem Schmutz
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