Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains
gegangen waren, lag am Ufer. Yen sagte: »Ich kann Euch übersetzen, wenn ihr bereit seid, die Klippen hinaufzuklettern. Es gibt einen Pfad dort.« Hatte zumindest einen gegeben. Das war lange her, aber eine Andeutung davon musste zwischen Felsen und Gebüsch noch vorhanden sein. Die Kleine würde ihn finden; vielleicht würde die Göttin ihn ihr zeigen, oder das Mondlicht. Vielleicht waren sie dasselbe.
2
W arum nennst du mich nie beim Namen?«
Manchmal stellte er wirklich dumme Fragen.
Manchmal nahm er sie gern in den Raum mit, den er den Thronsaal nannte, wenn der Rat nicht gerade dort zusammenkam. Es war der Audienzsaal des Herrenhauses, am ersten großen Hof gleich hinter dem Tor des Hauses gelegen, und in ihren Augen war er gewaltig, verschwenderisch, das großartigste Gebäude von Menschenhand, in dem sie je gewesen war. Natürlich hatten sie den Jadethron hier aufgestellt, natürlich war es sein Thronsaal. Aber die Eunuchen und Generäle und auch seine Mutter zuckten die Schultern, lächelten höhnisch und fanden andere Namen für den Raum, als ob es den Jadethron herabgesetzt hätte, in so einem bescheidenen, provinziellen Haus zu stehen.
Er saß gern auf dem Thron und redete. Nur sie beide in diesem gewaltigen, leeren, hohl widerhallenden Raum. Es machte sie nervös, aber deshalb brachte er sie nicht her. In seinen Augen war dies wirklich ein Witz: Der Thron sah zwischen diesen beengenden Wänden, unter diesem niedrigen und erniedrigenden Dach lächerlich
aus. Vielleicht gefiel es ihm, weil er sich so weniger großartig und damit menschlicher vorkam. Oder vielleicht, weil die Leute ihn hier in Ruhe ließen, weil sie den Thron fürchteten und achteten, auch wenn sie ihn selbst weder fürchteten noch achteten.
Sie fürchtete und achtete den Thron nicht, aber das lag an ihrem Unwissen, und das wusste sie. Es war ihr wieder und wieder erklärt worden.
Ihn hingegen konnte sie sowohl fürchten als auch achten. In gewissem Maße. Beides wurde dadurch ein wenig eingeschränkt, dass sie ihn im Bett hatte furzen hören. Aber sie konnte und wollte ihn dennoch nicht beim Namen nennen.
Sie saß – zunächst war das unbequem gewesen, aber sie gewöhnte sich langsam daran – auf einem kleinen, aus Elfenbein geschnitzten Hocker zu seinen Füßen und sagte: »Weil Ihr der Kaiser seid, Herr, und ich nur aus dem Volk stamme.« Sogar die Großen des Reichs nannten ihn nicht beim Namen. Sogar seine Mutter hätte das nicht tun sollen, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Mei Feng tat es nie, selbst wenn sie wusste, dass sie allein waren.
Er sagte: »Du verhältst dich nicht wie jemand aus dem Volk. Auch nicht wie eine Adlige.«
Sie legte den Kopf schief und lächelte zu ihm hoch. »Nein, Herr. Nicht, wenn Ihr meint, dass ich Euch Majestät nennen und mit dem Kopf auf den Boden schlagen soll. Ihr würdet nicht wollen, dass ich das tue.«
»Nein. Du könntest dir die Nase blutig stoßen.« Und er kniff sie sacht mit den Fingern in die Nase, nur um
sie noch einmal zum Lächeln zu bringen. Dann blieben die Finger dort, legten sich an ihre Wange; sie brummte und ließ zu, dass sie ihren Kopf an sein Bein führten, wo ihr Gesicht in die steife Seide seiner Roben gekuschelt liegen konnte.
Sie hatte ihn zunächst aus Unwissenheit Herr genannt. Jetzt tat sie es, weil es ihr gefiel und weil sie glaubte, dass es auch ihm gefiel.
Sein Name allerdings … Nein. Sie würde ihn nicht beim Namen nennen. Das würde jemand hören können.
Vielleicht nur hier nicht, wenn sie leise sprachen. Voll Argwohn sah sie die Dielen unter ihren Füßen finster an: altes Holz, dunkel gebeizte Bretter, so eng zusammengefügt, dass sie kaum sehen konnte, dass es tatsächlich Bretter waren. Kein sterbliches Geräusch konnte seinen Weg dort hindurchfinden. Nur für den Fall, dass es unfreundliche Geister abzuwehren galt, trommelte sie mit den Fersen auf den Boden. »Herr?«
Er seufzte fast, er lachte fast; er musste damit gerechnet haben. Es gehörte sich nicht, dem Kaiser Fragen zu stellen, und noch weniger, ihn um Gefallen zu bitten, und doch tat sie beides. Sie sprach mit ihm und erzählte ihm, was sie gehört hatte; und lauschte ihm, forderte ihn heraus, stritt sich mit ihm, wenn sie dachte, dass er unrecht hatte, schwach oder faul war. Sie konnte ihn keinen Feigling nennen, der Angst vor seiner Mutter hatte, oder zu träge, seinen Generälen die Stirn zu bieten; aber das konnte sie denken und konnte ihm zu verstehen geben, dass sie es
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