Geschöpfe Der Ewigkeit
töten. Sogar der gute alte Eddie Fender, vermutlich der größte Psychopath aller Zeiten, wäre gegen meine jetzigen Reflexe machtlos.
Dan grunzt. »Ich habe meinen Vater nie kennengelernt.«
Ich erkenne, daß er damit ausnahmsweise mal die Wahrheit sagt.
Am Ende des Blocks befindet sich ein Lagerhaus, ein schäbiges Gebäude, das dazu gebaut wurde, Unmengen schmutzige Ausrüstung und verschwitzte Arbeiter zu beherbergen. Dan zieht einen Schlüssel aus der Tasche, öffnet die Tür, und wir treten ein. Das Lagerhaus ist voll von Regalen mit Getriebeteilen, verschiedenen Bestandteilen diverser Maschinen. Es riecht nach Diesel. Nur ein schwaches gelbes Licht erhellt die Szene. Die Schatten scheinen sich zu verändern, als Dan sich mir zuwendet. Wenn er es wagt, nach seiner Waffe zu greifen, werde ich ihm meine Fußspitze ins Herz stoßen. Am besten sollte ich ihn sofort töten. Doch zuvor möchte ich noch wissen, warum er mich hergebracht hat – und wer der andere ist. Obwohl ich das Gebäude mit all meinen Sinnen durchforste, spüre ich nicht, daß eine weitere Person anwesend ist. Er betrachtet mich in dem schwachen Licht.
»Bist du wirklich Künstlerin?« fragt er. Seine Neugier ist echt – genauso wie seine Angst. Er wünscht sich, daß der andere endlich kommen möge, damit er selbst sich zurückziehen kann.
»Nein«, erkläre ich, »ich habe gelogen.«
Diese Bemerkung überrascht ihn.
Er denkt an seine Waffe – das winzige Etwas in seiner Tasche. Unsicher tritt er von einem Fuß auf den anderen.
»Was bist du dann?« fragt er.
»Ein Vampir.«
Er lächelt schief. »Ungelogen?«
»Ungelogen.« Während ich ihn noch immer anstarre, beginne ich ihn zu umkreisen. Er spürt meinen Blick – ich kann wahrhaft Feuer hineinlegen, den Druck förmlich sichtbar machen. Schweiß perlt über seine Stirn, während ich fortfahre. »Ich bin ein fünftausend Jahre alter Vampir. Und du bist ein Mörder.«
Er verzieht den Mund. »Wovon redest du überhaupt?«
»Von deiner kleinen, privaten Nebenbeschäftigung, Dan. Da ich ein Vampir bin, kann ich deine Gedanken lesen. Ich weiß, daß du zwei Mädchen getötet hast, daß du sie erwürgt und danach zur Stärkung erst mal ein großes Steak gegessen hast. Töten macht dich hungrig – vermutlich ist das einer der Gründe, warum du es tust. Bei mir ist es übrigens andersherum. Ich töte, um meinen Hunger zu stillen.« Ich strecke eine Hand aus und lege sie auf sein Hemd. »Im Augenblick überlege ich gerade, wie ich dich töten werde.«
Er wischt meine Hand beiseite.
Doch er greift noch immer nicht nach seiner Waffe. Irgend etwas scheint ihm zu sagen, daß dieser Griff Übles nach sich ziehen würde. »Du bist ja verrückt«, sagt er.
Ich lache sanft. »Das meinst du nicht wirklich, Dan. Irgend jemand hat dir gesagt, daß ich anders bin, deswegen überrascht dich das, was ich sage, nicht so sehr. Ich möchte wissen, wer dieser Jemand ist. Wenn du es mir jetzt direkt sagst, und zwar alles, was du weißt, lasse ich dich möglicherweise am Leben.«
Erneut strecke ich die Hand aus. Diesmal berühre ich sein linkes Ohr, doch bevor es ihm noch gelingt, meine Hand wegzuschieben, zwicke ich es. So fest, daß es ihm sichtlich weh tut. »Sprich«, fordere ich mit sanfter Stimme.
»Aufhören!« bittet er, während ich ihn durch einen festeren Griff zwinge, sich vorzubeugen.
»Nur eine leichte Drehung meiner Hand«, flüstere ich, »und dein Ohr wird nicht mehr am Kopf angewachsen sein. Ich bin ziemlich stark. Also sprich mit mir, solange du kannst. Wen soll ich hier treffen?«
»Ich weiß nicht!« Er stöhnt auf, als ich an seinem Ohr ziehe. »Ich weiß nicht!«
»Dann sag mir, was du weißt!«
Er ringt nach Luft. »Sie ist irgendein Mädchen, das ich kenne. Sie kam zu mir, nachdem ich den ersten Mord begangen hatte, und sagte mir, daß ich für sie arbeiten könne. Sie gab mir Geld. Bitte, du tust mir weh! Laß mich los!«
Ich schüttele ihn hin und her. »Was ist so besonders an ihr? Warum hast du nicht einfach ihr Geld genommen und sie getötet?«
An seiner linken Wange läuft Blut herunter. Sein Ohrläppchen ist bereits ein Stück eingerissen. Er versucht sich aufzurichten, aber ich zwinge ihn erneut nieder.
»Ihre Augen!« schreit er. »Sie hat so merkwürdige Augen!«
Ich zögere und lasse ihn dann los. Mittlerweile blutet er stark.
»Was ist so merkwürdig an ihren Augen?« frage ich ruhig.
Er legt die Hand über sein Ohr und keucht heftig. »Sie sind wie
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