Geschöpfe Der Ewigkeit
ich sehr liebe, und Gott hat unser Glück mit einer schönen Tochter gekrönt. Wir alle sind gesund und haben genug zu essen. Ich weiß nicht, wie ich noch glücklicher sein sollte, als ich es jetzt bin.«
Er nickt kurz und erhebt sich. »Dann werde ich mich verabschieden, Sita.«
Ich springe auf. »Ihr seid den ganzen Weg nur gekommen, um zu sehen, ob ich glücklich bin?«
»Ja.« Seine Augen blicken freundlich, als er mich ein letztesmal ansieht.
»Allein dein Glück ist mir wichtig. Vergiß das nicht, Sita.«
Damit geht er davon, und ich sehe ihn nie wieder.
Aber ich vergesse ihn niemals. Krishna.
Epilog
Seymour Dorsten saß in seinem Schlafzimmer vor dem Computer und starrte auf den Bildschirm. Es war schon sehr spät, eigentlich früh, kurz vor der Morgendämmerung, und er hatte mal wieder fast die ganze Nacht geschrieben.
Während der letzten sechs Monate hatte er das fast jede Nacht getan. Aber es machte ihm nichts aus, wenig zu schlafen. Tagsüber hatte er genug Zeit dafür.
Da seine Aids-Erkrankung in einem fortgeschrittenen Stadium war, ging er nicht mehr zur Schule und auch nicht mehr aus dem Haus. Sein Arzt glaubte nicht daran, daß er dieses Jahr überleben würde, und es war bereits kurz vor Weihnachten. Doch die Tragödie seines frühen Sterbens schreckte ihn nicht mehr, zumindest im Augenblick nicht. Wie die Heldin in seiner Phantasie, so war auch er glücklich, endlich am Zielpunkt angekommen zu sein.
Er hatte die Geschichte beendet. Ihre Geschichte.
Die Geschichte von Alisa Perne, seiner Sita. Der letzten Vampirin.
Seymour hatte das Gefühl, als habe er sie an alle Orte ihrer Abenteuer geführt, aber gleichzeitig wußte er, daß sie ihn auf ihre Abenteuer mitgenommen hatte.
Ihn zu den Höhenflügen seiner Vorstellungskraft geführt hatte, die er allein seiner Krankheit zu verdanken hatte. Die ständige Verschlechterung seines körperlichen Zustandes war seine Muse gewesen. Alisa, seine Heldin, hatte niemals gesagt, wem sie ihre Gedanken übermittelte, aber er wußte, daß er es war, immer gewesen war. Dabei hatte er sie unsterblich gemacht und zur gleichen Zeit auch sich selbst, so daß er seinen Tod nun nicht mehr zu fürchten brauchte. Er wußte, daß auch sie kurz vor ihrem Ende keine Angst gehabt hatte und daß sie einzig bedauerte, sich nicht von ihm verabschiedet zu haben.
Seymour beugte sich vor und schaltete den Rechner aus.
Draußen vor seinem Fenster war ein Geräusch zu hören.
Er blickte nach draußen. So schnell wie immer.
Aber es war nichts. Irgendeine Katze oder der Wind vermutlich.
Doch Geräusche wie dieses, spät in der Nacht, ließen ihn stets an sie denken.
Die alterslose Sita, die durch das Fenster zu ihm kommt, um ihm ihr magisches Blut zu schenken. Ihn vor seiner Krankheit zu retten. Aber sie hatte das einzige Schicksal gewählt, das ihrer würdig war. Sie hatte beschlossen, einfach zu verschwinden, nur noch in seinem Herzen zu existieren.
Seymour hustete schwach und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
Eigentlich hätte er längst im Krankenhaus sein sollen. Seine Lungen waren voll Wasser, und er konnte nicht ohne Schmerzen atmen. Doch es war immer noch besser, zu Hause vor seinem Computer zu sitzen und seine Geschichte zu schreiben. Alles, was er sich wünschte, war, daß sein Herz ewig für sie schlagen würde.
Er würde sie vermissen. Ja, das würde er.
»Auf Wiedersehen, Sita«, sagte er zu dem erloschenen Bildschirm.
Von nun an würde er sich sehr allein fühlen.
ENDE
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Cover
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10.Kapitel
11.Kapitel
12.Kapitel
13.Kapitel
14.Kapitel
15.Kapitel
16.Kapitel
17.Kapitel
Epilog
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