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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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langsamer, als ich mir in Erinnerung rief, daß es sich nur um Affen handelte. Keine Raubtiere. Pflanzenfresser, die Früchte, Beeren und Nüsse bevorzugten. Angehörige einer friedlichen Gattung.
    Plötzlich blitzte perverserweise vor meinem geistigen Auge Angelas totes Gesicht auf. Mir wurde auf einmal klar, was ich in meinem Schock und Schmerz nicht bewußt zur Kenntnis genommen hatte, als ich ihre Leiche entdeckte. Ihr Hals schien wiederholt von einem unscharfen Brotmesser aufgeschlitzt worden zu sein; die Wunde war unregelmäßig, gezackt gewesen. Aber in Wirklichkeit war ihre Kehle gar nicht durchgeschnitten worden: sie war durchgebissen, zerfetzt, zernagt worden. Nun konnte ich die schreckliche Wunde deutlicher sehen, als ich sie damals, als ich auf der Schwelle des Badezimmers stand, hatte sehen wollen.
    Überdies erinnerte ich mich nun undeutlich an andere Spuren, Verletzungen, die zu betrachten ich damals nicht den Mut gefunden hatte. Bleigraue Bißspuren auf ihren Händen. Vielleicht sogar eine im Gesicht.
    Affen. Aber keine gewöhnlichen Affen.
    Das Vorgehen der Mörder in Angelas Haus – die Sache mit den Puppen, das Versteckspiel – war mir wie die Umtriebe geistesgestörter Kinder vorgekommen. Mehr als nur einer dieser Affen muß in diesen Räumen gewesen sein: Sie waren so klein, daß sie sich an Orten verstecken konnten, an denen ein Mensch sich nicht verbergen kann, und so unmenschlich schnell, daß sie mir wie Geister vorgekommen waren.
    Ein weiterer Schrei erklang in der Nebelnacht und wurde von einem leisen Heulen von zwei verschiedenen Stellen beantwortet.
    Orson und ich gingen schnell weiter, aber ich widerstand dem Drang, einfach loszurennen. Wäre ich gelaufen, hätte man meine Hast – zu Recht – als ein Zeichen von Furcht interpretieren können. Für ein Raubtier deutet Furcht auf Schwäche hin. Wenn sie irgendeine Schwäche wahrnahmen, würden sie vielleicht angreifen.
    Ich hatte ja die Glock, die ich so fest gepackt hielt, daß die Waffe mit meiner Hand verschmolzen zu sein schien. Aber ich wußte nicht, aus wie vielen dieser Geschöpfe dieser Trupp bestand: vielleicht nur aus drei oder vier, vielleicht zehn, vielleicht noch mehr. Wenn man bedachte, daß ich noch nie mit einer Pistole geschossen hatte – von der einen Ausnahme an diesem Abend einmal abgesehen, und dieser Schuß hatte sich eher zufällig gelöst – würde ich wohl kaum alle dieser Ungetüme zur Strecke bringen können, bevor sie mich überwältigten.
    Obwohl ich meiner fiebrigen Phantasie kein so düsteres Material zur Verfügung stellen wollte, das sie noch steigern könnte, fragte ich mich unwillkürlich, wie die Zähne eines Rhesusaffen wohl aussahen. Alles stumpfe Backenzähne? Nein. Selbst Pflanzenfresser – vorausgesetzt, daß es sich bei einem Rhesusaffen tatsächlich darum handelte – mußten Obst- und Nußschalen und Hülsenfrüchte zerbeißen können. Sie hatten auf jeden Fall Schneidezähne, vielleicht sogar scharfe Eckzähne, genau wie Menschen. Dieser Trupp hatte wahrscheinlich Angela getötet, aber Rhesusaffen sind doch eigentlich keine Raubtiere; daher verfügten sie wohl auch kaum über Fangzähne. Obwohl gewisse Affenarten Fangzähne haben. Paviane besitzen gewaltige, furchterregende Zähne. Auf jeden Fall war die Beißkraft von Rhesusaffen unstrittig, denn mit welchen Zähnen auch immer die Natur sie ausgestattet hatte, diese Exemplare hier waren durchaus imstande gewesen, Angela Ferryman schnell und brutal zu töten.
    Ich hörte oder spürte die Bewegung ein, zwei Meter rechts von mir im Nebel, noch ehe ich sie sah. Dann erhaschte ich eine dunkle, unbestimmte Gestalt dicht über dem Boden, die schnell und leise auf mich zulief.
    Ich fuhr herum. Das Geschöpf streifte mein Bein und verschwand im Nebel, bevor ich es deutlich erkennen konnte.
    Orson knurrte, aber so zurückhaltend, als wollte er ein anderes Wesen nur warnen, ohne es zum Kampf herauszufordern. Er schaute zu der wogenden Wand aus grauem Nebel hinüber, die auf der anderen Seite des Fahrrads durch die Dunkelheit trieb, und wäre es heller gewesen, hätte ich wohl sehen können, daß sich nicht nur seine Nackenhaare sträubten, sondern sämtliche Haare auf seinem Rücken steil aufgerichtet waren.
    Ich schaute zum Boden hinab und erwartete halbwegs, die leuchtenden, dunkelgelben Augen zu sehen, von denen Angela gesprochen hatte. Die Gestalt, die plötzlich undeutlich im Nebel auszumachen war, war jedoch fast so groß wie ich. Vielleicht

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