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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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hatte. Eine Kabinentür schloß sich leise; mit einem lauteren Geräusch wurde ein Riegel vorgelegt.

24
    Um die ächzende Nostromo herum brodelte der Nebel in Zeitlupe. Alptraumhafte Gestalten schienen sich in ihm zu bilden, aufzurichten und wieder aufzulösen.
    Angeregt von Roosevelt Frosts letzter Enthüllung, nahmen schlimmere Dinge als Nebelungeheuer im Dunst in meinem Geist Gestalt an, aber ich wollte mich nicht mit ihnen befassen, um zu vermeiden, ihnen dadurch eine größere Festigkeit zu verleihen. Vielleicht hatte er recht. Erführe ich alles, was ich wissen wollte, würde ich mir vielleicht wünschen, die Wahrheit niemals erfahren zu haben.
    Bobby behauptet, daß die Wahrheit süß, aber gefährlich ist. Er meint, die Menschen könnten es nicht ertragen, weiterzuleben, wenn sie jede nackte Wahrheit über sich selbst erfahren müßten.
    In diesem Fall, erwidere ich darauf immer, würde er nie Selbstmord begehen.
    Als Orson über die Gangway vorauslief, dachte ich über meine Möglichkeiten nach und versuchte zu entscheiden, wohin ich jetzt gehen und was ich tun sollte. Eine Sirene sang, und nur ich konnte ihr gefährliches Lied hören; obwohl ich Angst davor hatte, auf den Felsen der Wahrheit zu zerschellen, konnte ich dieser hypnotischen Melodie nicht widerstehen.
    »Also«, sagte ich zu meinem Hund, als wir das Ende der Gangway erreichten, »ich höre jederzeit zu, falls du mir das alles erklären willst.«
    Selbst wenn Orson mir hätte antworten können, schien er nicht besonders redselig zu sein.
    Mein Fahrrad lehnte noch am Piergeländer. Die Plastikgriffe der Lenkstange waren kalt und glitschig, naß vom Nebelniederschlag.
    Hinter uns sprang der Motor der Nostromo an. Als ich zurückschaute, sah ich, wie die Betriebslichter des Schiffes diffuser und von nebligen Höfen umgeben wurden.
    Ich konnte Roosevelt nicht im Ruderhaus sehen, wußte aber, daß er dort war. Obwohl nur noch ein paar Stunden Dunkelheit blieben, fuhr er sein Schiff trotz der schlechten Sicht zu der Ankerstelle hinaus.
    Während ich mein Rad zwischen den sanft schaukelnden Schiffen durch den Jachthafen landeinwärts schob, schaute ich ein paar Mal zurück, ob ich Rumpelmauser im schwachen Licht der Pierlampen ausmachen konnte. Falls er uns folgte, machte er das diskret. Ich vermutete, daß der Kater noch an Bord der Nostromo war.
    … daß die meisten von denen dich verehren… das hat damit zu tun, wer deine Mutter war.
    Als wir nach rechts auf den Hauptpier abbogen und zum Eingang des Jachthafens gingen, hob sich ein übler Gestank vom Wasser. Offensichtlich hatte die Flut einen toten Kalmar oder Fregattvogel oder Fisch zwischen das Pfahlwerk gespült. Der verrottende Kadaver mußte sich über der Wasserlinie in den gezackten Ranken der Muscheln verfangen haben, die die Betonpontons verkrusteten. Der Gestank wurde so durchdringend, daß die feuchte Luft nicht nur danach roch, sondern völlig gesättigt davon zu sein schien, so widerwärtig wie die Suppe vom Eßtisch des Teufels. Ich hielt den Atem an und kniff den Mund fest zu, um mich vor dem ekelerregenden Geschmack zu schützen, der auf den Nebel übertragen worden war.
    Das Grollen des Motors der Nostromo war leiser geworden, während das Schiff sich seiner Ankerstelle näherte. Nun klang das gedämpfte rhythmische Hämmern, das über das Wasser kam, überhaupt nicht mehr wie Motorenlärm, sondern wie der beunruhigende Herzschlag eines Leviathans, als würde ein Ungeheuer aus der Tiefe im Jachthafen auftauchen, alle Schiffe versenken, den Pier zertrümmern und uns in ein kaltes, nasses Grab stürzen.
    Als wir die Mitte des Hauptpiers erreicht hatten, schaute ich zurück und sah weder die Katze noch einen furchterregenderen Verfolger.
    Trotzdem sagte ich zu Orson: »Verdammt, aber es fühlt sich allmählich tatsächlich wie das Ende der Welt an.«
    Er bellte zustimmend, als wir den Gestank des Todes hinter uns ließen und zum Leuchten der malerischen Schiffslaternen gingen, die am Eingang des Hauptpiers auf massive Teakholzpilaster montiert waren.
    Lewis Stevenson, der Polizeichef, noch in Uniform, wie ich ihn früher in dieser Nacht gesehen hatte, trat aus einem fast flüssigen Halbdunkel neben dem Büro des Jachthafens ins Licht. »Ich bin in einer ganz bestimmten Stimmung«, sagte er.
    Als er aus dem Schatten trat, war einen Augenblick lang etwas an ihm so seltsam, daß sich ein Frösteln wie mit einem Korkenzieher in mein Rückgrat bohrte. Doch was auch immer ich gesehen –

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