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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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gehört. Aber wie es der Natur von Glück und Zeit entsprach, würde ich früher oder später sowohl dieses als auch jenes nicht mehr haben, und obwohl sich in meiner Uhr ein Mikrochip und keine Triebfeder befand, hätte ich jederzeit geschworen, das Ticken der Zeit schon hören zu können.
    Orson war ebenfalls nervös und schnüffelte energisch nach Affen oder auch einer anderen Bedrohung.
    Ich eilte zum Streifenwagen zurück und drückte auf den Knopf des Kofferraumdeckels. Wie ich befürchtet hatte, war er abgeschlossen.
    Tick, tick, tick.
    Ich riß mich zusammen und kehrte zur offenen Vordertür zurück. Ich atmete tief ein, hielt die Luft an und beugte mich in den Wagen.
    Stevenson saß verdreht auf seinem Sitz, den Kopf gegen den Türrahmen zurückgeworfen. Sein Mund bildete ein stummes Keuchen der Ekstase, und seine Zähne waren blutig, als hätte er sich seinen Traum erfüllt und junge Mädchen gebissen.
    Ein schwacher Luftzug trieb einen Nebelfetzen durch die zersplitterte Scheibe auf mich zu, als sei er Dampf, der von dem noch warmen Blut aufstieg, das die Brust der Uniform des Toten befleckte.
    Ich mußte mich tiefer hineinbeugen, als ich eh schon befürchtet hatte, und ein Knie auf den Beifahrersitz abstützen, um den Motor auszuschalten.
    Stevensons olivenschwarze Augen waren geöffnet. Kein Leben oder unnatürliches Licht schimmerte mehr in ihnen, und doch rechnete ich halbwegs damit, daß sie blinzelten, ihr Blick sich konzentrierte und auf mich richtete.
    Bevor die feuchtkalte, graue Hand des Chiefs nach mir greifen und an mir zerren konnte, zog ich den Schlüssel aus dem Zündschloß, zwängte mich rückwärts aus dem Wagen und atmete endlich explosiv aus.
    Im Kofferraum fand ich, wie ich es erwartet hatte, einen großen Erstehilfekasten. Ich entnahm ihm eine dicke Rolle Gazeverband und eine Schere.
    Während Orson immer wieder um den Streifenwagen patrouillierte und eifrig schnüffelte, rollte ich den Verband auf und legte ihn immer wieder zusammen, bis ich mehrere anderthalb Meter lange Stücke erhielt, die ich dann mit der Schere abschnitt. Ich drehte die Stränge fest zusammen und verknotete sie dann oben, in der Mitte und am unteren Ende. Nachdem ich diese Übung wiederholt hatte, verknotete ich auch die beiden auf diese Weise erhaltenen großen Stränge und bekam so eine Zündschnur von etwa drei Metern Länge.
    Tick, tick, tick.
    Ich rollte die Schnur auf dem Bürgersteig aus, öffnete die Tankklappe in der Seite des Wagens und schraubte den Verschluß ab. Benzindämpfe zogen aus dem Tankstutzen heraus.
    Am Kofferraum legte ich die Schere und den Rest des Verbandzeugs in den Erstehilfekasten zurück. Ich schloß den Deckel des Kastens und dann den Kofferraum.
    Der Parkplatz war noch immer verlassen. Die einzigen Geräusche waren die Nebeltropfen, die von dem Lorbeerbaum auf den Streifenwagen fielen, und das leise, unaufhörliche Tapsen der Pfoten meines besorgten Hundes.
    Obwohl es einen weiteren Besuch bei Lewis Stevensons Leiche bedeutete, steckte ich den Schlüssel wieder in die Zündung. Ich hatte nicht wenige Folgen der beliebtesten Krimiserien im Fernsehen angeschaut und wußte, wie leicht ein einfallsreicher Detective der Mordkommission selbst den gerissensten Verbrecher zum Stolpern bringen konnte. Oder eine erfolgreiche Krimiautorin, die als Hobby echte Mordfälle aufklärte. Oder eine alte Jungfer von Lehrerin im Ruhestand. All das zwischen dem Titelvorspann am Anfang und dem letzten Werbespot für Intimdeo am Schluß. Ich hatte vor, ihnen  – sowohl den Profis als auch den Hobbydetektiven, die sich immer in alles einmischen mußten – verdammt wenig Spuren zu liefern.
    Der Tote rülpste mich an, als tief in seiner Speiseröhre eine Gasblase platzte. »Rennie«, empfahl ich ihm, womit ich gleichzeitig – wenn auch erfolglos – versuchte, mich aufzuheitern.
    Ich fand auf dem Vordersitz keine der vier ausgeworfenen Messingpatronen. Trotz den Legionen von Amateurschnüfflern, die darauf warteten, sich auf ihre Opfer zu stürzen, und der Befürchtung, daß die Hülsen ihnen helfen könnten, die Mordwaffe zu identifizieren, brachte ich nicht den Mumm auf, den Boden abzusuchen, besonders nicht unter Stevensons Beinen.
    Selbst wenn ich alle Patronen gefunden hätte, eine Kugel steckte noch immer in seiner Brust. Wenn dieses Stück Blei nicht allzusehr gestaucht worden war, würde es Rillen aufweisen, die man eindeutig dem Lauf meiner Pistole zuordnen konnte, doch nicht einmal die

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