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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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jeden Kojoten und jede Hauskatze vergiften – und dann wahrscheinlich ein paar Atombomben abwerfen, um ganz sicher zu gehen. Obwohl das alles umsonst wäre, denn die Seuche hat sich schon längst weit über unsere Stadt hinaus ausgebreitet, bis zum anderen Ende des Kontinents und darüber hinaus. Wir sind die ursprüngliche Quelle, und die Auswirkungen sind hier offensichtlicher, und hier geht alles viel schneller, aber jetzt wird sie sich auch ohne uns ausbreiten. Also will keiner von uns einfach so sterben, nur damit der Abschaum von Politikern behaupten kann, irgend etwas unternommen zu haben.«
    Als ich die Augen wieder öffnete, stellte ich fest, daß er die Pistole gehoben und auf mich gerichtet hatte. Die Mündung war keinen halben Meter von meinem Gesicht entfernt. Nun bestand mein einziger Vorteil noch darin, daß er nichts von meiner Glock wußte, aber dieser Vorteil würde mir nur etwas nützen, wenn ich als erster abdrückte.
    Obwohl ich wußte, daß es sinnlos war, versuchte ich, mit ihm zu diskutieren – vielleicht auch, weil das die einzige Möglichkeit war, wie ich mich von dem ablenken konnte, was er über meine Mutter enthüllt hatte. »Um Gottes willen, hören Sie doch, vor ein paar Minuten haben Sie gesagt, Ihr Leben hätte sowieso keinen Sinn mehr. Was auch immer hier geschieht… wenn wir vielleicht Hilfe holen können…«
    »Ich war in einer Stimmung «, unterbrach er mich scharf. »Hast du mir nicht zugehört, Mißgeburt? Ich hab doch gesagt, daß ich in einer ganz bestimmten Stimmung war. Eine richtig fiese Stimmung. Aber jetzt bin ich in einer ganz anderen. Einer viel besseren. Ich bin in der Stimmung, all das zu sein, was ich sein kann, das, zu dem ich werde, willkommen zu heißen, statt ihm Widerstand zu leisten. Veränderung, kleiner Junge. Nur darum geht es nämlich. Veränderung, ruhmreiche Veränderung, alles verändert sich, immer und ewig, Veränderung. Diese neue Welt, die bald kommt – sie wird überwältigend sein.«
    »Aber wir können doch nicht…«
    »Würdest du dein Geheimnis lösen und es der Welt verraten, würdest du nur dein eigenes Todesurteil unterschreiben.
    Du würdest deine knackige kleine Diskjockey-Hure und all deine Freunde umbringen. Und jetzt raus aus dem Wagen. Steig auf dein Fahrrad und schaff deinen mageren Arsch nach Hause. Begrabe die Asche, die Sandy Kirk dir geben wird. Und wenn du nicht damit leben kannst, nicht mehr zu wissen, wenn die Neugier dich so richtig treibt, dann gehst du einfach ein paar Tage lang an den Strand und sonnst dich so richtig, läßt dich so richtig schön bräunen.«
    Ich konnte nicht glauben, daß er mich einfach so gehen lassen wollte.
    Dann sagte er: »Der Hund bleibt hier.«
    »Nein.«
    Er winkte mit der Pistole. »Raus.«
    »Der Hund gehört mir.«
    »Der Hund gehört niemandem. Und ich lasse nicht mit mir diskutieren.«
    »Was haben Sie mit ihm vor?«
    »Eine Lektion für dich.«
    »Was?«
    »Ich fahre mit ihm zur Garage der Stadtverwaltung. Da steht so eine Holzzerkleinerungsmaschine, mit der man Äste und Zweige schreddert.«
    »Kommt nicht in Frage.«
    »Ich schieße dem Köter eine Kugel in den Kopf…«
    »Nein.«
    »… werfe ihn in den Schredder…«
    »Lassen Sie ihn aussteigen.«
    »… und packe den Matsch, der am anderen Ende rauskommt, in eine Tüte und lege sie vor deine Haustür, damit du unser kleines Gespräch nicht vergißt.«
    Ich starrte Stevenson an und wußte plötzlich, daß er sich nicht nur verändert hatte. Er war überhaupt nicht mehr derselbe. Er war ein neuer Mensch. Oder besser gesagt etwas ganz Neues, das aus dem alten Lewis Stevenson entstanden war, wie ein Schmetterling aus einer Puppe entsteht, nur daß dieser Prozeß diesmal auf schreckliche Art und Weise genau umgekehrt verlaufen war: Der Schmetterling war in die Puppe gekrochen, und zum Vorschein gekommen war ein Wurm. Die alptraumhafte Metamorphose vollzog sich wohl schon seit geraumer Weile, hatte aber vor meinen Augen ihren Höhepunkt erreicht. Der letzte Rest des ehemaligen Polizeichefs war endgültig verschwunden, und die Person, die ich nun Auge in Auge herausforderte, wurde völlig von Bedürfnissen und Trieben gelenkt, hatte kein Gewissen mehr, war nicht einmal mehr zu einem Schluchzen fähig, wie sie noch vor ein paar Minuten geschluchzt hatte, und das tödlichste Geschöpf überhaupt auf dem Antlitz der Erde.
    Falls er tatsächlich eine im Labor erzeugte Infektion in sich trug, die solch eine Veränderung bewirken konnte…

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