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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Father Tom schrie auf und ließ den Baseballschläger fallen, während er zu Boden ging.
    Einen Moment lang war ich fassungslos, daß der Andere so ganz und gar nicht einem Rhesusaffen ähnelte und daß er Father Tom angriff, seinen Pfleger und Helfer, statt mir die Kehle herauszureißen. Aber das große, dunkle, schnaubende Raubtier war natürlich nicht der Andere, sondern Orson.
    Der Hund stand auf dem Rücken des Priesters und zerrte am Kragen des Jogginganzugs. Stoff zerriß. Orson schnaubte so wütend, daß ich schon befürchtete, er würde Father Tom tatsächlich den Garaus machen.
    Während ich mich aufrappelte, rief ich ihn zurück. Der Hund gehorchte sofort, ohne den Priester verletzt zu haben. Er war also keineswegs so blutdürstig, wie er getan hatte.
    Der Priester machte keine Anstalten, sich zu erheben. Er blieb auf dem Bauch liegen, den Kopf zur Seite gedreht, das Gesicht halb von zerzaustem, schweißnassen Haar bedeckt. Er atmete schwer und schluchzte, und nach jedem dritten oder vierten Atemzug sagte er verbittert: »Du…«
    Offensichtlich wußte er hinreichend über das Bescheid, was in Fort Wyvern und Moonlight Bay geschah, um viele, wenn nicht sogar alle meiner dringendsten Fragen zu beantworten. Aber ich wollte nicht mit ihm sprechen. Ich konnte nicht mit ihm sprechen.
    Der Andere hatte das Pfarrhaus vielleicht noch nicht verlassen, hielt sich unter Umständen sogar noch hier in den schattigen Kreuzgängen des Dachbodens auf. Ich glaubte zwar nicht, daß er eine ernsthafte Gefahr für mich und Orson darstellte, besonders nicht, da ich die Glock hatte, aber ich hatte ihn ja noch nicht zu Gesicht bekommen und konnte daher nicht ausschließen, daß er eine Bedrohung für uns war. Ich wollte ihn nicht in diesem klaustrophobisch engen Raum verfolgen – oder von ihm verfolgt werden.
    Natürlich war der Andere lediglich eine Ausrede, aus dem Pfarrhaus zu fliehen.
    In Wirklichkeit fürchtete ich mich vor den Antworten, die Father Tom mir vielleicht geben würde. Ich hatte erst geglaubt, ich wollte sie unbedingt hören, aber offensichtlich war ich noch nicht bereit für gewisse Wahrheiten.
    Du.
    Er hatte dieses eine Wort mit brodelndem Haß gesprochen, mit einer ungewöhnlich düsteren Gefühlsregung für einen Mann Gottes, aber auch für einen Menschen, der normalerweise sanft und freundlich war. Er wandelte das schlichte Pronomen in eine Beschuldigung und einen Fluch um.
    Du.
    Aber ich hatte doch nichts getan, was mir seine Feindschaft hätte einbringen können. Ich hatte den bemitleidenswerten Geschöpfen, deren Befreiung er sich verschrieben hatte, nicht das Leben geschenkt. Ich hatte nicht an dem Programm in Fort Wyvern mitgewirkt, das seine Schwester und möglicherweise auch ihn infiziert hatte. Was bedeutete, daß er mich nicht als Person haßte, sondern wegen dessen, wer ich war.
    Aber wer war ich denn?
    Wer, wenn nicht der Sohn meiner Mutter?
    Roosevelt Frost – und sogar Chief Stevenson – zufolge gab es wohl tatsächlich einige, die mich verehrten, weil ich der Sohn meiner Mutter war, obwohl ich ihnen selbst noch nicht begegnet war. Und wegen derselben Abstammung haßten mich andere.
    Christopher Nicholas Snow, einziges Kind von Wisteria Jane (Milbury) Snow, deren Mutter sie nach einer Blume genannt hatte; eine Wisteria, auch als Glyzine bekannt. Christopher, Sohn der Wisteria, am Anfang des Discojahrzehnts auf diese viel zu helle Welt gekommen. In eine Zeit der geschmacklosen Modetrends und des frivolen Strebens geboren, in der das Land sich eilig aus einem Krieg zurückzog und die schlimmsten Ängste lediglich einem nuklearen Holocaust galten.
    Was hatte meine wunderbare und liebevolle Mutter nur getan, daß ich ihretwegen verehrt, aber auch geschmäht wurde?
    Father Tom, der auf den Dielenbrettern lag und von Gefühlsregungen geschüttelt wurde, kannte die Antwort auf dieses Geheimnis und würde sie mir mit großer Wahrscheinlichkeit auch verraten, sobald er seine Fassung wiedergewonnen hatte.
    Statt jedoch die Frage zu stellen, die im Mittelpunkt all der Geschehnisse dieser Nacht stand, entschuldigte ich mich unsicher bei dem schluchzenden Priester. »Es tut mir leid. Ich… ich hätte nicht herkommen sollen. Mein Gott. Hören Sie, es tut mir so leid. Bitte verzeihen Sie mir. Bitte.«
    Was hatte meine Mutter getan?
    Frag nicht.
    Frag nicht.
    Hätte er jetzt angefangen, meine unausgesprochenen Fragen zu beantworten, hätte ich mir die Hände auf die Ohren gedrückt.
    Ich rief Orson zu mir

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