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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sofort ab. Auf diese Entfernung konnte ich nicht feststellen, ob Manuel den Glatzkopf kannte, aber er schien sich nur an den Chief zu wenden.
    Ich konnte einfach nicht glauben, daß Manuel – der liebe Sohn von Rosalina, trauernder Witwer von Carmelita, liebender Vater von Toby – irgend etwas mit Vorgängen zu tun hatte, zu denen Mord und Grabraub gehörten. Wir kennen nicht viele der Menschen in unserem Leben, können sie nicht kennen, jedenfalls nicht richtig, ganz gleich, wie tief wir in sie hineinzuschauen scheinen. Die meisten sind unergründliche Teiche mit unendlichen Schichten schwebender Partikel, die in ihren tiefsten Tiefen von seltsamen Strömungen aufgewühlt werden.
    Ich war jedenfalls nicht bereit, sein Leben aufs Spiel zu setzen, und falls ich ihm zugerufen hätte, er solle gemeinsam mit mir den Laderaum des weißen Ford durchsuchen, hätte ich vielleicht nicht nur mein, sondern auch sein Todesurteil unterzeichnet. Eigentlich war ich mir dessen sogar sicher.
    Abrupt wandten Stevenson und der Glatzkopf sich von Manuel ab und suchten den Parkplatz mit Blicken ab. Da wußte ich, daß er ihnen von meinem Anruf erzählt hatte.
    Ich ging in die Hocke, wich tiefer in das Halbdunkel zwischen dem Lieferwagen und dem Laster vom Wasserwerk zurück und versuchte, das Nummernschild zu entziffern.
    Obwohl ich normalerweise unter zu viel Licht leide, wurde ich diesmal durch zu wenig behindert. Hektisch zog ich die sieben Ziffern und Buchstaben mit den Fingerspitzen nach. Ich konnte sie auf diese Weise allerdings nicht lesen, geschweige denn, mir einprägen, jedenfalls nicht schnell genug, um einer Entdeckung zu entgehen.
    Ich wußte, daß der Glatzkopf, wenn nicht sogar Stevenson, zum Ford kam. Sich bereits in Bewegung gesetzt hatte. Der Kahlkopf, der Schlächter, der Leichenhändler, der Augendieb.
    Geduckt zog ich mich auf dem Weg zurück, den ich gekommen war, zwischen den abgestellten Lastern und Autos zur Gasse hinüber. Dort benutzte ich Reihen von Mülleimern als Deckung, kroch fast auf allen vieren zu einem Müllwagen und daran vorbei, um eine Ecke herum, in die nächste Gasse, außer Sicht des Rathauses, erhob mich dann zu voller Größe und lief los, so flink wie die Katze. Ich glitt wie eine Eule dahin, ein Geschöpf der Nacht, und fragte mich, ob ich vor Anbruch der Morgendämmerung einen sicheren Unterschlupf finden oder dann noch unter freiem Himmel unterwegs sein würde, um mich unter der heißen, aufgehenden Sonne zusammenzurollen und zu verkohlen.

10
    Ich ging davon aus, daß ich unbeschadet nach Hause gelangen könnte, es aber töricht wäre, dort allzu lange zu bleiben. Man erwartete mich erst in zwei Minuten bei der Polizeiwache und würde mindestens weitere zehn Minuten auf mich warten, bevor es Chief Stevenson dämmerte, daß ich ihn mit dem Mann gesehen hatte, der die Leiche meines Vaters entwendet hatte.
    Selbst dann würden sie vielleicht nicht bei mir zu Hause vorbeischauen. Ich war noch keine ernsthafte Bedrohung für sie – und würde wahrscheinlich auch keine werden. Ich hatte keine Beweise für irgend etwas von dem, was ich gesehen hatte.
    Aller Erfahrung nach schienen sie allerdings geneigt, extreme Maßnahmen zu ergreifen, um die Aufdeckung ihrer geheimnisvollen Verschwörung zu verhindern. Vielleicht verabscheuten sie es, auch nur die kleinste Kleinigkeit unerledigt zu lassen. Falls das so war, steckte mein Hals bereits in der Schlinge.
    Als ich die Haustür aufschloß und das Haus betrat, erwartete ich, Orson in der Diele vorzufinden, aber er wartete dort nicht auf mich. Ich rief seinen Namen, aber er tauchte nicht auf; und wäre er durch das Halbdunkel gekommen, hätte ich das Geräusch seiner großen Pfoten auf dem Boden gehört.
    Wahrscheinlich war er mal wieder schwermütig drauf. Meistens ist er gutmütig, verspielt und freundlich, und in seinem Schwanz steckt genug Energie, um sämtliche Straßen in Moonlight Bay zu fegen. Doch von Zeit zu Zeit lastet die Welt schwer auf ihm, und dann liegt er so schlaff wie ein nasser Sack da, die traurigen Augen geöffnet, aber auf irgendeine Hundeerinnerung oder Hundevision jenseits dieser Welt gerichtet, und stößt nur ein gelegentliches schwaches Seufzen aus.
    Es kommt nicht oft vor, aber manchmal scheint er sogar völlig niedergeschlagen zu sein. Man kann sich kaum vorstellen, daß irgendein Hund unter so einem Zustand leidet, aber zu Orson paßt das eigentlich ganz gut.
    Einmal saß er vor einer verspiegelten Schranktür in meinem

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