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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Zimmer und starrte fast eine halbe Stunde lang sein Spiegelbild an – eine Ewigkeit für den Verstand eines Hundes, der die Welt im allgemeinen als eine Reihe von Zwei-Minuten-Wundern und Drei-Minuten-Begeisterungsstürmen erfährt. Ich hatte nicht herausgefunden, was ihn an seinem Bild dermaßen faszinierte, schloß jedoch sowohl hündische Eitelkeit als auch einfache Verwirrung aus; er schien voller Leid zu sein, bestand nur aus hängenden Ohren, eingefallenen Schultern und eingeklemmtem Schwanz. Ich schwöre, bei solchen Gelegenheiten standen in seinen Augen Tränen, die er kaum zurückhalten konnte.
    »Orson?« rief ich.
    Der Lichtschalter, mit dem man den Kronleuchter über der Treppe einschalten konnte, war mit einem Dimmer versehen, wie die meisten Schalter im Haus. Ich machte gerade so viel Licht, wie ich brauchte, um die Stufen hinaufsteigen zu können.
    Orson wartete nicht auf dem Treppenabsatz. Auch nicht auf dem Gang im ersten Stock.
    In meinem Zimmer machte ich ebenfalls nur gedämpftes Licht. Dort war Orson auch nicht.
    Ich ging direkt zum Nachttisch. Aus der obersten Schublade nahm ich einen Umschlag, in dem ich Geld für kurzfristige Ausgaben aufbewahrte. Er enthielt nur hundertachtzig Dollar, aber das war besser als nichts. Obwohl ich nicht wußte, wofür ich das Geld brauchte, wollte ich auf alles vorbereitet sein und steckte die gesamte Summe in meine Jeans.
    Als ich die Schublade wieder schloß, fiel mir ein dunkler Gegenstand auf der Bettdecke auf. Als ich ihn hochhob, stellte ich überrascht fest, daß es sich dabei tatsächlich um das han delte, wofür ich den Schattenumriß gehalten hatte: eine Pistole.
    Ich hatte diese Waffe nie zuvor gesehen.
    Mein Vater hatte nie eine Schußwaffe besessen.
    Unwillkürlich legte ich die Pistole wieder aufs Bett zurück und wischte mit einer Ecke des Lakens meine Fingerabdrücke ab. Ich vermutete, daß man mir etwas in die Schuhe schieben wollte, was ich nicht getan hatte.
    Obwohl jedes Fernsehgerät ultraviolette Strahlen aussendet, habe ich im Lauf der Jahre viele Filme gesehen, denn wenn ich weit genug vom Fernsehschirm entfernt sitze, kann mir nichts passieren. Ich kenne all die tollen Geschichten über Unschuldige – von Cary Grant über James Stewart bis zu Harrison Ford – , die gnadenlos wegen Verbrechen gejagt werden, die sie nicht begangen haben, und aufgrund von konstruierten Beweisen in den Knast kommen.
    Ich trat schnell in das benachbarte Bad und schaltete die schwache Glühbirne an. Keine tote Blondine in der Wanne.
    Auch kein Orson.
    Ich kehrte wieder in mein Zimmer zurück, blieb ganz ruhig stehen und lauschte. Falls andere Leute im Haus waren, waren sie nur Geister, die durch ektoplasmische Stille trieben.
    Ich kehrte zum Bett zurück, zögerte, nahm die Pistole und fummelte daran herum, bis es mir gelang, das Magazin auszuwerfen. Es war vollständig geladen. Ich schob es in den Griff zurück. Ich hatte keine Erfahrung mit Handfeuerwaffen, und die Pistole kam mir schwerer vor, als ich erwartet hatte. Sie wog mindestens anderthalb Pfund.
    Dort, wo ich die Pistole entdeckt hatte, lag auch ein weißer Umschlag auf der cremefarbenen Bettdecke. Ich hatte ihn bis jetzt nicht bemerkt.
    Ich nahm eine Ministablampe aus der Nachttischschublade und richtete den schmalen Strahl auf den Umschlag. Er war unbeschriftet, abgesehen von einem professionell gedruckten Absender in der oberen linken Ecke: Thor’s Gun Shop, ein Laden hier in Moonlight Bay. Der unversiegelte Umschlag, weder mit einer Briefmarke noch mit einem Poststempel versehen, war leicht zerknittert und von seltsamen Einkerbungen aufgerauht.
    Als ich den Umschlag hochhob, bemerkte ich, daß er an einigen Stellen etwas feucht war. Die zusammengefalteten Blätter darin waren trocken.
    Ich las die Dokumente im Licht der Stablampe. Ich erkannte die sorgfältigen Druckbuchstaben meines Vaters auf dem Durchschlag des üblichen Antragsformulars, auf dem er der örtlichen Polizeibehörde bestätigte, daß er keine Vorstrafen hatte und auch nicht unter einer Geisteskrankheit litt, was beides Anlaß gewesen wäre, ihm das Recht auf den Besitz einer Schußwaffe zu verweigern. Enthalten war ebenfalls die Kopie der Rechnung für die Waffe, der ich entnehmen konnte, daß es sich um eine Glock 17 vom Kaliber 9 mm handelte und mein Vater per Scheck bezahlt hatte.
    Das Datum auf der Rechnung ließ mich frösteln: Der 18. Januar vor zwei Jahren. Genau drei Tage, nachdem meine Mutter bei dem Autounfall auf

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