Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
verschwunden, um allein mit seinen Dämonen zu kämpfen.
Neben ihm ging ich in die Knie und legte ihm sacht eine Hand auf den Rücken. Schweiß tränkte seinen Pullover. Mein Arm hob und senkte sich, während er so viel Luft er nur konnte in seine Lunge sog, und ich litt so sehr mit ihm, dass mir die Tränen in die Augen traten.
»Kann … nicht … atmen«, presste er hervor und zerrte an dem ausgeleierten Kragen seines T-S hirts.
»Doch, du kannst«, widersprach ich mit ruhiger Stimme.
Instinktiv schlang ich die Arme um seinen Leib, beugte mich über ihn, sodass ich mit der Brust auf seinem Rücken lag, und drückte mein Gesicht an seinen verschwitzten, klebrigen Nacken. Dann atmete ich tief ein und hoffte, er würde durch unsere Kleidung hindurch fühlen, wie mein Herz allmählich langsamer schlug.
Er versuchte, sich mir anzupassen, doch stattdessen fing er an zu zittern. Vor seinem bebenden Unterleib umklammerte er meine Hand und drückte sie so fest, dass ich fürchtete, er würde mir die Finger brechen.
»Ich bin hier«, flüsterte ich. »Ich lasse dich nicht los.«
Wieder atmete ich langsam tief durch, und er regte sich mit mir, und schließlich hörte ich, wie seiner Kehle ein langes, ersticktes Stöhnen entfleuchte.
Ein. Aus.
Und wieder.
Und wieder.
Bald hatte der Schrecken ein Ende und wich einer völligen Erschöpfung. Im Wagen hatten wir Wasser in der Tüte, die Beth uns mitgegeben hatte, aber ich wagte es nicht, ihn auch nur eine Minute allein zu lassen. Mit dem Heilsschwesterntuch tupfte ich seinen Nacken und seine Stirn trocken, während er meine zweite Hand festhielt, und als er sich auf die Fersen hockte, war ich irgendwie plötzlich vor ihm und saß rittlings auf seinem Schoß.
Mein Atem stockte. Unsere Blicke trafen sich, und wir warteten beide darauf, was als Nächstes geschah. Langsam strichen seine Finger über meinen Rücken, kosten seine Daumen meine Rippen. Ich fuhr ihm mit den Händen durch das feuchte Haar, spürte seinen Blick, der irgendwie verblüfft auf meinem Gesicht verweilte. Endlich kam sein Kopf an meinem Herzen zur Ruhe, und ich hielt ihn fest, bemüht, ihn spüren zu lassen, dass er nicht allein war.
»War ich auch wie Beth?«, fragte ich nachdenklich. »Als du zurückgekommen bist? Habe ich da auch so jung gewirkt?«
Ich saß ihm gegenüber auf dem Boden, die Arme um die Knie geschlungen, das Kinn in meinem Ellbogen vergraben. Er spiegelte meine Haltung und schaute zu, wie unsere Stiefel ineinandergriffen, weigerte sich aber ebenso wie ich, seine Füße zurückzuziehen. Seit der Sekunde, in der ich mich von ihm gelöst hatte, hatte er sich wieder befangen gezeigt, wenn auch nicht abweisend. In Gedanken kehrte ich zu den Ereignissen in meinem Haus zurück.
Ein vages Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Ein kleines bisschen vielleicht.«
Ich dachte daran, wie naiv Beth geklungen hatte, wie idealistisch, und daran, dass sie glaubte, das Richtige zu tun, und vollkommen unempfänglich für die drohenden Konsequenzen war.
»Ich muss dich wahnsinnig gemacht haben.«
»Das tust du ziemlich regelmäßig.«
Ich trat ihm auf die Zehen. Er grinste, blinzelte dann und rieb sich die Augen.
»Du bist müde«, stellte ich fest.
»Ja.«
Er würde nicht schlafen, ehe er dazu bereit war, aber ich wünschte zutiefst, ich könnte irgendetwas tun, um ihm zu helfen.
»Im Wagen sind Lebensmittel«, sagte ich. »Komm. Du kannst wenigstens etwas essen.«
Die medaillonförmige Verbrennung unterhalb meines Kragens hatte wieder angefangen zu pulsieren, und ich betastete sie vorsichtig und dachte an Cara und daran, dass sie den Schutz des heiligen Michael dringender gebraucht hätte als ich. Ein Kloß bildete sich in meiner Kehle. Ich war immer noch nicht sicher, was ich eigentlich empfand. Ärger, weil sie so herzlos und geheimniskrämerisch gewesen war. Schuld, weil sie von Leuten ermordet worden war, die eigentlich mich hatten töten wollen. Trauer, auch wenn wir nicht die besten Freundinnen gewesen waren.
Langsam gingen wir zurück zum Streifenwagen.
»Hör mal, das vorhin …« , setzte er an, brach aber ab.
Ich wartete stumm, während er seine Gedanken sortierte, und hoffte, dass er nicht versuchen würde, sich zu entschuldigen. Was da draußen geschehen war, hatte uns näher zusammengebracht, und es hätte wehgetan, hätte er das bedauert.
»Manchmal ist es einfach schwer«, fuhr er schließlich mit einem schweren Seufzer fort.
Mehr musste er mir nicht sagen. Ich wusste
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