Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
senkte sich über uns, durchbrochen von dem furchtsamen Geschrei eines Kleinkinds. Als Schritte aufklangen, erhob sich Chase und signalisierte mir, stillzuhalten. Er reckte den Kopf aus unserer Deckung heraus und stieß einen kurzen Pfiff aus. Einen Moment später tauchte Sean auf. Sein haselnussbraunes Haar war zerzaust, die Uniformjacke an der Schulter aufgerissen, und die beiden oberen Knöpfe fehlten.
Ich sprang auf und umarmte ihn kraftvoll, ehe ich ihn an die Wand schubste.
»Was hat so lange gedauert?«, fragte ich.
Er würgte etwas Unverständliches hervor und zeigte mit dem Daumen über die Schulter in Richtung Platz, als wäre das die dümmste Frage, die er je gehört hatte.
Dann wandte er sich an Chase. »Funktioniert dein Funkgerät?«
Chase hatte es ausgeschaltet in seinem Gürtel gelassen, weil er befürchtet hatte, jemand könnte es hören und auf uns aufmerksam werden, doch nun zog er es hervor und hob es bei niedriger Lautstärke ans Ohr. Nichts als statisches Rauschen – auf jedem Kanal. Die MM sendete nichts über die Geschehnisse auf dem Platz, was auch bedeutete, dass wir keinen Kontakt zueinander oder zu Wallace im Wayland Inn herstellen konnten. So viel zu unserer Chance, Unterstützung zu erhalten.
Als Schritte aufklangen, schaltete er hastig aus. Wir erstarrten und warteten darauf, dass wer auch immer da war vorüberginge, aber stattdessen kamen die Schritte näher. Langsam griff Chase nach seiner Waffe und nickte Sean zu.
»Habt ihr bei dieser Party noch Platz für einen weiteren Gast?«
Cara tauchte zwischen Müllcontainer und Wand auf. Ihre bisher langen Haare waren auf Kinnlänge geschnitten und frisch schwarz getönt wie meine eigenen. Exakt wie meine, wie mir auffiel. Eine weitere Schutzmaßnahme, damit die Leute uns miteinander verwechseln konnten. Ihre Schwesternkleidung passte besser um ihre Hüften und ihre Brust, schmiegte sich enger an ihre Kurven, aber davon abgesehen waren wir mehr oder weniger Zwillinge.
Das Blut rauschte mir immer noch in den Ohren, als Chase die Hand vom Halfter löste.
»Du hättest einfach Nein sagen können«, tat Cara verärgert.
»Runter!« Sean winkte sie näher heran, und sie folgte mit einem Lächeln, das meinen Argwohn weckte.
»Oh«, flüsterte sie. »Das ist eine heimliche Party. Das hättet ihr mir doch sagen müssen.«
»Was machst du hier?«, fragte ich. »Was ist aus Houston und Lincoln geworden?«
»Wir wurden getrennt«, entgegnete sie und wurde endlich ernst. »Was war mit euch los? Ich habe gesehen, wie die Schwestern dich überfallen haben.«
Also hatte sie uns beobachtet. Ich sah Chase an. »Wir wurden getrennt.«
»Die Funkgeräte sind tot«, unterbrach Chase.
»Das ist der Sturm«, sagte Cara. »Auf den Geheimfrequenzen hat es Unwettermeldungen gegeben.«
»Wir bleiben hier, bis Ruhe einkehrt«, sagte Chase und nickte in Richtung Platz. »Wenn es dunkel wird, verschwinden wir.«
Die Enttäuschung lastete schwer auf mir; ich wollte zurückgehen, aber wir hatten noch nichts erreicht. Niemand hatte uns erkannt. Nicht einmal das Paket hatten wir abgeholt.
Cara schüttelte den Kopf. »Ich schätze, uns bleiben fünfzehn, zwanzig Minuten, ehe die Soldaten anfangen, jeden Block im Umkreis von zehn Meilen zu durchkämmen. Wir müssen verschwinden.«
»Sie hat recht«, stimmte Sean zu, auch wenn er darüber nicht sehr erfreut zu sein schien. »Ohne die Funkgeräte können wir keine Verstärkung rufen. Dies ist unsere beste Chance, von hier wegzukommen.«
Ich holte tief Luft. Chase’ Miene verhärtete sich und wurde undurchschaubar, doch schließlich nickte er.
»Wir gehen durch die Zeltstadt«, sagte Cara. »Wenn wir schon hier sind, können wir genauso gut unser Paket abholen.«
»Vergiss das Paket«, forderte Chase.
»Nein«, widersprach ich, ohne auf seinen finsteren Blick zu achten. »Wir sind hier. Wir sind nicht ohne Grund hergekommen. Wie Cara gesagt hat, die Soldaten werden bald hier auftauchen.« Diese Person, wer immer sie war, brauchte unsere Hilfe.
Ich erhob mich.
»Also gut, Jungs, Waffen entsichern«, ließ sich Cara vernehmen. »Und nicht vergessen, wir tragen heute alle Blau, also passt auf, auf wen ihr schießt.«
Kaum hatten wir unsere schützende Zuflucht verlassen, da wurde offenbar, wie sehr sich das Wetter verschlechtert hatte. Die Luft roch elektrisch, und Wind und Regen peitschten auf uns ein und übertönten die Geräusche hinter uns auf dem Platz, wo die Zivilisten immer noch nach Waffen
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