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Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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durchsucht wurden.
    Kurz hinter dem Blutspendebus verjüngte sich die Gasse zu einem Flaschenhals zwischen provisorischen Hütten, verkorkt von einem Tisch, an dem, wie Sean uns erklärte, normalerweise zwei bewaffnete Soldaten saßen. Im Augenblick aber war der Weg frei, und wir eilten mit eingezogenen Köpfen weiter und sahen uns um, sooft wir nur konnten.
    Als wir die Absperrung hinter uns hatten, entwich die Luft aus meinen Lungen. Es kam mir schon wie eine tolle Leistung vor, dass wir überhaupt noch am Leben waren.
    Die Zeltstadt war einmal als temporäre Unterkunft gedacht gewesen. Eingerichtet wurde sie während des Krieges, als die Menschen aus den großen Städten an der Ostküste evakuiert werden mussten. Anfangs hatte das Rote Kreuz Zelte bereitgestellt, aber im Lauf der Zeit war klar geworden, dass die Bewohner nirgends hinkonnten, also fingen sie an, aus was immer sie an Baumaterial finden konnten, Hütten zu zimmern, und die Zeltstadt wurde ebenso zum festen Inventar der Stadt wie das Wayland Inn. Das konnte ich jetzt, da der Weg auf etwas zuführte, das Cara als Wohnblöcke bezeichnete, deutlich sehen. Die Hütten in diesen Blöcken waren gerade zwei Meter breit und bestanden aus den verschiedensten Einzelteilen. Autotüren. Mülleimerdeckel. Aufgehäufte Steine. Gesprungene Fensterscheiben und Plexiglas. Verbunden mit Schnüren, Seilen und sogar Ledergürteln.
    Leute streckten die Köpfe über ihre wackeligen Schwellen. Zweifellos hatten sie den Lärm auf dem Platz gehört. Sie musterten uns misstrauisch, und ich fühlte, wie sich meine Nackenhaare aufrichteten. Mir war nicht in den Sinn gekommen, dass man uns möglicherweise nicht willkommen heißen könnte – schließlich waren wir gekommen, um zu helfen –, aber jetzt ergab das durchaus einen Sinn. Wir sahen aus wie Regierungsangestellte; natürlich trauten sie uns nicht über den Weg. Wir hasteten die Hauptstraße hinunter. Müllzyklone wirbelten uns um die Füße. Die Jungs gingen, die Waffen in der Hand, voran, folgten aber Caras leise gemurmelten Anweisungen. Alle machten einen großen Bogen um uns. Obwohl die versammelte Zeltstadt uns mühelos hätte überwältigen können, fürchteten sie uns. Sollte die MM einen Grund dazu bekommen, so würde diese ganze Kolonie binnen höchstens einer Stunde zusammengeschossen werden.
    Angesichts des Sniperangriffs befürchtete ich, dass es durchaus auch jetzt schon so weit kommen könnte.
    Ich blickte auf zu den Dächern am Straßenrand, um nachzusehen, ob sich dort etwas rührte.
    Vier Blocks weiter sprang plötzlich ein Junge, höchstens zehn Jahre alt, mit schmutzigem Gesicht und einem fettigen Durcheinander rotblonder Haare, vor uns auf den Weg, und ich zuckte erschrocken zurück. Eine knochige Schulter lugte aus seinem Kragen hervor, und er hielt die Hände vorgestreckt, als würde er eine Waffe umfassen, die direkt auf Chase zielte. Automatisch baute sich Chase schützend vor mir auf, während Sean sich neben mir positionierte.
    »David!«, zischte eine Frau und scheuchte ihn fort. »Tut mir leid, dass er Sie belästigt hat, Sir«, rief sie dann verzweifelt über die Schulter.
    »Weitergehen«, befahl Chase barsch. Mir war klar, dass er die Rolle spielen musste, dennoch knirschte ich in Anbetracht des völligen Mangels an Mitgefühl in seinem Tonfall mit den Zähnen.
    »Nirgends ist es so schön wie zu Hause«, murmelte Sean.
    »Hast du hier gelebt?« Mein Blick wanderte unentwegt hin und her.
    »St. Louis.«
    Als Sean Wallace gesagt hatte, er wolle nicht in die Zeltstadt, hatte ich angenommen, es läge daran, dass der Ort ihn nervös machte. Ich hätte mir denken können, dass seine Gründe etwas schwerwiegender waren.
    »Das ist erschöpfend, weißt du«, gestand er, und als ich zu ihm rüberschaute, sah ich, dass sich seine Wangen gerötet hatten. »Ständig hungern und frieren. Viele haben sich verpflichtet, als die Anwerber durchgekommen sind. Ich war nicht der Einzige.« Er trat eine Dose über den Weg.
    An dieser Geschichte war noch mehr dran, etwas, das sich hinter seinem Stirnrunzeln verbarg, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um nachzuhaken. Mein Haar war triefnass vom Regen, und ich wischte es mir aus dem Gesicht.
    »Wie weit noch?«, hörte ich Chase fragen.
    Sogar Cara hatte es inzwischen eilig. Die Dringlichkeit hatte uns alle erfasst. Nicht mehr lange, und dieser Ort wäre voller Soldaten.
    Wir bogen rechts ab. Drei Blocks weiter erreichten wir eine etwas größere

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