Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
wirbelte wie ein sich gerade aufbauender Tornado. Hastig trat ich einen Stein gegen den Türpfosten und drang tief gebückt in das Innere vor.
»Sean!«, brüllte ich. Dann hustete ich. Ich atmete durch zusammengebissene Zähne ein, als könnte ich so das Schlimmste ausfiltern. » SEAN !«
Ich betrat das Treppenhaus, da, wo wir bei unserem Eintreffen von CJ , dem Wachmann, gefilzt worden waren. Ich blickte die Metallstufen hinauf, aber der weiße Rauch wand sich spiralförmig aufwärts und verschwand im nächsten Geschoss. Es war furchtbar heiß. Mir troff sofort der Schweiß aus sämtlichen Poren.
Weiter oben brach etwas, ein hölzernes Bersten, eine leise Explosion, und dann ächzte das ganze Gebäude so laut, dass ich überzeugt war, es müsse über mir zusammenbrechen.
Eine Hand legte sich über mein Gesicht. Durch den Dunst sah ich Chase, der mit geröteten Augen blinzelte. Er trug nur sein T-S hirt. Den Pullover hatte er in zwei Teile zerrissen, die er über unsere Gesichter hielt. Billy war gleich hinter ihm und hatte sich den Ärmel seines Hemds über Nase und Mund gebunden.
»Raus hier!«, brüllte Chase das Knistern des Feuers nieder. »Wir haben keine Zeit mehr!«
Ich wusste nicht, ob er damit meinte, dass die MM das Gebäude stürmen und uns erwischen würde oder dass das Gebäude selbst uns erwischen würde, aber ich wollte auch nicht abwarten, um es herauszufinden. Ich nahm zwei Stufen auf einmal zum ersten Stockwerk und fühlte, wie sein Griff von meinem schweißnassen Arm abglitt.
Keine Spur von Sean.
»Sean!«, versuchte ich es erneut, aber meine Rufe wurden immer schwächer. Zugleich lastete der Druck so schwer auf mir, dass ich zitterte. Sean hatte in der Reformschule sein Leben riskiert, um mir zu helfen. Ich schuldete ihm das Gleiche.
Der Rauch nahm einen Orangeton an und wurde so dicht, dass ich kaum sehen konnte, was direkt vor mir war. Meine Stiefel fingen an zu kleben, als würde ich auf Kaugummi gehen. Voller Entsetzen erkannte ich, dass sie auf den Stufen zu schmelzen anfingen. Uns ging die Zeit aus.
»Da drüben!«, brüllte Chase und rannte an mir vorbei zum Treppenabsatz im zweiten Stock. Dort lag Sean auf dem Rücken, und jemand versuchte verzweifelt, ihn hochzuzerren. Der Rauch schwächte ihn, und er fummelte herum, als wäre er betrunken.
Als ich näher kam, stellte ich fest, dass die Person, die da zu helfen versuchte, Tucker war.
Meine Schläfen pochten von dem Rauch und meiner Überraschung. Er hatte das Feuer gelegt, davon war ich überzeugt, also was tat er dann noch hier?
»Helft mir, ihn hochzukriegen!«, brüllte Tucker und versuchte, Sean mit dem Gipsarm zu packen. Seine Worte weckten uns aus unserer Erstarrung. Chase zog sich Seans Arm über die Schultern und zerrte ihn die Stufen hinab. Seans Kopf hing kraftlos herab; die Füße schleifte er einfach hinterher. Furcht drohte mich zu überwältigen. Sean durfte nicht tot sein. Nicht hier. Nicht so.
Im ersten Stock verlor Tucker den Halt und krachte gegen die Wand. Ohne nachzudenken, packte ich seinen Arm, um ihn zu stützen. Für einen kurzen Moment sahen wir einander in die Augen.
Hilf ihm nicht!
Aber die lautere Stimme in mir brüllte nur: W ir müssen raus ! Und irgendwie schloss dieses »wir« Tucker Morris mit ein.
»Chase! Soldaten!«, schrie Billy und hustete gleich darauf, nachdem er seine Maske vom Gesicht gezogen hatte. Er stand im Treppenhaus und zeigte zu dem geschwärzten Fenster hinaus. Nicht einmal der Ruß konnte die Furcht verbergen, die sich über seine Züge legte.
Chase war neben ihm und kratzte eine Stelle an dem Glas frei, um nachzusehen.
»Ausgang blockiert!« Ich konnte ihn kaum hören. Hastig drehte er sich um, und der Schweiß strömte über sein Gesicht. »Rauf zum Dach! Los! Los !«
Billy ging voran. Dann Chase mit Sean. Ich versuchte zu helfen, aber er ließ mich nicht. »Lauf!« , rief er nur immer wieder. Tucker war mir direkt auf den Fersen.
Wir hatten die siebte Treppe halb hinter uns, als unter uns erneut Schüsse ertönten. Instinktiv stützte ich mich ab, und als ich das tat, krachte ein Stück brennenden Gipskartons von der Decke herab und landete zu meinen Füßen.
Ich zuckte zurück und rutschte auf den klebrigen Sohlen aus. Tucker fing mich unter den Armen ab; ich konnte den Schweiß spüren, der sein Hemd tränkte. Voller Schrecken blickte ich auf, hypnotisierte das brennende Brett auf den Stufen, das uns von den anderen trennte. Funken und brennende Asche flogen
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