Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons

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mussten von hier verschwinden.
    Ich ging in die Knie und schaute über den Rand. Das Durcheinander unten auf der Straße war schlimmer geworden. Einige der Soldaten versuchten, die Leute im Zaum zu halten. Die Reihe Uniformierter, die dem Gebäude am nächsten war, wartete dagegen auf uns.
    »Wir sind erledigt«, sagte Riggins und legte die Hände an den schweißglänzenden Kopf. »Wir sind erledigt.«
    »Das ist deine Schuld! Deinetwegen sind die hergekommen!« Houston näherte sich mit Augen, die nicht vom Feuer gerötet waren.
    Ich konnte nichts entgegnen, sondern erlag einem neuerlichen Hustenanfall. Ich? Hätte Wallace doch nur auf uns gehört! Andererseits wäre Tucker doch sicher nicht bei uns, hätte er uns verraten wollen.
    »Wir sind nicht erledigt«, widersprach Wallace, und in seinen Augen glomm ein irrsinniges Licht, als er sich neben Billy erhob. Er zog eine Waffe aus dem Hosenbund – die schwarze Pistole, die er immer trug – und lud sie durch. Erst jetzt fiel mir die Kiste auf, die er zurückgelassen hatte, als er Billy entdeckt hatte. Sie war voller Waffen und Munition.
    Meine brennenden Augen weiteten sich.
    »Denk nach!«, forderte Chase. »Die Feuertreppen sind blockiert. Der Ausgang beim Heizkessel ist blockiert. Vorder- und Hintertüren sind blockiert.«
    »Nein!«, brüllte Wallace. Die anderen hatten sich inzwischen von Lincoln abgewandt und versammelten sich in einem engen Halbkreis um diejenigen von uns, die immer noch am Boden kauerten. Acht Widerstandskämpfer hatten es vor uns auf das Dach geschafft, Wallace eingeschlossen.
    »Wir haben verloren!«, brüllte Chase.
    »Wir haben verloren, wenn ich sage, wir haben verloren!«, hielt der Anführer von Knoxville dagegen. »Wir haben Regeln, Jennings! Wir lassen unsere Brüder nicht im Stich! Wir lassen unser Zuhause nicht im Stich! Das ist unsere Chance …«
    »Wir können nicht kämpfen, wenn wir tot sind!«, fiel ihm Chase ins Wort.
    »Das hier ist der Kampf.« Wallace’ Tonfall klang endgültig. »Das ist der einzige Kampf, der zählt. Der, den wir heute kämpfen.«
    Dann nahm er eine Pistole aus der Kiste und drückte sie Billy in die zitternden Hände. Immer noch geschwächt, kam der Junge schwankend auf die Beine, starrte die Waffe in seinen Händen an und sagte: »Wallace?«
    Ein Sirren und Krachen kündete von einer vorbeifliegenden Kugel. Sie hatten uns auf dem Dach entdeckt und griffen an.
    Nein. Wir durften nicht hier sterben.
    »In einer Reihe aufstellen«, befahl Wallace.
    »Wallace, bitte«, flehte ich ihn an, während Chase mich mit gebleckten Zähnen vom Rand des Daches fortschleifte.
    »In einer Reihe aufstellen«, wiederholte Wallace. Die anderen gaben nach und machten sich klein, um von unten nicht gesehen zu werden. Ängstliche Blicke wurden gewechselt. Als der Rauch für einen Moment aufriss, prasselte ein neuerlicher Kugelhagel auf das Dach. Wild fluchend schnappte Riggins sich eine Waffe, kniete sich nahe an den Rand und zielte auf die Reihe der Soldaten am Boden. Zwei andere folgten seinem Beispiel. Houston hielt sich die Ohren zu, und obwohl seine Lippen sich bewegten, gab er keinen Laut von sich.
    »Bekloppte Bastarde«, murmelte Tucker.
    Aus dem Treppenhaus schoss eine riesige Stichflamme hervor, nur um gleich darauf wieder ins Innere gesaugt zu werden. Das Dach unter unseren Füßen zitterte, als würde die Erde beben. Hätte ich eine Stimme gehabt, ich hätte wahrscheinlich geschrien.
    Hinter mir ertönten zittrige Worte. »Durch das andere Gebäude.« Und als ich mich umdrehte, sah ich erstaunt, dass Sean aufrecht dort saß.
    Ja. Das Bürogebäude gegenüber dem Wayland Inn war verlassen und gerade einen Meter entfernt. Wir sollten durch ein Fenster auf gleicher Höhe hineinspringen können.
    Einen Moment später rannten Chase und Tucker zu der Bank, auf der der arme Lincoln lag.
    Sie legten den leblosen Körper auf den Boden. Unwillkürlich musste ich an die Basis denken, an tote Gefangene, die in Wäschewagen zum Krematorium gebracht wurden. Diese Leute hatte ich nicht gekannt, aber Lincoln war kein Fremder für mich. Ich wusste, wie sich sein Lachen anhörte. Ich wusste, wie groß er mir vorkam, wenn ich neben ihm stand. Und jetzt erst wurde mir bewusst – wirklich bewusst – , dass er tot war.
    Tucker und Chase nahmen jeweils ein Ende der Bank, trugen sie um den Eingang zum Treppenhaus herum und zu der Seite des Daches, die an das Bürogebäude grenzte. Ich half Sean auf, und wir liefen hinterher.