Gesetz des Todes
Rosedene, einer Klinik für das Personal des Secret Security Service, meist Opfer der einen oder anderen geheimen Operation. Er erreichte Bellamy in seinem Büro.
»Hallo, ich bin’s. Wie geht es Hannah?«
»Die Untersuchungen des Schädels sind positiv verlaufen, deshalb wird man sie zur weiteren Behandlung wieder hierher zu uns bringen. Die Sache ist die, dass die verschiedenen Verletzungen, die sie in den vergangenen zwei Jahren erlitten hat, ihren Tribut fordern. Ihr Herz gefällt mir nicht – ganz und gar nicht.«
»Bekommt sie Besuch?«
»Ihr Großvater und ihr Vater kommen oft vorbei. Die beiden sind sehr rücksichtsvoll, sie übertreiben es nicht. Aber mit Dillon muss ich mal ein ernstes Wort reden.«
Ferguson runzelte die Stirn. »Warum?«
»Der würde alle fünf Minuten an ihrem Bett sitzen, wenn ich ihn ließe. Irgendwie scheint er sich in den Kopf gesetzt zu haben, dass er an Hannahs Situation schuld ist.«
»Unsinn. Wenn es eine Frau gibt, die weiß, was sie will, dann ist das Hannah Bernstein. Sie hat ihren Job immer nur deshalb gemacht, weil sie es so wollte. Ihr Job bedeutet ihr alles. Ich schaue heute Abend kurz vorbei.«
Er dachte eine Weile darüber nach, dann rief er Roper am Recency Square an. Roper war vor etlichen Jahren das Opfer einer IRA-Bombe geworden und seither an den Rollstuhl gefesselt. Seine Wohnung im Erdgeschoss war so konzipiert, dass er sich trotz seiner Behinderung vollkommen selbständig versorgen konnte. Die gesamte Ausstattung, vom Badezimmer bis zur Küche, war auf dem neuesten Stand der Technik. Das traf selbstverständlich auch auf seine Computeranlage zu, zu der einige höchst geheime Bausteine zählten, die Ferguson eigens für ihn organisiert hatte. Roper saß wie immer an seiner Datenbank, als der General anrief.
»Und, wie ist es gelaufen?«
Ferguson berichtete ihm von seiner Unterredung mit Cazalet. »Ich habe Blake hier neben mir sitzen. Er wird ein, zwei Tage bei mir wohnen, und in dieser Zeit versuchen wir, etwas mehr Licht in diese Sache zu bringen.«
»Blake lag gar nicht so verkehrt mit seiner Einschätzung, es sei so, als wäre nie etwas passiert.«
»Und genau das bestätigt auch Belov International mit der Meldung von dem bevorstehenden Besuch in Station Gorky.«
»Also, eines ist mal sicher. Diese Geschichte reicht bis in die höchsten Ebenen in Moskau, und damit käme auch Putin ins Spiel. Die weltweiten wirtschaftlichen Interessen sind einfach zu wichtig. Was immer passiert ist, hat direkt oder indirekt mit dem Kreml zu tun.«
»Können Sie das nicht herausfinden? Ich meine, verdammt, da draußen im Cyberspace müssen doch irgendwelche Nachrichten herumschwirren, die Aufschluss geben könnten.«
»Nicht dass ich wüsste. Haben wir irgendjemanden an der Hand, der in Drumore ein bisschen die Fühler ausstrecken könnte … eine kleine Undercover-Ermittlung?«
»Hmmm, keine schlechte Idee. Wenn Sie Dillon sehen, sprechen Sie ihn drauf an, ja? Wir treffen uns später.«
Ferguson unterbrach die Verbindung, dann ging er zu der kleinen Bordbar und schenkte sich einen Scotch ein. »Probleme?«, erkundigte sich Blake.
»Bellamy vom Rosedene sagt, dass Dillon arge Gewissensbisse wegen Hannah hat. Offenbar fühlt er sich für ihren Zustand verantwortlich.«
»Die beiden hatten schon immer eine seltsame Beziehung zueinander.«
Ferguson nickte. »Sie kann ihm einfach all die Jahre bei der IRA nicht verzeihen, all diese Toten. Ihrer Meinung nach kann er sich nie von dieser Schuld reinwaschen.«
»Und Dillon?«
»Hat es immer als ein großartiges Spiel angesehen. Dieser Mensch ist ein wandelnder Widerspruch – warmherzig und humorvoll einerseits, und andererseits tötet er ohne viel Federlesen. Es gibt keinen noch so abscheulichen Job, den er ablehnen würde.«
»Alles eine Herausforderung«, sagte Blake. »Nichts zu gefährlich.«
»Und bei so vielen Gelegenheiten hatte sie sich an seiner Seite wiedergefunden.«
»Genau deshalb fühlt er sich jetzt schuldig, richtig?«
»So in der Art.«
»Und was bedeutet das für Sie? Immerhin geben Sie die Befehle aus, Charles.«
»Denken Sie etwa, das wäre mir nicht bewusst?« Ferguson kippte seinen Scotch hinunter und starrte düster in das leere Glas. »Wissen Sie was, ich glaube, ich genehmige mir auch noch den Rest der Flasche.«
»Warum nicht?«, meinte Blake. »Wissen Sie was, ich werde mich Ihnen anschließen. Sie sehen aus, als könnten Sie Gesellschaft brauchen.«
Gegen drei Uhr
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