Gesetz des Todes
Avenue fuhren sie zum Weißen Haus, vor dem sich wie in diesen Tagen üblich und trotz Dauerregens eine Gruppe von Demonstranten postiert hatte. Der Fahrer der Limousine bog direkt zum Osteingang ab, wo sie von einem freundlichen Agenten des Secret Service in Empfang genommen und zur Privatsekretärin des Präsidenten geführt wurden, einer hübschen und überaus munteren Dame, die ihnen Einlass ins Oval Office gewährte. Dort fanden sie Jake Cazalet hinter seinem Schreibtisch vor, wie üblich in Hemdsärmeln, vor sich ein Stapel Akten.
»Sie haben es also geschafft. Wie ich hörte, war Ihnen Petrus heute nicht sonderlich gewogen.« Cazalet kam um den Schreibtisch herum und schüttelte Ferguson die Hand. »Ich freue mich, Sie zu sehen, General, wie immer. In Anbetracht dieses elenden Regens haben Sie gegen einen Whisky sicher nichts einzuwenden. Clancy, hätten Sie die Güte, den Mundschenk zu spielen?« Er wandte sich wieder Ferguson zu. »Sie haben sich eine Kugel in der Schulter eingefangen, wenn ich das richtig verstanden habe?«
»Zum Glück war es nur ein Streifschuss, Mr. President. Mehr hatten die IRA-Söldner, die Belovs Leute angeheuert hatten, wohl nicht drauf.«
Josef Belov, Dollar-Milliardär und Direktor von Belov International, leitete früher als Oberst die alte Sektion Drei des KGB. Seine Ziele hatten sich nicht geändert, waren heute noch die gleichen wie damals – das Schüren von Chaos und Verunsicherung in der westlichen Welt und die finanzielle Unterstützung jeder Art von Terrorismus. Um ein Haar wäre es ihm gelungen, Präsident Cazalet zu ermorden, der Anschlag konnte jedoch in letzter Sekunde vereitelt werden. Hingegen war es ihm gelungen, Ferguson zu verwunden und seine beste Mitarbeiterin, Superintendent Hannah Bernstein von der Special Branch, ins Krankenhaus zu bringen. Belov hatte bei einer Schießerei in Irland sein Leben gelassen, gemeinsam mit seinen Agenten Yuri Ashimov und Major Greta Novikova von der GRU und einigen von der IRA angeheuerten Killern. Der Schmerz jedoch, den sie zugefügt hatten, schwelte weiter, im Körper und auch in der Seele.
»Belov wurde von der russischen Regierung gestützt?«
»Ja, von ganz oben.«
Clancy verteilte die Drinks und lehnte sich dann, die Arme vor der Brust verschränkt, in diskretem Abstand zu den anderen an die Wand.
»Okay, weiter mit den schlechten Nachrichten«, fuhr Cazalet fort.
»Die schlechteste betrifft wohl Hannah Bernstein«, erklärte Blake.
Cazalet zeigte sofort aufrichtige Besorgnis. »Wie schlimm steht es um sie?«
»Sehr schlimm«, sagte Ferguson. »Ashimov hat sie absichtlich mit dem Auto überfahren. Derzeit wird sie in einer auf solche Verletzungen spezialisierten neurologischen Abteilung behandelt.«
»Wenn wir irgendetwas für sie tun können, General, ein Wort genügt – das versteht sich von selbst.«
»Sie befindet sich in den besten Händen, Sir. George Dawson behandelt sie, einer der versiertesten Neurochirurgen, die wir haben. Aber der menschliche Körper kann nur ein gewisses Maß an Verletzung ertragen, Mr. President. Für Hannah könnte es das Ende ihrer Karriere bedeuten.«
»Das würde ihr nicht gefallen.«
Es folgte ein Augenblick des Schweigens, denn mehr war dazu nicht zu sagen. Nach einer Weile ergriff Ferguson wieder das Wort.
»Den überragenden Fähigkeiten von Major Roper, unserem Computerspezialisten, haben wir die Information zu verdanken, dass Major Ashimov sich in Belovs Villa in County Louth geflüchtet hatte, und zwar in Begleitung der Novikova. Außerdem hat er in Erfahrung gebracht, dass Belov sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in seiner Villa aufhielt – aber umgehend nach Moskau aufbrechen wollte.«
»Und wie wir Dillon kennen, beschloss er, Belov an der Abreise zu hindern.«
Ferguson nickte. »Dillon ist mit dem Fallschirm am Strand vor Belovs Villa abgesprungen. Der junge Billy Salter war auch dabei.«
»Unser junger Gangsterfreund? Der kommt ganz schön rum in der Welt. War aber gewiss kein Kinderspiel.«
»Mr. President, die Küste dort ist IRA-Gebiet. Meilenweit kein Polizist, und Fremde fallen da auf wie ein Riese unter Zwergen. Wenn es in der Gegend irgendwelche Schießereien gibt, verschließen die Leute Augen und Ohren und bleiben im Haus. Sie wollen nichts wissen. Und der Absprung war tatsächlich eine heikle Sache.«
»Und, wie viele Tote gab es?«
»Drei IRA-Männer in der Villa sowie Ashimov. Novikova, Belov und ein IRA-Mann namens Tod Murphy haben es mit
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