Gesetz des Todes
Tisch und nahm sich Eier mit Speck. »Kommen Sie, sonst wird alles kalt.«
Sie folgte seiner Aufforderung. »Hm, das ist wirklich gut, aber Sie müssen verstehen, Roper, dass wir Russen an die Kälte gewöhnt sind.«
»Na, ja, im Kalten Krieg habt ihr euch nicht gerade mit Ruhm bekleckert.«
Er provozierte sie, und sie reagierte darauf. »Aber ganz erfolglos waren wir auch wieder nicht. Immerhin haben wir euch ein paar blutige Nasen geschlagen, euch und den Amerikanern. Und noch ein paar anderen, von denen Sie gar nichts wissen.«
Doyle stellte eine Flasche und zwei Gläser auf den Tisch. »Verzeihen Sie, Major Novikova. Major Roper hat mir erzählt, dass in Russland ein Frühstück üblicherweise mit Wodka beginnt. Ich hatte es ganz vergessen.«
»Da muss ich dem Herrn Major recht geben.« Er schenkte ein, und sie leerte das Glas auf einen Zug. »Noch einen, Sergeant.« Offenbar wollte sie ihre Trinkfestigkeit unter Beweis stellen. »Ich habe gerade ein neues Frühstück für euch Engländer erfunden. Wodka mit Spiegeleiern und Speck.«
»Eigentlich bin ich ja Ire, Major.« Doyle lächelte sie an. »Mit Leib und Seele.«
»Himmel noch mal, das werde ich nie begreifen. Warum kämpft ihr Iren eigentlich immer für die Engländer? Ihr solltet sie doch hassen.«
»Nicht wirklich, Major.« Er füllte ihr leeres Glas noch einmal auf. »Wissen Sie, die Engländer sind für uns so etwas wie eine Schwiegermutter. Eine Unannehmlichkeit, wenn sie auf Besuch kommt.«
Greta brach in lautes Gelächter aus und leerte ihr drittes Glas. »Ihre Schwiegermutter? Ha, das gefällt mir. Und Ihnen?«, fragte sie Roper.
Roper schob seinen Teller zur Seite. »Wenn es Sie glücklich macht, aber genug geplaudert. Ich sage Ihnen, dass dieses Belov-Abkommen niemals funktionieren wird.«
»Warum nicht?«
»Zu viele Leute wissen, was mit dem richtigen Belov passiert ist, wissen über Zubin Bescheid, ich meine, all jene, die mit ihm in Station Gorky gearbeitet haben.«
Jetzt wurde Greta richtig wütend. »Sind Sie so blöd oder tun Sie nur so? Begreifen Sie denn nicht? Für die Leute in Station Gorky ist Max Zubin Josef Belov.«
Einen Moment lang herrschte Stille, dann sagte Roper: »Ist das wirklich wahr?«
»Aber sicher. Von uns kennen nur eine Handvoll Leute die Wahrheit – Ashimov, ich, General Volkov und durch ihn auch Präsident Putin.«
»Und wir.«
»Weil Dillon einen Knopf gedrückt und Belov umgebracht hat.«
»Wenn Sie also Zubin in Station Gorky aufmarschieren lassen …«
»Er muss Belov sein.« Sie schüttelte den Kopf. »Selbst sein Chauffeur in Moskau glaubt, Belov vor sich zu haben. Niemand zweifelt daran. Und was können Sie schon dagegen tun?« Sie hob Doyle ihr leeres Glas entgegen, das er gehorsam füllte.
»Wird sich Ferguson etwa im Dorchester hinstellen und sagen: ›Verzeihen Sie, meine Herren, aber das ist nicht Josef Belov. Den echten haben wir nämlich mit stillschweigendem Einverständnis der Amerikaner umgebracht.‹« Auch dieses Glas Wodka ließ sie ohne abzusetzen durch die Kehle rinnen. »Das glaube ich kaum.«
»Eine interessante Situation«, stellte Roper fest. »Wenn man darüber nachdenkt, könnte Zubin bis ans Ende seiner Tage als Josef Belov durchs Leben gehen.«
»Ich verstehe nicht.« Der Wodka zeigte bereits seine Wirkung.
»Ich meine, ich finde das immer wieder bemerkenswert – der äußere Schein, und dass die Menschen so gerne glauben, was sie sehen.« Er lächelte wieder. »Aber wie dem auch sei, ich habe noch zu arbeiten. Bringen Sie Major Novikova zurück in ihr Quartier, Sergeant.«
Greta stand auf, schwankte ein wenig und lehnte sich an die Tischkante. »Was sollte das gewesen sein? Worauf wollten Sie hinaus?«
»Ich an Ihrer Stelle würde mich wieder ins Bett legen, Greta, und noch etwas schlafen.«
Als sie wieder schwankte, hielt Doyle sie am Ellbogen fest. »Beruhigen Sie sich, Miss, und kommen Sie mit mir mit.«
Roper steckte sich eine Zigarette an, dachte eine Weile nach und setzte sich wieder vor seinen Computer. Die letzte Nachricht auf seinem Bildschirm betraf die Anweisung, dass Belov von seinem Chauffeur Ivan Kurbsky an der Maschine abgeholt und direkt in den Kreml gebracht werden solle, und erst anschließend ins Excelsior Hotel. Diese Zeilen waren wahrscheinlich für Volkov bestimmt, um ihm einen Überblick über die Abläufe des Besuchs zu geben.
Roper saß grübelnd da, analysierte jeden noch so unwichtigen Aspekt, und allmählich klärte sich das
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