Gesetze der Lust
bei Gott nicht.“
„Ellie …“
„Das ist doch lächerlich. Er ist derjenige, der den Verstand verloren hat, wenn er glaubt, dass du und ich das hier jemals lösen können. Ich liebe ihn. Er ist ein guter Mann. Er ist der beste Mann, den ich kenne. Ich weiß, dass du uns nicht verstehst, aber es ist mir egal. Es ist nicht unser Privatleben, sondern meins.“
„Das habe ich offensichtlich akzeptiert. Ansonsten hätte ich den Bischof schon vor Jahren darauf aufmerksam gemacht.“
Nora biss die Zähne zusammen, um nichts zu sagen. Der Grund, warum ihre Mutter dem Bischof nichts von Søren erzählt hatte, hatte nichts mit dem zu tun, was sie glaubte oder nicht. An dem Tag, an dem ihre Mutter die Wahrheit über Nora und Søren herausgefunden hatte, hatte Nora ihr gedroht: Sollte sie jemals irgendetwas tun, was Søren schaden würde, würde ihre Mutter sie nie wiedersehen. Die Drohung hatte gewirkt, auch wenn nur Gott allein wusste, warum. Wenn sie einander trafen, stritten sie allerdings jedes Mal … so wie heute.
„Ellie …“ Ihre Mutter blieb stehen und drehte sich herum. Nora vermied anfänglich den Augenkontakt. Sie hasste es, ihre Mutter so zu sehen, in eine wollene Ordenstracht gehüllt, das Haar von einer Haube bedeckt, der gesamte Körper unter einem Meer aus Stoff verborgen.
„Was, Mutter?“
„Kannst du nicht versuchen, jemanden zu lieben oder sogardich von jemandem lieben zu lassen, der dir nicht wehtun möchte? Ist das zu viel verlangt?!“
Nora biss sich auf die Unterlippe und antwortete nicht. Die Frage traf zu sehr ins Schwarze.
„Nora? Antwortest du mir, wenn ich dich Nora nenne?“, fragte ihre Mutter besorgt. Beim Klang des Namens, den sie sich selber ausgesucht hatte, blinzelte Nora, und zwei Tränen fielen von ihren Augen auf den Boden.
„Ich habe es versucht“, sagte sie heiser. Ihr Magen zog sich zusammen und die Kehle wurde ihr eng.
„Hast du?“ Ihre Mutter klang gleichzeitig schockiert und glücklich. „Mit wem?“
Nora wischte sich über die Wange.
„Er heißt Wesley. Er hat für mich gearbeitet. Aber es war mehr als das. Er war mein bester Freund. Und …“ Nora holte tief Luft. „Ich liebe ihn so sehr. Er ist einmal krank gewesen, und ich konnte ihn nicht finden. Ich habe noch nie in meinem Leben so sehr für etwas gebetet wie dafür, dass er wieder gesund wird.“
„Hat er dich auch geliebt?“
Nora nickte. „Wie verrückt. Es ist mir lange Zeit nicht bewusst gewesen. Ich hätte nie gedacht, dass jemand, der so süß und rein ist, wirklich etwas von jemandem wie mir will. Aber er sah mich nicht so. Er sah nicht die Nora Sutherlin, die Erotikromane schreibt und perverse Sachen macht … Ich war nur seine Nora, seine bekloppte Freundin, die er lieben und beschützen und mit der er zusammen sein wollte. Ich denke, er wäre für immer bei mir geblieben, wenn ich ihn nicht hinausgeworfen hätte.“
„Warum … warum wirfst du ihn aus deinem Leben, wenn du ihn so sehr liebst? Und er dich auch?“
„Weil dieser Junge mich nur lieben, mir aber nicht wehtun wollte. Und du hast keine Ahnung, wie sehr das jemanden wie mich quält. Ich wollte ihn lieben, ohne ihm wehzutun … und ich habe ihm so sehr wehgetan. Er hat etwas Besseres verdient als mich. Ich habe ihn dazu gebracht zu gehen.“
Nora zuckte zusammen, als ihre Mutter ihr Gesicht in ihreHände nahm, wie sie es so oft getan hatte, als Nora noch Ellie gewesen war – ein Kind, das die Berührung seiner Mutter brauchte.
„Meine Ellie … ihn wegzuschicken war vergebliche Liebesmüh. Es gibt niemand Besseren als dich, mein wunderschönes Mädchen. In Gottes gesamter Schöpfung nicht.“
Nur ihre jahrelange Ausbildung zu Sørens Füßen hatte Nora so viel Selbstkontrolle eingeflößt, dass sie jetzt nicht in den Armen ihrer Mutter zusammenbrach.
Stattdessen verschränkte sie die Arme vor der Brust und starrte an ihrer Mutter vorbei, versuchte an irgendetwas oder irgendwen zu denken, außer an Wesley.
„Es ist so am besten“, sagte sie schließlich. „Aus welchen Gründen wir auch immer Schluss gemacht haben, es ist besser so. Wesley … er …“
„Du liebst ihn immer noch, oder?“
Nora berührte ihr Gesicht und spürte die Feuchtigkeit der Tränen an ihren Fingerspitzen. Sie streckte die Hand aus und zeigte sie ihrer Mutter.
„Viele Wasser …“
Ihre Mutter nahm Noras Hand und drückte sie.
„Ich habe dich nie seinetwegen weinen sehen in dem Jahr, in dem du hier warst. Nicht eine einzige
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