Gesetze der Lust
.
Sie war seit Jahren nicht mehr in einer katholischen Kirche gewesen, nicht seit Adams Tod. Selbst davor hatte sie die Kirche aufgegeben, ihren kindlichen Glauben, ihre Gebete. Jeder Gott, der das Böse, dessen sie Zeuge geworden war, zuließ, war kein Gott, mit dem sie etwas zu tun haben wollte. Und da es da draußen keine anderen Götter zu geben schien, die es besser hinbekamen, hatte sie das mit dem Glauben einfach im Ganzen aufgegeben. Sie vermisste es kein Stück.
Suzanne zuckte nervös zusammen, als ein Lied, das sie seit Millionen Jahren nicht mehr gehört hatte, die Kirche erfüllte. Für eine Messe an einem Wochentag hatte sich eine beeindruckende Anzahl an Leuten versammelt – schätzungsweise waren es um die hundert. Nun, wenn Father Stearns es auf die Nominierungslistezum Bischof geschafft hatte, musste er irgendetwas haben, was für ihn sprach. Vielleicht war er einer dieser liberalen Theologen, die viel Sozialarbeit leisteten. Oder vielleicht hatte die Kirche eine aktive Jugend- oder Musikgruppe. Oder vielleicht …
Suzanne erhob sich mit den anderen Gemeindemitgliedern zusammen, doch plötzlich sackte ihr Herz zu Boden. Sie war geschockt, fassungslos, wie gelähmt. Noch nie zuvor in ihrem Leben hatte sie einen eindrucksvolleren, schöneren Mann gesehen als den, der soeben die Kanzel betreten hatte. Blond, unglaublich blond, und so groß, dass sie selbst ihre Stilettos mit den zwölf Zentimeter hohen Absätzen hätte anziehen können, ohne Angst haben zu müssen, auch nur gleich groß wie er zu sein.
Das Messgewand, das weiße Kollar … das musste er sein. Aber wie konnte ein katholischer Priester so … Ihr fehlten die passenden Worte. Attraktiv? Schön? Begehrenswert sein?
Suzanne vergaß ganz, sich mit dem Rest der Gemeinde hinzusetzen, so sehr war sie in seinen Anblick vertief. Sie hatte ihren Platz sorgfältig gewählt, hatte gehofft, in der Menge unterzugehen. Aber als Father Stearns an den Altar trat, ließ er seinen Blick über die Menschen gleiten und blieb einen Augenblick an ihr hängen.
Als sein Blick sie berührte, fühlte Suzanne, wie sich in ihrem Inneren etwas rührte, etwas, das einen festen Knoten bildete und sich tief und hart in ihr festsetzte. Ihre Hände fühlten sich taub an, ihr war gleichzeitig heiß und kalt. Sogar ihre Zehen kribbelten in den schlichten flachen Schuhen. Zum ersten Mal seit über zehn Jahren, zum ersten Mal seit Adams Tod, fühlte sie den Drang, ein kleines, verzweifeltes Gebet auszustoßen.
„Oh … mein … Gott.“
7. KAPITEL
Wenn Michael nicht den Boden anbeten würde, auf dem Nora wandelte, würde er sie jetzt vermutlich umbringen. Nach allem, was er wusste, hatte Griffins Schloss ungefähr eine Milliarde Räume. Und trotzdem zwang sie Michael, ausgerechnet in diesem hier zu schlafen. Sie hatten Griffin in der großen Eingangshalle zurückgelassen, während sie ihn zu seinem Zimmer begleitet hatte. Seinem …
„Ich schlafe im Kinderzimmer?“, fragte Michael entsetzt.
„Ist das nicht süß? Griffin sagt, er hat seine halbe Kindheit dort verbracht. Es ist allerdings umdekoriert worden, deshalb gibt es kein Kinderbett mehr.“
„Es ist trotzdem das Kinderzimmer“, sagte Michael. Er fühlte sich, als wäre er fünf Jahre alt. Nora klimperte einmal mit den Wimpern und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
„Richte dich schon mal ein. Ich komme später wieder, damit wir mit der Ausbildung anfangen können.“
Dann stolzierte sie in ihrem engen Rock und der tief ausgeschnittenen Bluse aus dem Zimmer und ließ ihn allein zurück.
Michael stand in der Mitte des Raumes und stellte fest, dass er gar nicht so schlimm war. Ehrlich gesagt war das Zimmer, besser gesagt die Zimmerflucht, ziemlich beeindruckend. In einem kleinen Alkoven stand ein luxuriös aussehendes Doppelbett. Durch ein großes Erkerfenster blickte man auf einen riesigen Swimmingpool.
Der Pool ist einfach perfekt, dachte Michael und ließ in Gedanken das Wasser ab. Er war tief und hatte perfekt geschwungene Seitenwände. Er träumte öfter davon, in einem solchen Pool zu skateboarden.
„Sie hat dir den Kopf verdreht.“
Michael drehte sich zu der Stimme um und sah Noras Freund Griffin in der Tür stehen. Noch nie zuvor hatte Michael jemanden wie ihn getroffen. Er war sehr groß, gut aussehend und offensichtlich muskulös. Sein Haar war etwas länger, stand abertrotzdem so kunstvoll in alle Richtungen ab, wie Michael es bisher nur bei männlichen Models mit eigenem Stylisten
Weitere Kostenlose Bücher