Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
und
wieder brachte ich nur ein kurzes „Also gut“ hervor. Mit vereinten Kräften
verfrachteten wir Amelie in das Dingi, was ihr sichtlich nicht ganz geheuer
war, als sie aber sah, dass ich hinterher kam, entspannte sie sich ein wenig.
Mein Verehrer kletterte als Letzter in das Boot und stieß sich mit einem Paddel
vom Ufer weg. Das Dingi war ausgestattet mit einem kleinen Außenborder, den er
aus dem Boot ins Wasser ließ. Wir fuhren bei geringer Drehzahl, da auf dem
Liblarer See eigentlich gar keine Motorboote erlaubt waren, es aber wegen der
Jahreszeit nur wenige Tiere gab, die durch diesen Motor gefährdet gewesen
wären. Ich saß im Mittelteil des Dingis und hielt Amelie, die sich ängstlich an
mich drückte, fest umschlungen. Was tat ich hier eigentlich. Bin ich noch
normal, dachte ich und verstand mich selber nicht mehr. Vielleicht entpuppte
sich mein Verehrer als ein Monster. Ich kannte ihn gar nicht, noch nicht einmal
seinen Namen.
Als wenn er meine Gedanken
erraten hätte sagte er plötzlich „Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt.
Mein Name ist Jannis Papadopoulos, aber sagen Sie einfach Jannis zu mir.“
„Sie sind Grieche?“, fragte ich
ihn.
„Mein Vater ist Grieche, und
meine Mutter ist Deutsche. Mein Vater hatte 1958 ein Stipendium bekommen, an
der Uni in Dortmund zu studieren. Meine Mutter bekam im gleichen Jahr einen
Arbeitsplatz an dieser Uni und lernte dort meinen Vater kennen. Ein Jahr später
kam ich auf die Welt.“
„Hört sich interessant an. Mein
Name ist Susanne Schwarz und Amelie kennen Sie ja schon.“
Der leichte Fahrtwind ließ die
Luft noch kälter erscheinen und die Sonne hatte keine Kraft mehr, um zu wärmen.
Es dauerte aber nur zwei Minuten bis Jannis nach einem geschickten Wendemanöver
das Dingi an den Heckspiegel seines Boot anlegte. Ich ermutigte Amelie als
erste auszusteigen, was ihr aber gar nicht gefiel. Sie saß noch immer in der
Mitte des Bootes und zitterte am ganzen Körper. Es würde wohl nicht anders gehen,
als dass ich als erste das Dingi verließ, um Amelie dann auf das Boot zu
locken. Der Übergang vom Dingi ins Boot war für Menschen tatsächlich leicht.
Auf dem Heckspiegel angekommen, ermunterte ich Amelie, mir zu folgen. Langsam,
immer noch zitternd, erhob sie sich und stand mit staksigen Beinen da und
wusste wohl nicht so recht was sie tun sollte, aber nach ein paar Mal Rufen,
sie solle doch zu Frauchen kommen, überwand sie sich schließlich und machte
einen viel zu großen, todesmutigen Satz auf die kleine Fläche auf der ich
stand. Die Freude war groß, als wir wieder vereint waren. Unser Skipper sprang
leichtfüßig wie eine Gazelle an Bord seiner Yacht und band das Dingi mit
schnellen fachmännischen Handgriffen fest. Wir mussten noch über das Heck steigen
und Jannis hob Amelie über das Heck. Erst jetzt konnten wir ins Cockpit
gelangen. Er nahm seine Einkäufe aus dem Boot und ging mit großen Schritten auf
die Cockpittür zu. Er drehte dabei seinen Kopf über die Schulter in meine
Richtung und sagte mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht. „Am besten folgen
Sie mir einfach. Es ist viel zu kalt, um hier herum zu stehen. Kommen Sie, hier
drinnen ist es schön warm und ich mache uns jetzt einen leckeren Kaffee.“
Ich sagte nichts. Überhaupt
fiel mir auf, dass ich seltsam sprachlos war. Eigentlich kannte ich das gar
nicht von mir. Ich war sonst nicht auf den Mund gefallen. Mir kam der leisen
Verdacht, dass Jannis zu der Sorte von Menschen zählte, die einen
unwiderstehlichen, ja geradezu hypnotisierenden Charakter besaßen. Es gibt
Menschen, die eine solch starke Ausstrahlung haben, dass sie von einem anderen
Menschen alles verlangen können, selbst der Sprung aus dem 20. Stockwerk eine
Hochhauses wäre nicht zu viel verlangt. Nun, ein solcher Sprung würde mir heute
wohl erspart bleiben, es könnte schlimmstenfalls ein Sprung ins Wasser werden,
wozu es aber hoffentlich nicht kommen würde.
Ich ging ihm also nach und
betrat die Kajüte. Ich blieb gleich nachdem ich eingetreten war wie angewurzelt
stehen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Ich hatte nicht eine einfache
Bootskajüte betreten sondern stand in einem voll eingerichteten Wohnraum. Ich
hielt Amelie kurz angebunden.
„Entschuldigung, hätten Sie
vielleicht ein Handtuch, damit ich Amelie ein wenig sauber machen kann. Wir
bringen ja eine Unmenge Schmutz mit herein.“ Und wieder kam ich mir vor wie ein
kleines Schulmädchen.
„Alles nicht so schlimm, das
kann man wieder
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