Gesicht im Schatten: Idylle - Stalking - Mord
wieder mehr die Fassung zurück zu
gewinnen.
„Ich weiß nicht so genau, welcher
Kaffee das im Moment ist. Aber ich kaufe eigentlich immer den handelsüblichen
Kaffee, den man in jedem gut sortierten Supermarkt findet. Wenn er Ihnen
besonders gut schmeckt, dann liegt es eventuell an dem Wasser, das ich getankt
habe. Da gibt es extrem große Unterschiede.“
Meine linke Hand lag locker auf
dem Tisch und noch immer kreisten meine Augen durch den Salon und blieben von
Zeit zu Zeit an einem besonders schönen Gegenstand haften.
„Und wie sehen Ihre Pläne für
dieses Wochenende aus“, fragte mich Jannis und legte dabei behutsam seine
rechte Hand auf meine linke Hand. Ich fuhr erschrocken zusammen und wollte
schon meine Hand wegziehen, als ich aber eine wohlige Wärme in meinem Inneren
spürte und bevor ich einen wirklich klaren Gedanken im Kopf hatte, wusste ich
doch instinktiv, dass ich diesen Mann haben wollte.
Er nahm meine Hand hoch und
drückte sie sanft an meinen Mund.
„Das kommt ganz darauf an“, gab
ich als sibyllinische Antwort.
„Darf ich Sie heute Abend zum
Essen einladen, in ein Restaurant Ihrer Wahl? Ich bin da völlig auf Sie
angewiesen, da ich mich hier nicht auskenne.“
Als Antwort bekam er ein
leichtes Nicken, ich sah dabei in seine Augen.
Er beugte sich leicht über den
Tisch und legte seine linke Hand in meinen Nacken, um mich leicht zu sich zu
ziehen. Er küsste mich unendlich sanft. Ich schloss meine Augen und versank in
einem Meer aus Gefühlen. Als ich die Augen aufschlug, war sein Gesicht noch
sehr nah an meinem und wieder traf mich der Anblick seiner blauen Augen wie das
Funkeln eines Aquamarins. Die Welt um uns schien Lichtjahre entrückt, aber er
war es schließlich, der uns wieder in die Realität zurückbrachte.
„Wenn Sie wieder zurück an Land
möchten, sagen Sie es mir und in zwei Minuten haben Sie wieder festen Boden
unter den Füßen“, sagte er.
„Vielen Dank, ich glaube ich
werde dieses Angebot gleich schon annehmen. Ich habe dieses Wochenende frei und
muss leider diese Zeit nutzen, um die Wohnung sauber zu machen. Das Handtuch,
das Sie mir für Amelie gegeben haben, werde ich mitnehmen und Ihnen gewaschen
zurückgeben.“
„Bitte sehr, wenn Sie möchten.
Sie können es aber auch hier lassen.“
Es wurde Zeit aufzubrechen. Ich
hielt inzwischen seine beiden Hände und auch wenn ich diesen Moment gerne für
ewig festgehalten hätte, so brauchte ich dringend etwas Abstand, um mir über
die Konsequenzen klar zu werden, die diese Begegnung haben könnte.
Ich stand auf, was Amelie
sofort freudig begrüßte. Sie hielt sich zwar tapfer auf dem wackeligen
Untergrund, aber so ganz geheuer war es ihr wohl doch nicht.
Jannis brachte uns mit dem
kleinen Boot zurück an Land. Ich reichte ihm die Hand zum Abschied und hangelte
eine Visitenkarte aus meinem Portemonnaie.
„Wenn es Ihnen Recht ist, hole
ich Sie um 20.00 Uhr mit dem Taxi ab.“
„Ja, gerne, ich freue mich.“
Ich drehte mich um und ging davon, nicht ohne mich noch einmal umzudrehen und
ihm zuzuwinken.
Ich fühlte mich beschwingt, wie
nach einem Glas Champagner und mein ganzer Körper kribbelte. Ich ging über die
Wiese auf den Weg zu, über den Amelie und ich nach Hause gehen wollten. Jannis
war mittlerweile schon verdeckt durch die dichten Sträucher, die überall das
Seeufer bedeckten. In meinem Kopf klang noch leise die Musik und ich konnte
nicht anders, ich lächelte und das Adrenalin hatte meinen Körper so in Spannung
versetzt, dass ich kurz davor war, in lautes Lachen auszubrechen. Plötzlich sah
ich in einer Entfernung von gut 50 m eine Bewegung. Augenblicklich krampfte
sich mein Magen zusammen. Es war ganz offensichtlich ein Mensch, denn ich hatte
im letzten Moment noch den Rücken und ein Hosenbein davon laufen gesehen. Nach
der Bewegung zu urteilen, war es kein durchtrainierter Jogger, sondern eher ein
ungelenker Mensch. Und die Kleidung schien mir eher dunkler Wollstoff gewesen
zu sein. Wurde ich nun schon bis zum See verfolgt? Das konnte jetzt alles
irgendwie nicht wahr sein. Ich lief los, und versuchte noch herauszubekommen,
wer das gewesen sein konnte, aber umsonst, er hatte sich offenbar versteckt und
war daher für mich verschwunden. Ärgerlich setzte ich meinen Weg fort und
rätselte noch darüber, wer denn da weggelaufen war. Der Klumpen im Magen war
noch da und mein Mund war völlig trocken. Scheiß-Angst, so konnte das ja wohl
nicht weitergehen. Der Ärger und die Wut schossen wie
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