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Gesichter im Nebel (German Edition)

Gesichter im Nebel (German Edition)

Titel: Gesichter im Nebel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Feyerabend
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erneut warten, bis die Fähre ablegte. Noch waren die Caper am Beladen, Gasflaschen zum Kochen, einige Säcke mit englischer Fettkohle, verschnürte Kartons für den einzigen Kramladen der Insel, den Adam Fitzgerald betrieb, ein nach Patricks Dafürhalten kleinkarierter, bigotter Mann, der sich stets darüber ärgerte, dass einige seiner Kunden anschreiben ließen, obwohl er über der Ladentheke in fetten Lettern angeschrieben hatte „No credit“. Aber, was sollte er machen, er musste es dulden, wollte er seine vor allem in den Wintermonaten spärliche Kundschaft nicht verlieren.
    Also kehrte Patrick erst mal in „Lister’s Pub“ ein. Von dort aus wurde er gewahr, dass sich das einzige Polizeiboot weit und breit im kleinen Hafen des Küstenorts zur Abfahrt bereit machte. Neugierig fragte er einen anderen Gast, wo die Bobbys hin wollten, ein Kommissar mit seinem Sergeanten, wie er zu erkennen glaubte.
    „Ha, die Cops aus Cork wollen nach Cape. Sie haben einen Haftbefehl gegen so einen Engländer, ich glaube, er heißt Paddel!“
    Nein, hier konnte nichts geheim bleiben, nicht einmal das Amtliche.
    Die Antwort elektrisierte Patrick und er stürzte zur nächsten Telefonzelle, wählte das Funktelefon des Postmasters an und teilte ihm die Sensation mit. Das wäre doch gelacht, wenn die Staatsmacht unangemeldet auf seiner Insel landete. Soweit er sich erinnern konnte, hatte es so was seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Die Caper waren gewohnt, alles unter sich abzumachen. Uniformierte, Richter oder Anwälte? Denen gegenüber waren sie misstrauisch und wollten möglichst nichts mit ihnen zu tun haben. Wo die auftauchten, gab es nur unnötigen Ärger und Komplikationen. Dem gingen die extrem freiheitsliebenden Caper am liebsten aus dem Weg.
    Der Brandanruf löste auf der Insel fast eine Panik aus. In aller Eile rannten einige der Siebener-Räte sofort in das kleine Flat, in dem Paddle hauste und bugsierten ihn samt einem eilends zusammengestellten Korb mit Fressalien und einigen Flaschen Dunkelbier zu den Küstenfelsen. Dort gab es von der Winterbrandung ausgewaschene, kleine Höhlen an den Überhängen zum Meer, die Caves. Hier, so wurde dem alten Mann bedeutet, sollte er sich solange aufhalten, bis ihm einer der ihren Entwarnung signalisierte.
    Paddle war das Musterexemplar eines schrulligen Kauzes. Verließ er seine Behausung, was nur selten vorkam, so war er stets in einen alten, viel zu großen und bodenlangen, vor allem aber unendlich schmuddeligen Mantel mit Fischgrätmuster gehüllt. Er trug ein ebenso verranztes Hemd, das einmal weiß gewesen sein könnte und um den Hals eine Krawatte mit einem gut Handteller großen Knoten. Ihre Farbe ließ sich beim besten Willen nicht mehr bestimmen. Vermutlich trug er sie sogar im Schlaf, denn der Knoten sah immer gleich aus. Meist war der seltsame Kerl unrasiert und seine Füße steckten in ein paar Schuhen, deren sich lösende Sohlen er mit einem starken Bindfaden an das Oberleder gebunden hatte. Ohne diesen Trick wären sie längst verloren gegangen.
    Vor vielen Jahren kam er auf die Insel und mietete das winzige Flat. Seinen Pass hatte er ganz einfach weggeworfen. Im Lauf der Zeit bekamen die Insulaner mit, dass er eigentlich gar kein Engländer war, sondern aus Johannesburg in Südafrika stammte. Dort sollte er, so die Gerüchte, einem Nebenbuhler und seiner eigenen Frau den Garaus gemacht haben und dann verschwunden sein. Einmal im Jahr reiste er aufs Mainland zu einer Bank und löste dort namenlose Coupons von einer Goldmine ein. Das Geld reichte ihm bis zum nächsten Termin. Es musste schon eine waghalsige Flucht über viele Stationen gewesen sein. Und wie er ausgerechnet auf dieses kleine Inselchen gestoßen war, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben, denn über seine Vergangenheit sprach der schrullige alte Mann nicht.
    Sicher war, hier vermutete ihn so leicht keiner und es nahm wunder, dass die großen Gangster immer wieder nach ihren erfolgreichen Coups Orte wie Rio, Miami oder Marbella aufsuchten und prompt dort auch gefunden wurden. Da war Paddle ihnen um Längen voraus.
    Da er sich auf Cape wohl und ruhig verhielt, war er soweit gelitten, auch wenn der gute Declan sich manchmal bei „Cotter’s“ darüber lustig machte, dass er noch immer nach Strandholz spähte, selbst wenn ablandiger Wind herrschte und also gar nichts angeschwemmt werden konnte.
    „Dem habe ich den Tipp mit den Südwinden immer noch nicht gesteckt, er ist schließlich ein

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