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Gesichter im Nebel (German Edition)

Gesichter im Nebel (German Edition)

Titel: Gesichter im Nebel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Feyerabend
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einmal um mich, ob vielleicht jemand den Vorgang beobachten konnte. Ich sah zum Glück keine neugierigen Nachbarn in der Nähe, die Kinder hatten Schulunterricht durch einen alten Magister, der sich um die wenigen Bälger auf der Insel kümmert. Meine Frau Mary hörte ich im Inneren des Hauses am Kamin herumwerkeln. Es roch nach Kohl und Hammelfleisch.
    Als ich in die güldene Pracht vor mir fassen wollte, war mir plötzlich, als streife mich etwas.
    Erschreckt blickte ich hoch.
    Doch da war nichts zu sehen, nur ein erstes, laues Frühlingslüftchen wehte mir um die Ohren.
    Ich fasste erneut zu, da geschah es.
    Es war wie eine eiskalte Hand, die sich auf die meine legte und sie wegriss. Dann vernahm ich ein Flüstern, ein Wispern gar nur:
    ‚Wer diesen Schatz an sich nimmt, der versündigt sich, großes Unglück wird über ihn und die Seinen kommen! Lass die Finger von dem Blutgold.’
    Völlig verwirrt und erschreckt hielt ich inne. Doch da war nichts, was ich sehen oder gar fassen konnte. Im selben Augenblick hörte ich Mary im Haus vor Schreck und Schmerzen schreien.
    Ich ließ alles stehen und liegen und rannte in die Stube. Meine Frau stand da und starrte auf ihre Hand. Blut lief ihr über die Kittelschürze. Sie hatte sich böse mit dem Messer verletzt.
    Als ich die starke Blutung mit einer getrockneten Wurzel gestillt und die Hand bandagiert hatte, erzählte sie mir, noch schreckensbleich im Gesicht, sie könne sich das nicht erklären. Es sei etwas Unheimliches geschehen. Eine fremde Hand habe sie gezwungen, sich selbst mit dem Küchenmesser in die Finger zu schneiden.
    Herrjeh, für mich war es der Beweis für das, was ich soeben draußen vernommen und erlebt hatte. Ich beruhigte sie, es müsse eine Einbildung gewesen sein, vielleicht habe sie eine plötzliche Blutleere im Kopf gehabt und da könne es unversehens passiert sein. Doch sie wollte davon nichts wissen. Es sei so, wie sie es mir erzählt habe, ob ich es glauben wolle oder nicht.
    Von da an war sie verschreckt, ja geradezu verstört, hängte das große Kreuz aus dem Schlafzimmer über den Küchentisch und betete täglich mehrere Rosenkränze. Es war zum Weinen, ich hatte das Gefühl, sie würde vielleicht sogar verrückt.
    Es war alles wirklich sehr merkwürdig, denn von da an bekam sie mehr und mehr graue Haare und es dauerte nicht lange, da waren sie in ihrem Alter von knapp über dreißig Jahren bereits schlohweiß.
    Nach diesem Unglück rannte ich zurück in den Garten, nahm den Spaten und schaufelte die Grube wieder voll Erde. Dann wuchtete ich eine schwere Steinplatte oben drauf. Sie war ursprünglich als Schwelle vor der Eingangstür geplant, damit die Kinder dort ihre Schuhe abstellen konnten und nicht immer den ganzen Schmutz ins Haus schleppen sollten.
    Ich selbst war tagelang wie gelähmt und schielte immer wieder zu der Stelle, an der der Schatz nun wieder begraben lag. Aber mich hätten Zeit meines Lebens keine zehn Pferde mehr dazu gebracht, erneut die verdammte Grube zu öffnen.
    Steh’ mir bei, Herr Jesus Christ, ich war einer anderen Welt begegnet, einer Geisterwelt, die fortan mein ganzes Leben bestimmte.
    Ich traute mich auch nicht, dem Herrn Pfarrer von dem ungeheuerlichen Vorfall zu berichten. Entweder er hätte mich ausgelacht oder als vom Teufel besessen angeprangert. Natürlich hätte sich die Existenz des Schatzes herumgesprochen, spätestens, wenn der gute Mann und sein Sakristan mit Weihrauch und Weihwasser, betend und Beschwörungen murmelnd, durch mein Haus und den Garten gezogen wären und sich als Exorzisten betätigt hätten. Die Habgier mancher meiner Zeitgenossen hätte mit Sicherheit zu neuem Unglück geführt.
    Ich verbot deshalb auch meiner Frau, sich zu den Vorfällen zu äußern. Sie sollte mich nicht in schlechten Ruf bringen. Mary hat sich zu unser aller Wohl daran gehalten und ihr schreckliches Erlebnis auch nicht in den Beichtstuhl getragen. Sie hatte ja schließlich kein sündhaftes Vergehen auf sich geladen.
    Für mich steht jedoch fest, es kann kein böser Geist gewesen sein, sonst hätte er mich nicht so eindringlich gewarnt! Aber, so sollte ich später herausfinden, auch von dieser Sorte gab es welche und sie mischten kräftig mit. Nur meine Landsleute bemerkten es nicht, ließen sich gar zu Handlungen hinreißen, die sie sonst gewisslich nie begangen hätten.
    Ich beginne nun, auf den folgenden Seiten den weiteren Fortgang meiner Erkenntnisse aufzuzeichnen. Er ist mindestens ebenso ungeheuerlich,

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