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Gesichter im Nebel (German Edition)

Gesichter im Nebel (German Edition)

Titel: Gesichter im Nebel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Feyerabend
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Steuermann Declan O’Donohogue mit dem Spitznamen „Rotkraut“?
    Auch hatten die Fischer an der Südküste verbreitet, dass das gestohlene Boot unbemannt angetrieben worden sei. Mithin erklärten mich die Engländer nach einiger Zeit für tot, geblieben auf See, verhungert vielleicht und ertrunken. Das konnte meinen Plänen, sozusagen meiner Wiedergeburt, nur recht sein. Ich freute mich diebisch über das gelungene Täuschungsmanöver. Nun konnte ich mich unbehelligt an den zweiten Teil meiner Vorhaben wagen: die Auffindung der versteckten Schätze von meinem Gönner und Weggenossen, dem Piratenfürsten Schwerthand. Irgendwo auf der kleinen Insel Oiléan Chléire hatte er ihn verscharrt. Die alte Gier nach Reichtum und Gold war wieder in mir erwacht.
    Und das war auch der Zweck meiner Reise von Donegal nach Cork, weiter an die Küste von Baltimore und schließlich mit einem Fischerboot auf die Insel. Inzwischen hatte ich meinen alten Namen wieder angenommen, lediglich den Rufnamen geändert. Die Caper, die mich meist nur aus der Ferne und selten erblickt hatten, stellten keine Verbindung meiner Person mit dem berüchtigten und ihnen nur als „Rotkraut“ bekannten Navigator der Korsaren her und mir war’s natürlich recht.
    Das Haus von Schwerthands Frau Daira stand noch immer leer. Welcher Ire würde wohl in einen Bau ziehen, in dem eine so grausige Bluttat begangen worden ist? Meine abergläubischen Landsleute sind davon überzeugt, dass der böse Geist der Untat weiterhin in dem Gemäuer umgeht und seinen Bewohnern kein Glück beschert. Das war mir von Nutzen und ich erwarb das Anwesen von der Inselgemeinschaft für einen Spottpreis, ließ alsogleich und in der Hoffnung, dabei auf die versteckten Goldstücke und Preziosen zu stoßen, das Cottage abreißen. Sehr zu meiner Enttäuschung wurde nichts, aber auch gar nichts gefunden. Schwerthand war raffiniert genug gewesen, für sein Versteck nicht das Haus selbst zu benutzen, da eventuelle Raubgesellen es mit Sicherheit zu allererst dort vermutet hätten.
    Sodann erbaute ich etwas weiter von den alten Grundmauern weg ein neues Haus und ließ mich dort nieder. Immer wieder suchte ich bei Nacht und Nebel nach dem geheimnisvollen Gold, legte sogar einen großen Rübenacker an, stets in der vagen Hoffnung, mit der Schaufel auf eine versteckte Kiste oder Truhe zu stoßen.
    Die Suche wurde geradezu zu einer fixen Idee, bestimmte mein Dasein, machte mich innerlich rastlos, zerfressen von dem Gedanken, endlich ein wirklich reicher Mann werden zu wollen. Ich erkannte mich in diesem Traum fast selbst nicht mehr, war mir selbst in meinem eigenen Leben eine solche Gier völlig wesensfremd.
    Habgier ist, weiß Gott, kein gnädiger Ratgeber für ein beschauliches, gemächliches und geruhsames Leben. Das wenigstens lernte ich aus meinem Traum in der Rolle jenes Freibeuters, der unzweifelhaft ein Ahnherr von mir war, auch wenn das eine wenig rühmliche Vergangenheit unserer Familie ist.
    Schließlich holte ich mir eines Tages eine junge Frau aus Skibereen, von der ich wusste, dass sie die Schwester unseres bei dem Gemetzel mit den Engländern getöteten Bootsmannes war. Sie gebar mir im Lauf der Jahre drei Kinder.“
    „Ja, das verstehe ich gut“, kommentierte Paddy, „zum Glück hat sich diese böse Eigenschaft der Habgier auf die nachfolgenden Generationen nicht vererbt.“
    „Ja, das ist wahrlich eine gute Wendung des Schicksals. Aber komm, lies weiter“, Xirian unterbrach ihn ungeduldig, „irgendwo muss der Schlüssel sein, wie man zu diesen Schatten aus der Anderswelt Kontakt aufnehmen kann. Ich hoffe es wenigstens.“
    Und Paddy fuhr fort, den jetzt streckenweise fast unleserlichen Text zu buchstabieren.
    „Nach diesen Träumen erlebte ich auch noch andere Ereignisse unserer Inselgeschichte. Es schien in der Geisterwelt geradezu in Mode zu kommen, sich mir mitteilen zu wollen. Am schrecklichsten empfand ich die nächtlichen Gesichte, wenn es sich um Ertrunkene handelte. Ich litt dann im Schlaf Höllenqualen und machte Ängste mit, die mir den ganzen folgenden Tag vergifteten, als ob ich selbst den nassen Tod erlitten hätte. Und immer wieder sah ich auch, blickte ich auf den beim letzten Sturm losgerissenen Blasentang im Südhafen, in diesem grünlich-braun in der Dünung auf- und abschwappenden Algenteppich bleiche Gesichter, die mich flehentlich anblickten. Ja, manchmal in mondhellen Nächten war mir gar, trat ich nahe genug ans steinige Ufer, als raunten sie mir

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