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Gesichter im Nebel (German Edition)

Gesichter im Nebel (German Edition)

Titel: Gesichter im Nebel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Feyerabend
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des Lighthouse kauerte grinsend die alte, zahnlose Hexe und feixte sich eins über das Spielchen der beiden jungen Menschen.
     
    Weiter unten am Hang hockte derweil schon die ganze Nacht der blinde Xirian im Haus des Fischers Paddy O’Donohogue und lauschte mit wachsender Erregung. Der Fischer las ihm endlich aus dem geheimnisvollen Manuskript vor, bis er wieder an die Textstelle von der Genesung des Steuermannes gelangte. Von hier an kannte auch er den weiteren Verlauf der gruseligen Geschichte nicht. Beide Männer hatten vor lauter Spannung nicht einmal bemerkt, dass längst der Tag angebrochen war.
    Paddy holte tief Luft und gönnte sich einen Schluck aus der Literflasche „Guinness“, die ihm Xirian mitgebracht hatte.
    „Willst du nicht weiter lesen?“, fragte der Blinde fast ungeduldig.
    „Doch, doch, ich möchte nur ein wenig meine Stimme ausruhen, mein Gaumen fühlt sich schon ganz trocken und pelzig an. Ich mache gleich weiter.“
    „Es ist alles so fantastisch, dass ich glaube, ich träume selbst. Aber mir ist wirklich einiges klar geworden und vor allem, dass etwas geschehen muss, bis die Insel von diesem Alp befreit wird und Cape wieder ganz in unserer Hand ist. Ich hatte mehrmals das Gefühl, dass bei Gesprächen mein Gegenüber plötzlich von einer unbekannten Kraft ergriffen wurde und Sachen sagte, die so gar nicht zu seiner sonstigen Gedankenwelt passten. Mir selbst war es ja auch so ergangen. Ich wagte nur nicht, mich darüber jemandem anzuvertrauen. Wer würde mich dann noch für voll nehmen? Wer schon glaubt eine solche Geschichte?“
    „Da hast du recht, mir ging es ja ähnlich! Zum Glück haben wir uns ausgesprochen. Aber jetzt lass mich weiterlesen, der weitere Teil ist mir auch neu.“
    Stockend las Paddy weiter. Zuweilen unterbrach er sich, weil er fast unleserliche Passagen erst mühsam Buchstabe für Buchstabe entziffern musste.
    „ Und eines Abends“, buchstabierte er die Schilderung der Träume seines Ahnherrn Andrew O’Donohogue, „war es soweit. Der Wachposten wartete auf seine Ablösung, die sich wohl verspätet hatte. Ungeduldig ging er auf und ab. Schließlich vergewisserte er sich durch einen Blick auf mein Lager, dass ich im Schlafe lag. Ich röchelte etwas, drehte mich leicht auf die Seite und tat so, als ob ich gerade etwas träumte.
    Dann gewahrte ich aus dem linken Augenwinkel, wie der Kerl etwas Zustimmendes brummelte und hinüber zur Wachstube ging, wohl um seinen Kollegen zu finden und endlich abgelöst zu werden. Es war draußen bereits stockdunkel.
    Ich rollte mich so lautlos wie möglich von meiner Bettstatt auf den Boden, kroch im Schatten des Tisches, auf dem eine Kerze flackerte, zur Tür und schlüpfte ins Freie. Dann stand ich auf und rannte davon, so gut es meine immerhin noch schwächelnden Beine zuließen. Mir war klar, dass ich zum Fluss musste, die Berge mit ihrem dichten Unterholz waren zu weit weg. Ich schaffte es tatsächlich, bevor der zurückkehrende Wachmann lautstark Alarm schlug und in sein Horn blies.
    Ich erreichte den River Ilen, robbte mich über die Uferböschung ins Wasser und versteckte mich schnell im Schilf. Der Fluss war saukalt und ich wusste als Seemann, dass ich das in meinem Zustand nicht lange aushalten konnte. Also hangelte ich mich im Röhricht weiter, schnitt mir die Hände auf. Aber jetzt war auch das egal. Ich musste nur weg, so weit wie irgend möglich. Dann bekam ich einen halbmorschen, angetriebenen Baumstamm zu fassen. Ich bugsierte ihn ins offene Wasser, klammerte mich wie ein Affe daran und trieb langsam mit der Strömung flussabwärts. Jetzt konnte mich auch der Fackelschein der eilends zusammengestellten Suchtruppe nicht mehr erreichen. Ich hörte nur undeutlich ihre Rufe. Sie wussten nicht, wohin ich mich gewendet haben könnte und mussten sich aufteilen. Das verschaffte mir einen weiteren Vorsprung.
    Zu meinem Glück erblickte ich alsbald am gegenüberliegenden Ufer ein kleines Fischerboot. Ich steuerte mit Schwimmbewegungen meinen Baumstamm zu dem kleinen Anleger. Es war höchste Zeit, dass ich aus dem Wasser kam. Ich bibberte und schlotterte bereits und zudem begann der Fluss mit der einsetzenden Ebbe schneller und schneller zu fließen. Er hätte mich gnadenlos auf die offene See getrieben.
    Ich kroch also an Land und schaute mich um. Aus der Hütte des Fischers weiter oben drang spärlich Licht. Es war weit und breit kein Mensch zu erblicken. Dann suchte ich nach den zum Boot gehörenden Riemen. Und richtig,

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